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Der Komet

Der Komet

Titel: Der Komet
Autoren: Hannes Stein
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Franz von Habsburg-Lothringen (geboren 1895 in Pola, heute Kroatien, gestorben 1948 in Kiew) identifizierte sich mit den Ukrainern, die er als unerlöstes Volk betrachtete. Er träumte vom Kosakenaufstand gegen die polnischen Adeligen im 17. Jahrhundert und wollte ihn gern siegreich zu Ende führen. Außerdem hatte er Sympathien für die Sozialdemokratie und verstand sich gut mit den sogenannten einfachen Menschen (Ukrainisch sprach er selbstverständlich fließend). Da er unter seiner habsburgischen Uniform ein besticktes Hemd trug, wurde er »Wassyl Wyschiwanni«, genannt: Wilhelm, der Bestickte – ein Spitzname, den er seinem wirklichen Namen (und allen Adelstiteln) vorzog. Hätte der Erste Weltkrieg mit einem Triumph der Habsburgermonarchie geendet, wäre das Reich neu geordnet worden – es hätte sich dann aus einem österreichischen, einem böhmischen, einem ungarischen und einem polnischen Königreich zusammengesetzt. In diesem Fall wäre Wassyl Wyschiwanni der Fürst einer semiunabhängigen Ukraine geworden. Wie es kam, wurde er nach der Niederlage Außenminister der kurzlebigen (auch diktatorischen und antisemitischen) Ukrainischen Volksrepublik. Nachdem die Soldaten der Roten Armee die Ukraine gestürmt und der Sowjetunion einverleibt hatten, ging Wassyl Wyschiwanni 1920 nach München ins Exil. Von dort verschlug es ihn nach Spanien, wo er eine Zeit lang im Immobiliengeschäft tätig war; von dort emigrierte er nach Paris, wo er sich in Nachtclubs herumtrieb und schwule Männerfreundschaften pflegte; am Ende wurde er in einen Skandal verwickelt und ging 1935 nach Wien.
    Nach dem »Anschluss« von 1938 wurde der ehemalige Erzherzog von der Gestapo überwacht. Gleichzeitig näherte er sich den Nazis ideologisch an: Er hatte die Hoffnung, die Deutschen würden die Ukrainer vom sowjetischen Joch befreien. In Wahrheit hatten die Nazis nichts dergleichen im Sinn – die Ukraine sollte dem Herrenvolk als Kornkammer dienen, ihre Bewohner sollten planmäßig ausgehungert werden. Als Wassyl Wyschiwanni dies erkannte, stellte er sich sofort gegen die Nazis; von 1941 an unterhielt er Kontakte zum britischen und französischen Geheimdienst. Nach Kriegsende spionierte er dann für den Westen gegen die Sowjetunion – alles im Interesse der ukrainischen Sache. 1948 wurde er am Wiener Südbahnhof von den Sowjets aufgegriffen, vier Monate lang verhört und endlich nach Kiew verschleppt; er starb 1947 im Gefängnis an Lungentuberkulose. Beigesetzt wurde er in einem anonymen Grab. Kein Denkmal steht für ihn in Lviv.
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    … der jüdische Dichter Ludwig Pfeuffer. Er wurde 1926 in Würzburg geboren, wuchs fromm auf, emigrierte 1936 (also im Alter von zwölf Jahren) ins britische Mandatsgebiet Palästina, änderte seinen Vornamen in »Jehuda« und nahm nach der Staatsgründung Israels einen neuen Nachnamen an: »Amichai« – zu Deutsch: Mein Volk lebt. Jehuda Amichai gehörte zu den bedeutendsten neuhebräischen Lyrikern. Er starb im Jahr 2000. Von ihm gibt es das Gedicht »Gott voll Erbarmen«, dessen Titel auf das jüdische Totengebet El Male Rachamim anspielt (aus dem Neuhebräischen wurde es von Efrat Gal-Ed und Christoph Meckel übersetzt):
    Gott voll Erbarmen,
    Wäre Gott nicht voll Erbarmen,
    Gäbe es Erbarmen in der Welt, nicht nur in ihm.
    Ich, der Blumen pflückte auf dem Berg
    Und in alle Täler schaute,
    Ich, der Leichen von den Hügeln trug,
    Kann sagen, dass die Welt von Erbarmen leer ist.
    Ich, der König des Salzes am Meer war,
    Der unentschlossen am Fenster stand,
    Der die Schritte der Engel zählte,
    Ich, dessen Herz Gewichte von Schmerz stemmt
    In den furchtbaren Wettkämpfen.
    Ich, der nur einen kleinen Teil
    Der Wörter des Lexikons verwendet.
    Ich, der Rätsel lösen muss gegen seinen Willen,
    Weiß: wenn Gott nicht voll Erbarmen wäre,
    Gäbe es Erbarmen in der Welt,
    Nicht nur in ihm.
    zurück zum Inhalt
    Weit, weit unter ihm trugen dort die Briten die Bürde des weißen Mannes. Die Schüsse auf Franz Ferdinand und Sophie Chotek von Chotkow haben die Kolonialvölker vom Joch des europäischen Imperialismus befreit. Eine Billardkugel stößt klickend an die nächste: die Schüsse von Sarajewo >> der Erste Weltkrieg >> der Zweite Weltkrieg >> das Ende der Kolonialreiche, weil der Imperialismus für die Kolonialmächte zu teuer geworden war. Schon aus diesem Grund hat es in der Geschichte kein Attentat mit weiterreichenden Folgen gegeben.
    Allerdings sollte man ehrlicherweise
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