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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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Herzschlag erholte, schwand die Wut des Kampfes aus ihm, und ruhigere Gedanken kehrten zurück.
    Die Gänge und Höhlen, in denen er sich befand, waren tief unter der Erde, eigentlich Tiefentroll-Gebiet, aber die Tiefentrolle kamen nur selten so nah an die Grenzen des Landes heran, denn sie bevorzugten es, nahe des Herzschlags zu sein. Dennoch hatten sie die neuen Tunnel bemerkt, und auf den verschlungenen Wegen der Unterwelt war dieses Wissen zu Kerr gelangt. Und jetzt liege ich hier, halb totgebissen von dem, was diese Tunnel ausgespien haben. Was ist das bloß?
    Mit einiger Mühe richtete Kerr sich auf und musterte die Kreatur, die er besiegt hatte.
    » Ein Tiefentroll hätte dich zerfetzt und wäre längst dabei, seinen Hunger an dir zu stillen«, stellte er schließlich laut und mit rauer Stimme fest. Es war seine Art, den toten Feind für sein Können im Kampf zu ehren. Als Kadaver mochte das Wesen nicht mehr so gefährlich aussehen, aber Kerr wusste, dass es ein todbringender Feind gewesen war. Was er nicht wusste, war, woher es stammte.
    Unvermittelt war diese Frage unwichtig. Viel wichtiger war, woher das zweite Monstrum gekommen war, das sich nun vorsichtig näherte und Kerr dabei nicht aus den Augen ließ.
    » Menschendreck!«, entfuhr es dem Troll, und er richtete sich langsam an der Höhlenwand auf. Noch immer zitterten seine Beine, und die Wunden an seinem Leib waren noch nicht ganz geschlossen. Die Kreatur zischte und zeigte ihre Fänge. Kerr wollte ihr seine Verachtung und seinen Zorn entgegenschleudern, aber allein schon das Aufstehen ließ die Welt um ihn herum tanzen. Und er wusste, dass er diesem Feind nichts mehr entgegenzusetzen hatte.
    Das Wesen kam langsam näher. Kerr vermeinte, Respekt in seinen Bewegungen zu erkennen, und wäre er nicht sicher gewesen, dass dies einer der letzten Anblicke seines Lebens sein würde, hätte ihn das vermutlich erfreut. Aber für Freude war kein Platz mehr in ihm. Nur noch für einen grimmigen Vorsatz. Ich werde meine Haut teuer verkaufen. Wie ein Troll es tun sollte. Der Rausch des Kampfes, der ihn zuvor beherrscht hatte, war verflogen, sein Zorn verraucht, und Ruhe überkam ihn. Ich habe Schlachten geschlagen, den weiten Himmel gesehen und mehr erlebt, als die meisten anderen Trolle je erleben werden. Mein Stamm wird um mich trauern, und mein Name wird an der Oberfläche noch lange Jahre genannt werden, denn die Menschen haben ihn mit ihren Zeichen aufgeschrieben.
    Geräuschvoll sog die Kreatur Luft in ihre Nüstern, warf einen schnellen Blick auf den Kadaver und schüttelte sich dann zornig. Das Wesen duckte sich noch tiefer, spannte die Muskeln an. Kerr fletschte die Zähne und hob die bleischweren Arme.
    Die Krallen des Wesens kratzten über den steinernen Boden, als es Kerr ansprang. Es raste auf den Troll zu, die Pranken ausgestreckt, das Maul geöffnet. Alles schien sich zu verlangsamen. Kerr nahm jedes Detail wahr, die langen Fänge, die mächtigen Muskeln unter den Schuppen, die Mordlust in den Augen. Und noch mehr schien in diesem Blick zu liegen, denn hinter dem Zorn der Kreatur verbarg sich etwas – ein Verstand, der weit mehr war als Instinkt und Jagdlust. Doch der Troll wusste, dass diese Entdeckung ihm nichts mehr nutzen würde.
    Nur noch eine Handbreit trennte das Monstrum von ihm, als es plötzlich zur Seite gerissen wurde. Kerr taumelte überrascht, als ihn der Schwanz der Kreatur an der Brust traf, schaffte es aber, sich an der Wand abzustützen.
    Eine große Gestalt war scheinbar aus dem Nichts gekommen und nun in einen tödlichen Kampf mit dem Wesen verstrickt. Die beiden Gegner rollten über den Boden, fauchend, brüllend, hieben aufeinander ein, verbissen sich ins Fleisch des Gegners.
    Es dauerte einige Momente, bis Kerr begriff, dass es ein Troll war, der dort gegen die Kreatur kämpfte. Erst diese Erkenntnis befreite ihn aus seiner Starre. Er lief zu den Gegnern, die immer noch in einer tödlichen Umarmung am Boden miteinander rangen. Ihm war es kaum möglich, zu erkennen, wo einer der Kämpfenden endete und der andere begann. Aber als er die Stacheln des Wesens erblickte, packte Kerr zu und riss an ihnen. Es gelang ihm, es ein Stück von dem Troll wegzuziehen. Das schaffte genug Freiraum für diesen, um dem Wesen in die nun ungeschützte Kehle zu beißen. Blut schoss aus der Wunde, Kerr zerrte erneut an den Stacheln, und der andere Troll ließ nicht los, bis das Wesen schließlich unter ihrer gemeinsamen Attacke erschlaffte.
    Kerr
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