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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle
Autoren: Christoph Hardebusch
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wäre der Moment gewesen, um nachzusetzen, es anzugreifen, aber Kerr schaffte es kaum, wieder auf die Beine zu kommen. Sein Blut bedeckte den Boden, war gegen die Höhlenwand gespritzt, rann seine Haut hinab; überall schimmerte die dunkelrote Flüssigkeit.
    Der Schmerz war wie flüssiges Feuer in seinem Leib, als habe man ihm kochendes Wasser in seine Wunden gegossen. Kerr schloss die Lider, versuchte sich auf den Feind zu konzentrieren, aber es fiel ihm schwer, auch nur die Augen erneut zu öffnen. Dunkelheit umgab ihn mit einem Mal, wartete an den Rändern seiner Wahrnehmung darauf, ihn zu übermannen, lockte ihn in ihre seltsam tröstende Umarmung, und er ahnte mehr, als dass er es wusste, dass er sich ihr einfach nur ergeben musste, um den Schmerz für immer zu vergessen.
    Aus den Tiefen der Welt brandete der Schlag des Herzens zu ihm hoch, fuhr durch ihn hindurch, hallte in ihm nach. Kerr öffnete die Augen, und die Schwärze wich von ihm zurück. Er war noch nicht bereit.
    Er kehrte keinen Augenblick zu früh in die Welt der Lebenden zurück, denn sein Feind hatte sich wieder gefangen und näherte sich, das massive Haupt gesenkt, die Zähne gefletscht, die Stacheln auf dem Rücken aufgestellt. Aber da war auch eine Vorsicht in seiner Haltung, die Kerr ein blutiges Grinsen entlockte.
    » Du willst mehr?«, fragte er mit belegter Stimme. » Ich werde dich zerfetzen. Ich werde dich in Stücke reißen und dein Fleisch essen. Ich bin ein Troll.«
    Als würde es ihn verstehen, zögerte das Wesen einen Moment. Und dann schrie Kerr erneut: » Ich bin ein Troll!«
    Diesmal stürzte er sich auf den Gegner. Die Kreatur wich aus, aber Kerr hatte damit gerechnet und erwischte sie am Vorderlauf. Er sprang über die zuschnappenden Fänge hinweg, riss das Wesen herum und landete halb auf seinem Rücken. Etwas brach, ob Knochen oder Stachel war dem Troll nun egal. Er wollte seine Worte wahr machen, wollte seinen Gegner zerreißen und vernichten; er wollte das Blut seines Feindes trinken und seinen Sieg mit einem Brüllen der Welt verkünden. Das war die Art der Trolle, war, wozu der Herzschlag der Erde und der Weiße Bär sie bestimmt hatten.
    Wieder und wieder schlug Kerr zu, traf Kopf und Schultern, Flanken und Hals seines Gegners. Der Schwanz des Wesens zuckte hin und her, peitsche über Kerrs Rücken, aber der Schmerz fachte den Zorn des Trolls nur weiter an, gab ihm Kraft und Ziel.
    Sein Feind drehte das Haupt, bis es fast auf dem Rücken lag, und biss nach Kerr. Die gewaltigen Kiefer bekamen seinen Unterarm zu fassen, die Fänge durchtrennten Haut, Sehnen und Fleisch, schabten über den Knochen. Kerr riss den Arm nach hinten, befreite ihn gewaltsam. Die Wunde war so tief, dass seine Knochen hell zwischen dunklem Blut und Muskelsträngen hervorschimmerten. Ohne auf die Wunde zu achten, nur geleitet von seinem übermächtigen Zorn, packte der Troll den Kopf der Kreatur. Seine Klauen suchten nach Halt, fanden ihn an der Schnauze, den Nüstern. Er riss ihn herum, aber der Hals des Wesens war zu beweglich.
    Und dann zwang Kerr die Kiefer auseinander. Die Muskeln in seinen Armen arbeiteten, seine Schulter verkrampfte sich. Der Schmerz in seinem Unterarm drang zu ihm durch, wuchs ins Unermessliche. Aber dann brachen mit einem hohlen Krachen die Knochen seines Feindes. Ein Gurgeln drang aus der Kehle des Wesens, seine Gliedmaßen schlugen wild um sich, und die Krallen fanden kein Ziel mehr, sondern zuckten nur noch im Todeskampf.
    Kerr hielt das Haupt in seinen Händen, bis auch die letzte Bewegung erstarb und das Leben aus seinem Feind gewichen war. Dann sank er mühsam atmend von dem Kadaver. Seine Arme waren zu schwer für ihn geworden, seine Beine zu weich, vor seinen Augen tanzten Lichtpunkte, und das Einzige, was er noch riechen konnte, war sein eigenes Blut. Der Schlag seines Herzens brandete in seinen Ohren, übertönte alle Geräusche.
    Kerr lag lange auf dem Felsboden. Um ihn herum trocknete das Blut, erkaltete der Leib der Kreatur, die er getötet hatte. Mit jedem Herzschlag des Landes schlossen sich seine Wunden ein wenig, aber sein Feind hatte ihn schwer verletzt. Zunächst war er nicht sicher, ob er den Kampf überhaupt lange überleben würde. Er war sogar zu schwach, um seine Hände auf die schlimmsten Wunden zu pressen, um zu verhindern, dass noch mehr kostbarer Lebenssaft auf den Boden troff und sich mit dem seines Feindes vermengte.
    Langsam beruhigte sich sein Körper jedoch. Während er sich mit jedem
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