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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas
Autoren: Florian Freistetter
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sich mit. Auch die Flutberge werden von der sich drehende Erde mitgerissen, obwohl sie das eigentlich gar nicht wollen. Der Wasserberg direkt unter dem Mond befindet sich daher nicht wirklich „direkt“ unter dem Mond, sondern ein bisschen weiter vorne, weil ihn die Rotation der Erde regelrecht anschiebt. Genauso läuft der Flutberg auf der Rückseite ein wenig hinterher, weil er hier der Erdrotation entgegenlaufen muss und gebremst wird.
    Dies ist die Reibung, die die Rotation der Erde verlangsamt! Der Mond verursacht Gezeitenberge aus Wasser, die um die Erde laufen und dabei nicht frei der Erdrotation folgen können, sondern durch die Anziehungskraft des Mondes gehalten werden. Dadurch entsteht eine Reibung, und die bremst die Erde ganz langsam ab. Der Effekt ist wirklich gering, aber messbar. Pro Jahr dreht sich die Erde aufgrund dieser Gezeitenreibung um 17 Mikrosekunden länger. Das ist wenig, im Laufe der Zeit aber summiert es sich. Vor 400 Millionen Jahren brauchte die Erde keine 24 Stunden, um sich einmal um ihre Achse zu drehen; sie schaffte es in 22 Stunden. Das Jahr hatte deswegen auch keine 365 Tage, sondern ganze 400!
    Die Abbremsung wird auch in Zukunft weitergehen. Die Erde wird immer langsamer und langsamer werden (ganz zum Stillstand kommen wird sie allerdings nicht). In ferner Zukunft wird der Mond sie so weit gebremst haben, dass sie für eine Drehung um ihre Achse genauso lange braucht wie der Mond für einen Umlauf um die Erde. Ist dieser Zustand erreicht, stoppt die Gezeitenreibung. Erdrotation und Mondumlaufzeit sind jetzt identisch, und die Flutberge liegen immer exakt unter dem Mond beziehungsweise genau auf der gegenüberliegenden Seite der Erde. Die Flutberge, die Erde und der Mond bewegen sich mit der gleichen Geschwindigkeit, und es gibt keine Abbremsung mehr. (Auf dem Mond selbst ist das schon passiert – siehe dazu Seite 193).
    Bis dies geschieht, wird aber noch sehr viel Zeit vergehen. 5 Derzeit dauert ein Tag noch die gewohnten 24 Stunden. Die Erde dreht sich weiter um ihre Achse, und die Schatten werden Tag für Tag wandern.
Satellitenfernsehen: Die ganze Wahrheit
    Wir stehen immer noch vor dem Haus und denken über den Mond nach. Währenddessen haben sich die Schatten schon wieder ein gutes Stück bewegt. Der Schatten der nachbarlichen Satellitenschüssel fällt jetzt auf einen ganz anderen Ort als zuvor. Während wir so die Fenster und Balkone in den Nachbarhäusern betrachten, fällt uns noch etwas auf. Die meisten von ihnen haben einen Fernsehapparat, und die meisten von ihnen benutzen eine Satellitenschüssel, um die Fernsehsender zu empfangen. Wenn wir genau hinsehen, merken wir, dass die Satellitenschüsseln nicht wahllos ausgerichtet sind. Die meisten von ihnen zeigen in dieselbe Richtung am Himmel. Das ist kein Zufall! Der Grund dafür liegt in der Struktur von Raum und Zeit selbst. Satellitenschüsseln verraten uns nämlich etwas über die fundamentalen Eigenschaften des Universums, in dem wir leben!
    Die Satellitenschüsseln sind natürlich deswegen auf eine bestimmte Position am Himmel gerichtet, damit sie das Signal des Satelliten empfangen können, der im All seine Runden um die Erde zieht. Damit man ein Fernsehprogramm sehen kann, muss man wissen, wo sich der Satellit befindet, ansonsten bleibt der Bildschirm schwarz. Das Wissen über die Bewegung der Himmelskörper bildetalso die Grundlage unseres Fernsehprogramms. Wir neigen dazu, über alltägliche Dinge nicht mehr nachzudenken. Wenn wir es schaffen, den Alltag mit frischem Blick zu betrachten, dann sehen wir eine Welt, die nichts mehr mit dem zu tun hat, was wir gewöhnt sind. So profan und alltäglich die Satellitenschüssel auch ist: Sie ist ein wunderbares Beispiel dafür. Sie fällt uns normalerweise überhaupt nicht auf. Wenn doch, dann ärgern wir uns höchstens über ihre Hässlichkeit. Doch wenn wir verstehen wollen, warum sie das tun kann, was sie tut, und warum sie auf einen bestimmten Punkt am Himmel gerichtet werden muss, so landen wir wieder in tiefer Vergangenheit – diesmal nicht des Universums, sondern des Menschen. Die Satellitenschüssel ist das Resultat jahrtausendelanger menschlicher Beschäftigung mit dem Himmel. Sie ist das Resultat wissenschaftlicher Revolutionen und sich wandelnder Weltbilder. Sie zeigt deswegen auf einen bestimmten Punkt am Himmel, weil das Fundament unseres Universums – Raum und Zeit – eine ganz bestimmte Struktur hat. Weil die Himmelskörper, also auch die
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