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Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Titel: Der Kommissar und das Schweigen - Roman
Autoren: H kan Nesser
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Rethymnon, Kreta, zu buchen, im Hotel Christos, das ihm von einem guten Freund empfohlen worden war. Einzelzimmer. Abreise am 1. August, Rückreise am 15.
    Als das erledigt war, schaute er auf die Uhr. Sie zeigte 11.40. Es war der 17. Juli.
    Keine gute Idee, sich vor der Mittagspause ins Präsidium zu begeben, stellte er fest und versuchte eine gewisse Resignation zu empfinden. Aber das gelang ihm eher schlecht. Er tigerte stattdessen in der Wohnung herum und fächelte sich mit der gestrigen Allgemejne Luft zu. Das war so ziemlich vergebliche Liebesmüh. Er seufzte. Zog sein verschwitztes Hemd aus, holte ein Bier aus dem Kühlschrank und legte Pergolesi auf den CD-Player.
    Das Leben? dachte er.
    Reiner Zufall oder geregelte Ordnung?

3
    »Wegen der Hitze haben die Leute keine Lust, ein Ding zu drehen«, sagte deBries.
    »Quatsch«, erwiderte Reinhart. »Natürlich stimmt genau das Gegenteil.«
    »Wie meint ihr das?«, wollte Rooth gähnend wissen.
    »Na, haben sie doch«, sagte Reinhart. »Mit steigender Hitze fallen die Schranken, und schließlich ist der Mensch im Grunde ein kriminelles Tier. Lies mal ›Der Fremde‹. Lies mal Schopenhauer.«
    »Ich mag nicht lesen«, sagte Rooth. »Jedenfalls nicht bei dieser Hitze.«

    »Außerdem werden die Triebe stärker«, fuhr Reinhart fort und zündete sich seine Pfeife an. »Ist ja kein Wunder. Guck dir doch nur all die Frauen an, die halb nackt in der Stadt herumlaufen, da ist es doch nicht überraschend, wenn den frustrierten Männchen alles zusammenläuft.«
    »Frustrierte Männchen?«, wiederholte Rooth. »Was zum Teufel ...?«
    »Ja, ja«, knurrte deBries. »Es stimmt schon, die Frauenmörder sollten bei diesem Wetter alle zum Leben erwachen, aber bis jetzt hatten wir jedenfalls noch keinen hier.«
    »Wartet nur«, sagte Reinhart. »Der Hochdruck hält ja erst seit vier Tagen an. Übrigens, wo ist denn verdammt noch mal eigentlich der Hauptkommissar? Ich dachte, wir sollten uns nach der Mittagspause zusammensetzen. Jetzt ist es bald halb zwei.«
    DeBries zuckte mit den Achseln.
    »Der spielt bestimmt Badminton mit Münster.«
    »Nein«, erklärte Rooth und biss in einen Apfel. »Münster war eben noch bei mir.«
    »Mit vollem Mund spricht man nicht«, sagte Reinhart.
    »Dann könnte er nicht viel von sich geben«, warf deBries ein.
    »Halt’s Maul«, sagte Rooth.
    »Genau das meinte ich«, sagte Reinhart.
    Die Tür ging auf, und Van Veeteren kam herein, mit Münster im Schlepptau.
    »Guten Morgen, Herr Hauptkommissar«, begrüßte Reinhart ihn. »Gut geschlafen?«
    »Ich habe mich durch die Hitze etwas verspätet«, erklärte Van Veeteren und sank hinter seinem Schreibtisch auf den Stuhl.
    »Nun?«
    Es blieb eine Weile still.
    »Was meint der Hauptkommissar mit ›Nun‹?«, fragte Rooth und biss wieder ab.
    Van Veeteren seufzte.

    »Berichtet!«, sagte er. »Womit seid ihr beschäftigt? Reinhart zuerst. Der Vallastepyromane, wie ich annehme?«
    Reinhart bekam eine senkrechte Falte auf der Stirn und zog an seiner Pfeife. Nickte etwas vage. Die Brandstiftung in Vallaste hatte inzwischen schon zweieinhalb Jahre auf dem Buckel, und die Ermittlungen waren bereits mehrere Male eingestellt worden, aber sobald es an anderen größeren Verbrechen mangelte, holte er den Fall immer wieder hervor. Er war es, der in dieser Sache die Fäden in der Hand hielt, und es war seine Ehre, die beschmutzt wurde, so lange der Täter frei herumlief.
    Es gab sicher nicht mehr viele in der Mannschaft, die in diesen Bahnen dachten, das musste der Hauptkommissar sich eingestehen, aber er wusste, dass Reinhart es noch tat.
    »Ich habe da ein paar lose Fäden«, gab er zu. »Ich denke, es könnte sich lohnen, sie einmal näher zu betrachten. Wenn es sonst nichts gibt, das ein etwas größeres Gehirn erfordert ...«
    »Hrrm«, räusperte Münster sich.
    »Bestimmte Körperteile schwellen in der Hitze an«, sagte deBries.
    »Wie dem auch sei«, brummte Van Veeteren. »Schau dich da um.«
    Er lehnte sich zurück und betrachtete seine Untergebenen mit geläutertem Blick. Es war keine besonders homogene Schar, zumindest nicht vom Äußeren her. DeBries war seit einem Monat frisch geschieden und hatte die erste Zeit der Freiheit dazu genutzt, seine Garderobe zu verjüngen – das Resultat war etwas, das in erster Linie an einen aus dem Winterschlaf erwachten, entarteten Achtzigerjahre-Yuppie denken ließ. Oder einen notdürftig cleanen Rockkünstler der Sechziger beim Comeback, wie Reinhart
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