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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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die der Wind verwehte. Einen Schädel behielt er als Zeichen des Triumphes und der Mahnung zurück.
    Schließlich erreichte Tungdil sein Ziel: Er gelangte in den Teil des Stollens, der nicht eingestürzt war. Die Bohlen sahen stabil aus, und so wagte er eine Erkundung.
    Gelegentlich fand er noch Skelette von Orks. Sie waren zwar dem niederhagelnden Gestein entkommen, hatten aber wohl keinen Ausgang mehr gefunden und waren elend zu Grunde gegangen. Den gebrochenen Knochen nach zu urteilen, mussten sie sich gegenseitig erschlagen haben, um an Fleisch zu kommen. Lediglich ein Skelett trug keine Zeichen eines Kampfes. Dein Sieg über die anderen hat dir nichts gebracht. Verhungert bist du dennoch.
    Der Zwerg schleppte auch ihre Skelette hinaus und entfachte ein weiteres Feuer, um sie restlos zu vernichten; danach suchte er die Überreste der Menschen, die mit ihm hier gelebt hatten. Außer einer Ansammlung von kleinen und großen Gebeinen war nichts von ihnen geblieben.
    Er begrub sie auf einer Anhöhe gegenüber dem Eingang des Stollens. Aus einem der großen Felsbrocken meißelte er ihnen einen Grabstein und schmiedete ihre Namen in Eisen, die er in den Stein schlug.
    Nach dem letzten Hieb setzte er sich, betrachtete die Hügel Idoslâns, die Siedlungen der Menschen, die einen nie gekannten Frieden genossen, und wischte sich den brennenden Schweiß aus den Augen, in den sich Tränen gemischt hatten.
    So erkannte er die Zwergengestalt, die den Pfad entlangkam, sich umschaute, ihn entdeckte und den Hügel hinaufstieg.
    Er erhob sich, um den Besuch zu begrüßen. Lange schloss er Balyndis in die Arme. »Es ist schön, dich zu sehen. Haben sie dich geschickt, damit du mich überzeugst, zu einem der Stämme zurückzukehren?«, fragte er sie belustigt. »Gandogar hat sich vielleicht gedacht, dass ich deinen Bitten eher erliegen würde als seinen.«
    Die Schmiedin ließ den Rucksack von den Schultern gleiten und sank ins Gras. Sie ächzte, rieb sich die Fußgelenke. »Ich hätte mir unterwegs doch ein Pony kaufen sollen. Der Marsch zieht sich.« Ihr Blick richtete sich auf den Grabstein, stumm drückte sie Tungdil ein weiteres Mal an sich. Sie musste nichts sagen.
    Gemeinsam betrachteten sie den Zug der Wolken, wie sich der Himmel von hellem zu dunklem Blau verfärbte und die ersten Sterne aufblinkten.
    »Ich soll dir Grüße ausrichten«, sagte Balyndis nach einer Weile. »Es sind zu viele, um sie einzeln zu nennen. Denke einfach an alle Freunde, die du dir gemacht hast. Und Rodario lässt ausrichten, dass du ihm noch einen Witz schuldest.« Sie grinste. »Der, in dem der Ork den Zwerg nach dem Weg fragt.«
    Tungdil lachte auf. »Oh, den hatte ich glatt vergessen.« Er schwieg. »Wenn du zum Großkönig zurückkehrst, Balyndis, richte ihm aus, dass ich nicht weiß, wie lange ich hier bleiben werde«, sagte er nachdenklich. »Ich kann mich nicht entscheiden, wohin ich gehöre. Mein Herz schlägt für die Zwerge, ebenso schätze ich die Nähe der Menschen, die in ihrem Tun freier sind als mein Volk. Ich denke mehr wie ein Mensch denn wie ein Zwerg, das wurde mir immer stärker bewusst.«
    »Und was ist mit den Freien?«
»Nach Goldhort bringt mich nichts mehr zurück. Zu viele Erinnerungen, die mir nicht gefallen.« Er schaute sie an. »Wenn ich weiß, was ich möchte, lasse ich es ihn wissen. Vielleicht gehe ich auch ins Jenseitige Land und forsche nach denen, die ihre Runen in den Fels schlugen. Wenn Gandogar meinen Rat benötigt, bin ich jederzeit für ihn da.«
Sie rang sich ein Lächeln ab. »Es ist tragisch. Da haben die Kinder des Schmieds einen wahren Helden in ihren Reihen, und er hadert mit sich selbst, anstatt in ihren Hallen zu leben und sich als Berater des Großkönigs weiteres Ansehen zu verdienen.« Sie hob den Kopf und schaute zu einem besonders hell leuchtenden Stern. »Vielleicht gehört das zu einem Helden dazu. Dass er hadert. Es bewahrt ihn davor, sich allzu übermächtig zu fühlen.«
»Erzähl mir Neuigkeiten aus unserem Volk«, bat er sie. »Ich möchte auf andere Gedanken gebracht werden.«
Die Zwergin dachte nach. »Es ist friedlich geworden, Tungdil. Die Überlebenden der Dritten haben sich uns angeschlossen. Die Zeit des Hasses ist vorbei. Das Schwarze Gebirge wird aus einem Bündnis aus allen fünf Zwergenreichen gehalten.«
Er schwieg, biss sich auf die Lippen, um nicht Salfalurs Worte zu verraten. »Was ist mit den Freien?«
»König Gemmil entschied, dass sie das bleiben, was sie sind: frei.
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