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Der Krieg der Zwerge

Der Krieg der Zwerge

Titel: Der Krieg der Zwerge
Autoren: Markus Heitz
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Das Rascheln unter seinen Stiefeln empfand er als unbotmäßig laut. Jeder Schritt, den er tat, kostete ihn Überwindung. Gelegentlich stoben graue Wolken von den Dächern und Wegen auf; Asche ließ sich auf ihm nieder, als wollten ihn die Überbleibsel der vernichteten Albae an seinem Vordringen hindern.
    Da habe ich gegen Orks, gegen Bestien und gegen eine Eoîl gekämpft, und nun jagt mir das tote Dsôn mehr Angst ein als alle bisherigen Gegner zusammen, wunderte er sich insgeheim, spähte nach rechts und nach links und ließ keine Seitengasse aus den Augen, stets bereit, sich zu verteidigen.
Je länger er lief, umso mehr stellte er fest, dass er sich verschätzt hatte. Die Stadt der Albae war riesig; erst gegen Abend gelangte er an den Fuß des Berges und erklomm die Stufen. Keuchend drückte er sich von der letzten Stufe ab, als die Sonne hinter dem Kraterrand verschwand und Dsôn in vollkommene Schwärze verfiel. Nur der Turm aus Gebeinen erstrahlte blutrot im Abendschein, während unter Tungdil Runen, Symbole und Zeichen in den Hauswänden und an den Dächern zu leuchten begannen.
Seine Härchen im Nacken und auf den Armen stellten sich auf. Sind etwa die Seelen der Albae zurückgekommen? Angriffsbereit wartete er ab, doch außer dem Leuchten tat sich nichts.
Der Wind verstärkte sich. Anscheinend machte sich der Gott Samusin einen Spaß daraus, ihn weiter zu erschrecken.
Die Böen fuhren zwischen den ausgeblichenen Gebeinen des Turms hindurch, und so manches Mal entstand dadurch ein einzelner, klagender Ton wie ein Schrei desjenigen, dessen Gebeine keine letzte Ruhe gefunden hatten. Klagend glotzten die leeren Augenhöhlen aus den verwitterten Schädeln auf ihn herab. Alles in Tungdil sträubte sich dagegen, dieses Gebäude zu betreten.
Mit pochendem Herzen ging er auf den Eingang zu, schritt durch die angelehnte Tür und erkundete den Turm.
Sein Inneres bestand aus Holz und Stein, die Knochen dienten offenbar als Verkleidung und Zier und als Zurschaustellung von Macht. Dennoch, Tungdil wusste, dass die Gemälde, an denen er vorbeilief, nicht mit gewöhnlichen Farben gemalt worden waren und dass es sich bei dem Untergrund nicht um Leinwand handelte. Den vollendeten Umgang mit Pinsel und Farbe beherrschten die Albae wie ihre elbischen Verwandten, jedoch setzten sie ihr Talent viel grausamer um. Unvorstellbar grausamer.
Weit hinter ihm ertönte ein Geräusch. Eine schwere Tür war zugefallen, laut hallte das Rumpeln durch die hohen Gänge, ein Luftzug brachte die letzten Öllampen, denen der Brennstoff nicht ausgegangen war, zum Flackern.
»Wer da?«, rief er, wandte sich um musste schlucken. »Ist da jemand?« Natürlich bekam er keine Antwort.
Das Unbehagen wollte nicht mehr von ihm weichen. Endlich stand er vor einer hohen Tür aus Tionium mit albischen Schriftzeichen, die er nicht übersetzen konnte. Wo denn, wenn nicht hier?
Er trat sie auf und schaute in den Raum aus dunklem Marmor dahinter. Das saalartige Zimmer war geschmückt mit bizarren Skulpturen aus Knochen der unterschiedlichsten Kreaturen, mal bemalt, mal unbemalt, mit Draht aus Gold und Tionium umwickelt, mit Edelsteineinlagen und Aufsätzen versehen. Etliche Bilder und Mosaiken sowie die rätselhaftesten Waffen zierten die Wände. In der Mitte führten Stufen hinauf zu einem Doppelthron. Die Sitze waren verwaist.
Das Blitzen von Diamanten machte Tungdil auf sein Ziel aufmerksam.
An der Wand hinter dem Thron war sie aufgehängt worden, achtlos und lieblos, für die Albae ein nutzloses Ding, das schön anzusehen war und einen Erfolg über die Zwerge bedeutete.
Er näherte sich ihr und streckte die Hand nach ihr aus. »Da bist du ja.« Ein kurzer Ruck, und die Feuerklinge befand sich wieder in seinem Besitz. Der Zwerg reinigte sie mehr symbolisch, als er mit dem Ärmel über den Axtkopf wischte, vollführte zwei Probeschläge und spürte dabei ihre Ausgewogenheit. »Keiner wird dich mir jemals wieder nehmen«, versprach er ihr wie einer Geliebten. »Ich habe eine Aufgabe für dich.«
Er griff in die Tasche, zog den Malachitsplitter hervor, während er sich dem Thron näherte, und legte ihn auf die dritte Stufe. Was auch immer in diesem letzten Überbleibsel von Nôd'onn, dem Dämon oder einer anderen bösen Macht gesteckt hatte und den Stern der Prüfung überstanden haben sollte, es würde sogleich vergehen.
Tungdil hob die Waffe, nahm Maß und schwang sie einmal über den Kopf, um mit aller Kraft zuzuschlagen.
Die Diamanten entflammten wie
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