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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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bis zum Herzen des Landes führte, kehrte Tarka zurück. Sie ging hoch aufgerichtet, und etwas lag in ihrem Schritt, was sie aus der Menge der Trolle herausgehoben hätte, auch wenn sie nicht der größte Troll hier gewesen wäre. Bestimmung, dachte Kerr bei sich und lächelte, als er die beeindruckende Trollin ansah.
    Das Gerede in der Höhle erstarb, als sie sich vor ihrem Stamm aufbaute. Ihre Wunden hatten sich geschlossen, aber die Narben waren geblieben. Drei lange, wulstige Pfade führten nun quer über ihren Leib, von der Lende bis zu der Schulter, Erinnerungen an die Schlacht, an die Macht des Balaurs – und daran, dass sie überlebt hatte, was kein Troll vor ihr überlebt hatte.
    Einen Herzschlag lang blickte Tarka zu Boden. Schon befürchtete Kerr, dass sie zögern würde, aber dann erkannte er seinen Irrtum. Sie hatte sich nur gesammelt, ihren Zorn, ihre Macht und ihre Stärke. Als sie wieder aufsah, überlief ein Schauer Kerrs Körper.
    » Ich führe euch an«, erklärte sie mit fester Stimme. » So wie Res vor mir. So wie Rask vor mir.«
    Einige Trolle sprachen die Namen nach. Kerr blickte zu Vreka hinüber und nickte ihr zu. Rask und Res werden immer bei uns bleiben, versicherte er ihr stumm. In unseren Liedern und Erinnerungen. Und ich werde ihre Taten an unsere Wände malen, damit alle Trolle in den Dreeg, die noch kommen, ihre Geschichte kennenlernen.
    » Ihr seid jetzt Tarkas Stamm, nicht wahr?«, fragte sie. Doch noch bevor auch nur ein Troll antworten konnte, schüttelte sie das massige Haupt. » Nein!«
    Verdutzt runzelte Kerr die Stirn. Das sah Tarka nicht ähnlich. Will sie denn nicht die nächste Anführerin sein? Auch die anderen Trolle blickten einander unschlüssig an.
    » Früher hatten unsere Stämme keinen Bestand. Sie wechselten ihre Namen, ihre Anführer. Sie zerbrachen und wurden neu geformt. Sie waren wie der weiche Stein, der einem in der Pranke zerbröselt. Wir vergaßen viele von ihnen. Doch das war eine andere Zeit.«
    Tarka holte tief Luft.
    » Wir haben an der Seite der Menschen gekämpft!«
    Einige Trolle nickten, andere brummten zustimmend.
    » Wir haben die Zwerge in ihre Festungen getrieben!«
    » Mit eingezogenen Schwänzen«, rief Zetem laut aus der Menge, und einige Trolle johlten.
    » Verflucht richtig«, sagte Tarka mit einem breiten Grinsen. » Wir haben die Goldenen Krieger besiegt!«, fuhr sie dann fort.
    Jetzt rissen viele der Trolle ihre Arme hoch, brüllten triumphierend.
    Tarka machte eine kleine Pause, ließ ihren Blick über ihren Stamm schweifen, schien jeden einzelnen Troll ins Auge zu fassen. Dann reckte sie ihre Pranken in die Luft.
    » Und wir haben den Balaur besiegt!«, rief sie.
    Nun gab es kein Halten mehr. Tarka schlug sich so hart auf die vernarbte Brust, dass es dröhnte. Sie legte den Kopf in den Nacken und brüllte, kündete der ganzen Welt von der Stärke der Trolle.
    Jeder ihrer Zuhörer stimmte in ihren Schrei ein. Auch Kerr jubelte mit, stampfte auf, schlug sich auf die Brust, stieß einen Schrei aus und fletschte die Zähne. Sie waren Trolle, und sie hatten das größte Ungetüm besiegt, das die Welt je hervorgebracht hatte. Sie fürchteten nichts, und niemand konnte gegen sie bestehen.
    Als sie sich langsam alle wieder beruhigten, wies Tarka mit ihrer Pranke auf sie.
    » Wir sind nicht Tarkas Stamm. Wir sind ein neuer Stamm. Ein Stamm, dessen Name sich niemals ändern wird. Ein Stamm, der von allen gefürchtet wird. Jeder wird unseren Namen kennen. Unsere Feinde werden es nicht wagen, ihn laut zu sagen, weil sie Angst haben werden, dass wir sie hören. Sie werden ihn nur flüstern. Wir aber werden ihn rufen, wenn wir jagen und kämpfen, wenn wir Beute machen und wenn wir uns paaren, und er wird niemals vergessen werden.«
    Sie legte eine Pause ein. Alle Trolle hingen nun an ihren Lippen, selbst Kerr. Auch ihn, der sich sonst so viele Gedanken machte, riss die Macht ihrer Worte mit sich.
    » Wir sind die Drachenfresser!«
    Tarka riss die Arme hoch.
    » Drachenfresser«, brüllte Zetem, und Kerr, Raga, Vreka und alle anderen Trolle nahmen den Ruf auf und wiederholten ihn wieder und wieder: » Drachenfresser!«
    Wie lange sie in der Höhle standen und Tarka zujubelten, konnte Kerr nicht sagen. Der Boden und die Wände bebten, die Trolle stampften mit den Füßen auf, heulten und schrien.
    Als der Jubel schließlich erstarb, kam Tarka zu ihm. Der neue Stamm verteilte sich, teilte sein Futter und seine Lieder miteinander, wuchs zusammen.
    »
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