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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie
Autoren: Unbekannter Autor
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ausrichten, er wäre nicht zu sprechen.
Durruti ging auf den Amtsdiener zu, der bewaffnet war, und sagte ihm: »Einen schönen Gruß an Mr. Davis, und wenn er nicht zur Tür herauskommen will, dann werde ich ihn holen, und dann fliegt er aus dem Fenster zu uns auf die Straße.«
Ein paar Minuten später erschien Mr. Davis unter der Tür und lud die Streikleitung sehr höflich in sein Büro. Dort gab es eine lange Diskussion. Die Forderungen der Arbeiter wurden erfüllt, der Streik endete mit einem Sieg. Ein paar Tage später kam die Polizei mit einem Haftbefehl für Durruti.
Aber da war er schon über alle Berge.
    Julio Patan

    Dynamit
    Sein unruhiges Temperament, seine Neugier und seine Lust an der Konfrontation führten ihn nach La Coruna, Bilbao, Santan der und in viele andere Städte des Nordens. Bei der Rückkehr von einer dieser Reisen stellte Durruti vor der billigen Absteige, in der er wohnte, eine ungewöhnliche Bewegung fest. Die Polizei hatte das Haus umstellt, und Durruti hielt sich fern. Seine Vorsicht war berechtigt, denn zu dieser Zeit wurde bereits das berüchtigte »Gesetz gegen Flüchtige« angewandt, das vielen Arbeitern das Leben kosten sollte.
In San Sebastian stand damals die Einweihung eines prächtigen Gebäudes bevor, das Gran Kursaal hieß und als Cabaret und Spielkasino dienen sollte. Das Königspaar und die Creme der spanischen Aristokratie, die im Sommer nach San Sebastian zu kommen pflegte, wollten daran teilnehmen. Die Polizei hatte nun einen Tunnel entdeckt, der in den Fundamenten des Gebäudes endete. Das Unternehmen wurde sogleich den Anarchisten zugeschrieben, die den Kursaal angeblich am Tag der Einweihung, in Anwesenheit des Königs, der Minister und anderer hochgestellter Haifische in die Luft sprengen wollten. Für die Polizei ist es noch nie ein Problem gewesen, ihren Opfern ein Verbrechen in die Schuhe zu schieben. In diesem Fall hatten sie es auf Durruti und auf zwei seiner Genossen abgesehen, die als Zimmerleute beim Bau des Kasinos beschäftigt waren. Diese drei beschuldigte die Polizei, den Tunnel in nächtlicher Arbeit vorangetrieben zu haben. Durruti als Mechaniker sollte die Höllenmaschine gebaut und eine große Menge Dynamit beschafft haben, die er angeblich aus den Bergwerken von Asturien und Bilbao, wo er viele Freunde besaß, mitgebracht hatte.
Die beiden Zimmerleute, zwei Genossen namens Gregorio Suberviela und Teodoro Arrarte, sind von der Polizei in Barcelona ermordet worden. Durruti konnte nach Frankreich entkommen. Die spanischen Behörden verlangten seine Ausweisung für den Fall, daß er gefunden würde. Von daher rühren die ersten Verleumdungen gegen ihn. Man wollte ihn zum gemeinen Verbrecher stempeln. Diese Kampagne steigerte sich in dem Maß, in dem er, jeder Verfolgung zum Trotz, seine revolutionäre Arbeit fortsetzte.
    v. de Rol

    Durruti war immer ein Rebell, schon lange, ehe er zum Anarchisten wurde. Buenacasa, der damals die Bewegung in Katalonien anführte, sagte ihm, Barcelona sei der einzige Ort, an dem er leben könne, denn »nur in Barcelona gibt es ein proletarisches Bewußtsein«. Und der verwegene Bursche aus Leon, der schon in Gijon und in Renteria auf eigene Faust schwere Arbeitskonflikte ausgelöst und seine Kollegen Hammel genannt hatte, weil sie sich mit ihren Arbeitsbedingungen abfanden, folgte Buenacasas Rat und ging nach Barcelona.
    Manuel Buenacasa/Cronica

Zweite Glosse. Über die Wurzeln des spanischen Anarchismus
    An einem Oktobertag des Jahres 1868 traf Giuseppe Fanelli, ein Italiener, in Madrid ein. Er war etwa vierzig Jahre alt, von Beruf Ingenieur, trug einen dichten schwarzen Bart, hatte funkelnde Augen, war groß von Gestalt und legte eine heitere Entschiedenheit an den Tag. Sogleich nach seiner Ankunft suchte er eine Adresse auf, die in seinem Notizbuch verzeichnet war: ein Cafe, in dem er eine kleine Gruppe von Arbeitern traf. Die meisten von ihnen waren Typographen aus den unscheinbaren Druckereien der spanischen Hauptstadt.
»Seine Stimme hatte einen metallischen Klang, und ihr Ausdruck paßte sich aufs genaueste dem an, was er zu sagen hatte. Er wechselte vom Tonfall des Zorns und der Drohung, wenn er von Tyrannen und Ausbeutern sprach, auf die Klangfarbe der Betrübnis, des Schmerzes und der Ermutigung über, wenn seine Rede sich den Leiden der Unterdrückten zuwandte. Das Merkwürdige an der Sache war, daß er kein Spanisch konnte; er sprach entweder französisch, eine Sprache, von der einige unter uns wenigstens
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