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Der Küss des schwarzen Falken

Der Küss des schwarzen Falken

Titel: Der Küss des schwarzen Falken
Autoren: Barbara McCauley
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es jetzt zu spät.
    “Und was ist mit Rose, seiner Haushälterin?”
    Wieder schüttelte Henry den Kopf. “Auch sie ist inzwischen verstorben. Sie starb vor einem halben Jahr an Lungenkrebs.”
    Grace drückte leicht Rands Hand und blickte besorgt zu ihm hinüber. Die Berührung beruhigte ihn ein wenig. Er verflocht seine Finger mit ihren und sah wieder Henry Barnes an. “Eines verstehe ich nicht. Wenn alle tot sind, woher wissen Sie das alles dann?”
    “Die Tochter von Rosemary Owens hat im Nachlass ihrer Mutter ein Heft gefunden, eine Art Tagebuch, in dem unter anderem auch die Ereignisse dieser Nacht ziemlich detailliert geschildert und Namen genannt sind. Wie es aussieht, hat die gute Rosemary dieses Protokoll zu ihrem eigenen Schutz geführt. Offenbar wurde sie von William Blackhawk bedroht.”
    Nach allem, was er über seinen Onkel wusste, hielt Rand das für durchaus wahrscheinlich. Sehr schlau von Rose, ein Tagebuch anzulegen, dachte er. Er hätte eine Menge darum gegeben, da mal einen Blick hineinzuwerfen, um schwarz auf weiß bestätigt zu finden, was er bisher nur aus Erzählungen kannte.
    “Henry, noch eine Frage. Wer hat Sie mit dieser Sache beauftragt?”
    “Lucas Blackhawk.”
    “Lucas Blackhawk?”
    Henry nickte. “Eben der, Ihr Cousin.”
    Rand war fassungslos. “Ich habe einen Cousin?”, fragte er und starrte Henry Barnes ungläubig an.
    “Genau genommen sogar zwei. Aber belassen wir es erst einmal bei diesem einen. Ihr Herr Vater hatte zwei Brüder. William war der eine, Thomas der andere. Und Lucas Blackhawk ist der Sohn Ihres Onkels Thomas Blackhawk. Er lebt übrigens hier in Wolf River.” Henry beugte sich leicht vor und lachte verschmitzt. “Rufen Sie ihn doch einfach an. Er freut sich bestimmt, dass Sie hier sind.”

10. KAPITEL
    Lucas Blackhawks Haus lag ein paar Kilometer vom Highway entfernt außerhalb der Stadt. Rand parkte den Pick-up vor dem zweigeschossigen Gebäude mit dem schiefergedeckten Dach, weißen Fensterläden und einer breiten Veranda. Auf der Veranda standen Töpfe mit frisch gepflanzten Margeriten und Ringelblumen. Neben der Auffahrt lagen zwei Kinderfahrräder auf dem Rasen, eines blau, das andere rosa. In der Ecke der Veranda bewegte sich ein farbenfrohes Windspiel.
    Alles sah sauber und gepflegt, einladend und sehr hübsch aus.
    Grace ging das Herz auf. So hatte sie sich ihr mögliches Heim immer vorgestellt: mit den Kinderfahrrädern, dem handgemalten Willkommensschild neben der Tür, den Blumentöpfen und selbst dem etwas kitschigen Windspiel, das Sonne, Mond und Sterne darstellte. Doch gleichzeitig – und das war die Ironie des Schicksals – liebte sie einen Mann, der mehr unterwegs als irgendwo zu Hause war und sich aus Heim und Familienleben nach eigenen Worten nichts machte.
    Auch Rand betrachtete das Haus aufmerksam, aber nicht, wie sie sich durch einen Seitenblick überzeugen konnte, bewundernd, sondern eher skeptisch.
    Die letzte Stunde auf der Fahrt hierher hatte er kaum gesprochen. Seine Anspannung war deutlich zu spüren. Grace ahnte, dass ihm wieder und wieder die Ereignisse jener Unglücksnacht durch den Kopf gingen und dass er versuchte, sich aus dem, was er jüngst erfahren hatte, ein klareres Bild zu machen. Dazu kam die ohnmächtige Wut über das, was mit ihm und seinen Geschwistern als Kindern geschehen war, und natürlich die Ungewissheit, was ihn nun erwartete, da sich völlig unverhofft noch ein weiterer Verwandter angefunden hatte.
    Sie mochte vielleicht überempfindlich sein, aber es kam ihr so vor, als habe sich Rand, seitdem sie sich von Henry Barnes verabschiedet hatten, mehr und mehr von ihr zurückgezogen, körperlich ebenso wie gefühlsmäßig. Nicht eine einzige kleine Zärtlichkeit hatten sie ausgetauscht, seitdem sie aus der Kanzlei auf die Straße getreten waren. Rand wollte sie offenbar ganz bewusst auf Distanz halten. Ein Wunder wäre das nicht. Sein Leben warf momentan so viele Fragen für ihn auf, dass sie fast zwangsläufig keinen Platz darin hatte.
    Vielleicht war es ein Fehler von ihnen gewesen, zusammen nach Wolf River zu fahren. Aber ihr war das egal. Für sie zählte jetzt nur, dass sie in seiner Nähe sein konnte. Da hätte er sie auch fragen können, ob sie ihn zum Südpol begleiten würde.
    Grace gab sich Mühe, sich ihre trüben Gedanken nicht anmerken zu lassen. “Da wären wir”, sagte sie leichthin.
    Sie stiegen aus und gingen zusammen zu den Stufen, die zur Veranda führten. Aus dem Haus drangen
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