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Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Der Kommissar und das Schweigen - Roman

Titel: Der Kommissar und das Schweigen - Roman
Autoren: H kan Nesser
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ihn festzuhalten.
    Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul, dachte er. Zumindest ein Unterschied zwischen dem Leben und dem Schachspiel.
    Nein, da war es schon besser, seinen Blick für ein paar Stunden in die Zukunft zu richten und sich darauf zu konzentrieren, was noch zu tun war. Die Schlussphase an und für sich. Die Schuldigen mit den Anklagen zu konfrontieren. Sie dazu zu bringen, einzuknicken und zu gestehen. Ihnen die überwältigenden Beweise ins Gesicht zu schleudern und Zeuge ihres Zusammenbruchs zu werden.
    Die letzte Strophe. Der Zug zum Matt.
    Mit der kleinstmöglichen Anzahl von Zügen.
    Zwar hatte er nicht übel Lust, das den anderen zu überlassen, aber das war seine Sache, das wusste er. Auch das.
    Muster für Muster.
    Er gönnte sich nur einmal eine fünfzehnminütige Pause, und als er nach vier Tagen Abwesenheit wieder Grimm’s Hotel betrat, war es noch nicht später als halb ein Uhr nachts. Er bat, ins Gästebuch der Rezeption sehen zu dürfen, und fünf Minuten später klopfte er an Kommissar Reinharts Tür, zwei Bier in jeder Hand.
    Zwei helle und zwei dunkle.
     
    Zum ersten Mal seit diesem Nachmittag im Boot wusste er, in welche Richtung es ging. Es war dieses leicht ziehende Gefühl in den Leisten und Oberschenkeln, und er wusste, dass es wieder einmal soweit war. An der Zeit, damit fertig zu werden.
    Nach einem ziemlich blutleeren Actionthriller im Fernsehen ging er gegen zwölf Uhr ins Bett, versuchte sich in den Schlaf zu onanieren, schaffte es aber nicht. Blieb noch ein paar Stunden liegen und wartete, während der Sog in ihm wuchs und sich ausdehnte, bis er nahezu jeden Winkel in ihm ausfüllte. Der Zwang. Der böse Trieb.

    Schließlich stand er auf. Draußen war es immer noch dunkel, und er wartete noch eine Weile. Stand am Fenster und schaute auf die schmale Rötung über dem Wald im Osten. Dachte an die Mädchen. An deren gespreizte Beine und den flaumigen Schoß. An ihre nackte Hilflosigkeit. Dann zog er sich an. Überprüfte, ob er auch Kondome in der Brusttasche hatte, dieses kleine Extravergnügen, wenn er sie dazu zwang, ihm eines überzuziehen, war nicht zu verachten. Er lächelte seinem dunklen Spiegelbild zu, schlich die Treppe hinunter und durch die Küchentür hinaus.
    Holte das Fahrrad aus dem Schuppen. Kontrollierte den Luftdruck und klemmte den Gummiknüppel auf dem Gepäckträger fest. Fuhr los.
    Es dauerte zwanzig Minuten, bis er zur großen Straße kam. Beim kräftigen Trampeln kam er in einen Atemrhythmus, der zweifellos an einen anderen erinnerte, und die Bilder, die er vor seinem inneren Auge sah, waren kräftig und ohne Pardon.
    Ohne Pardon. Der schwarze Gummiknüppel, der eindrang und sich seinen Weg bahnte. Ihre nachgiebige Haut. Glatt und wunderbar nachgiebig. Das Loch, dieses Loch. Der Genuss ohne Sinn und Verstand. Die blanke Angst in ihren Augen, bevor er sie auslöschte ... sie schließlich auslöschte.
    Kräftige Bilder. Unwiderstehliche Bilder. Er sah auf die Uhr. Erst halb vier. Ihm war klar, dass er gezwungen sein würde, erst einmal ein paar Stunden im Wald zu liegen und zu warten, aber das war für ihn kein Hindernis. Die Hauptsache war, dass es wieder an der Zeit war. Dass er früher oder später – noch bevor dieser Tag, der gerade erst graute, zu Ende sein würde – ein neues Mädchen treffen würde, mit blondem Haar ... er hoffte, dass es diesmal eine mit langem blondem Haar sein würde, ja, wenn es möglich wäre, es sich auszusuchen, dann würde er genau so eine nehmen.
    Er trampelte weiter und lauschte seinem Puls, der in ihm sang.

37
    Es waren drei Autos.
    Im ersten fuhren Van Veeteren, Reinhart und Kluuge. Dahinter kamen Tolltse und Lauremaa. Als Letzte Jung und Servinus. Auf eigenen Wunsch war Suijderbeck im Polizeirevier geblieben, und es war natürlich nur vernünftig, dort eine gewisse Rückendeckung zu haben.
    Falls etwas passieren sollte, und es wäre ja nicht das erste Mal.
    Man fuhr genau um Viertel vor vier los, als das erste Morgengrauen nicht mehr als eine vage Ahnung über den Seen und den noch schlafenden Wäldern war. Das Wecken, Sammeln und Besprechen hatte seine Zeit gedauert; der Hauptkommissar hatte erzählt und berichtet und ohne besonders große Eile erklärt, aber als die Wahrheit so langsam jedem Einzelnen klar geworden war, wurde einstimmig beschlossen, dass es wohl kaum einen Grund gab, noch auf den neuen Tag zu warten.
    Besser, gleich zuzuschlagen – sowohl Reinhart als auch Van Veeteren wussten,
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