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Der kurze Sommer der Anarchie

Der kurze Sommer der Anarchie

Titel: Der kurze Sommer der Anarchie
Autoren: Unbekannter Autor
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Seine freie Zeit verbrachte er meistens lesend und studierend. Er ist dann in die Gießerei des Herrn Antonio Miaja eingetreten. Dort hat er bis 1916 gearbeitet. Dann legte er eine Probearbeit bei der Nordspanischen Eisenbahn-Compagnie ab und bekam dort 1916 einen Posten als Mechaniker. Nach dem Streik von 1917 wurde er entlassen. Er verließ Spanien und ging nach Paris, wo er bis 1920 blieb. Dann kehrte er zurück und half bei der Montage der Kohlenwaschanlagen in der Grube von Matallana de Torio, Provinz Leon. Als er das wehrdienstpflichtige Alter erreicht hatte, befand er sich wieder in Paris. Er kam auf die Liste der flüchtigen Rekruten und wurde bei seiner Rückkehr nach Spanien in San Sebastian festgenommen. Weil er groß und kräftig war, wurde er zur Festungsartillerie eingeteilt, aber wegen eines Leistenbruchs für untauglich erklärt und entlassen.
5. Bemerkungen. Seine Jugend war wie sein späteres Leben voller Schwierigkeiten und Leiden. Sein Verhältnis zur Familie war vortrefflich. Zum Beispiel sagte er zu seinen Brüdern, sie sollten eine ehrliche Arbeit suchen und sich nicht in Streitigkeiten einmischen, damit ihre Mutter ein ruhiges Leben hätte. Er hat immer sehr an seiner Mutter gehangen, mit großem Respekt und einer tiefen Verehrung. Er hat zuhause nie von seiner Ideologie gesprochen. Meine Mutter und ich haben sich immer der Achtung und Sympathie der Bürger von Leon erfreut, ungeachtet welchen Standes, auch in der Zeit nach dem Bürgerkrieg.
Mein Vater war von Beruf Eisenbahner. Er hatte eine Stellung beim Ausbesserungswerk Leon. Er starb 1931, meine Mutter, einundneunzigjährig, 1968. Auch mein Vater war in der Stadt angesehen. Unter der Diktatur von Primo de Rivera war er Beigeordneter der Hohen Gemeindeversammlung unter dem Bürgermeister Herrn Raimundo del Rio.
    Rosa Durruti

    Der Schulfreund
    Durruti und ich, wir sind schon als Kinder Freunde gewesen, wir sind Genossen gewesen, wir sind Brüder gewesen, versteht ihr? Kaum, daß wir die ersten Zähne im Mund hatten, lang bevor wir in die Schule kamen. Wir waren doch Nachbarskinder. Und meine Mutter ist sehr früh gestorben, ich glaube, ich war damals sieben oder acht Jahre alt, und da hat mich Durrutis Mutter aufgenommen; ich war bei ihnen zuhause.
Und da wird sie zu Pepe gesagt haben, denn wir nannten ihn immer Pepe, einfach Pepe, Pepe Durruti, wird sie gesagt haben, der Florentino hat keine Mutter mehr. Vielleicht mochte er mich deshalb so gern, lieber als einen bloßen Spielkameraden, mehr wie einen Bruder; ich war wie ein Bruder für ihn. In der Schule war Durruti sehr gut, er hat viel gearbeitet. Wir waren damals schon größer, und eines Tages hat der Lehrer die Mutter zu sich bestellt und hat ihr gesagt: »Hier lernt Ihr Sohn nichts Neues mehr, er verliert nur Zeit. Wenn Sie wollen, ich glaube, er hat das Zeug zu ganz anderen Sachen, er ist sehr intelligent.«
Aber studiert hat er nicht, er wollte lieber arbeiten. Außerdem, wißt ihr, was wir als Kinder waren? Wir waren verirrte Kugeln. Die Nachbarn haben gesagt, mit den beiden ist es hoffnungslos, aus denen wird nichts Gescheites, das sind kleine Ungeheuer, ja, Banditen sind das.
Warum sie das gesagt haben? Das war so. Wir haben immer die Obstgärten heimgesucht, besonders Durruti, der wollte immer alles, was da war, austeilen, an die andern. Bis uns einmal ein Gutsbesitzer, der hatte große Obstgärten in Leon, erwischt hat, und der rief: » Du da drüben«,—denn er duzte uns, — »du da drüben, mach, daß du verschwindest!«
Und Durruti sagt zu mir: »Schau dir diesen alten Kerl an.« Und er: »Könnt ihr nicht hören?« Und Durruti ruft zurück: »Doch!« Und er: »Aber dalli!« Da ruft Durruti zurück: »Wir haben keine Eile.« Sagt der Besitzer: »Das ist mein Gutshof.« Und Durruti fragt ihn: »Und mein Gutshof, wo ist der? Warum habe ich keinen Gutshof?« - »Ich jag euch mit Prügeln raus.« - »Probiers doch, dann sehen wir schon, was passiert.« So haben wir uns das Obst geholt, er und ich und ein paar andere. Das meiste haben wir hergeschenkt, das machte uns Spaß. Durruti konnte es nicht lassen, er gab immer alles her. Er ist nie auf eine höhere Schule gekommen. Was wollte er machen? Damals hieß es mit vierzehn schon arbeiten gehen und der Familie zu Hause aushelfen mit dem bißchen Lohn. Sein Vater war bei der Nordbahn angestellt, und so kam es, daß er seinen Jungen schon mit sechzehn oder siebzehn bei der Eisenbahn unterbringen konnte. Ein Leckerbissen war das
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