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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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ab, dann ließ er ein Ende los, und sie kullerten auf das durchsichtige Tablett zurück. »Ruft die Boten«, befahl er laut.
Die Tür des Thronsaals öffnete sich, herein kamen ein Elb, sieben Menschen und vier Zwerge. Nacheinander traten sie nach vorn und wählten sich einen Diamanten. Manche griffen sofort zu, andere ließen sich Zeit, als gäbe sich ihnen der echte Stein zu erkennen.
Als noch zwei übrig waren, hieß Gandogar seinen Gemmenmeister, sich zu Tungdil zu begeben. »Ich lasse dir die Wahl«, sagte er.
Tungdil langte zuerst nach dem rechten, zögerte und entschied sich dann doch für ihn.
Gandogar strich den letzten ein. »Nun kehrt zu euren Königen zurück und bringt ihnen mein Geschenk zu Ehren des neuen Friedens im Geborgenen Land«, wandte er sich an die Boten und hielt seinen Diamanten in die Höhe. »Richtet ihnen meine Worte aus: So, wie sich die Steine gleichen, sollen unsere Gedanken zukünftig im Einklang sein und unsere Herzen zum Wohl unserer Heimat schlagen. Kommen Zweifel an der Gemeinschaft unserer Völker auf, sollen sie den Stein betrachten und sich erinnern.« Er wies zur Tür, die Menschen, Zwerge und der Elb verneigten sich und verließen die Halle. Rumpelnd schlossen sich die Flügel.
»Da du nun zu mir gekommen bist und vor mir stehst, möchte ich wissen, ob du dir mein Anerbieten überlegt hast, Tungdil.« Der Großkönig deutete auf den Platz neben seinem Thron. »Möchtest du mein Berater sein?« Das Geborgene Land, Idoslân, 6235. Sonnenzyklus, Sommer
    Seine Füße bewegten sich von selbst auf der Straße, die er wohl mehr als einhundert Mal entlanggegangen war. Tungdil näherte sich einem vertrauten, traurigen Ort.
    Der Sommer bescherte den Menschen Idoslâns die besten Ernten, Gemüse und Getreide sprossen in Hülle und Fülle aus den Ackerböden, die Bäume standen in voller Blüte und lockten die Bienen an. Ein warmer Wind strich über die satten, grünen Wiesen, auf denen das Vieh weidete. Große Kuhaugen glotzten dem Wanderer hinterher, ehe das Gras wieder wichtiger für das Tier wurde.
    Es hat sich nichts geändert. Der Zwerg schritt um die letzte Biegung und blieb stehen. Vor sich sah er das zerschlagene Eingangstor, das in den Stollen LotIonans führte. Unter Gebüschen entdeckte er rostende Rüstungen. Eisen und abgenagte Knochen, mehr war von den Orks nicht geblieben, auf die er und die Zwillinge damals getroffen waren. Es hat sich doch vieles geändert.
    Orks gab es keine mehr. Ihre Knochen waren der letzte Beweis dafür, dass sie Idoslân heimgesucht hatten, doch der Stern der Prüfung hatte ihren schwarzen Seelen ein Ende bereitet. Prinz Mallen hatte eine Expedition in die Höhlen Toboribors gesandt, die sich durch die heißen Gänge gequält hatte, ohne eines der Scheusale zu entdecken.
    Das Geborgene Land hat seine Geborgenheit teuer erkauft. Tungdil dachte an die vielen toten Freunde, an das Grab Boëndals an der Hohen Pforte, das er besucht hatte und an dem er zusammen mit Ingrimmsch in Tränen ausgebrochen war. Boïndil hatte jeglichen Wahn verloren, die einst irren, stets weit aufgerissenen Augen waren normal geworden und erinnerten ihn an die des Bruders. Auch seine Art zu sprechen war nun besonnener. Der Tod verändert auch die Lebenden.
    Tungdil näherte sich dem dunklen Eingang, stieg über die Trümmer des Tores hinweg und betrat den kühlen, nach Erde riechenden Gang dahinter.
    Er kam nicht weit, noch immer war der Stollen größtenteils eingestürzt. Sie hatten damals, als sie gegen die Orks fochten, die Stützbalken eingeschlagen, um die Übermacht in ihrem Rücken zu verschütten. Das tonnenschwere Geröll bildete einen Wall, durch den er sich graben musste, um in die alte Behausung seines Ziehvaters zu gelangen.
    Unbewusst berührte er das zerschlissene Halstuch, das er an seinem Handgelenk trug. Es war ein Andenken an Frala, die junge, freundliche Magd, die ihm wie eine Schwester gewesen war und die hier mitsamt ihren Töchtern Sunja und Ikana von den Orks umgebracht worden war.
    Er schluckte schwer, der Kloß in seinem Hals saß fest. Die Traurigkeit ließ sich nicht so einfach bezwingen. Es wird Zeit, dass ich aufräume.
    Tungdil begann mit seiner harten Arbeit. Ein Sonnenumlauf folgte dem nächsten, während sich der Zwerg mit Spitzhacke und Schaufel vorwärts grub, neue Stützbalken einsetzte und das Geröll hinauskarrte. Die zerschmetterten Überreste der Orks warf er auf einen großen Haufen, den er anzündete, um sie zu Asche zu verbrennen,
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