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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet
Autoren: Tony Hillerman
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Tagert zu imitieren.
    »»Versuch bloß mal'nen Schluck! Mußt dich ja nicht gleich betrinken. Bloß mal 'nen Schluck kosten.< Er wollte den Alten betrunken machen, damit Pinto mehr ausplauderte, als er eigentlich sagen wollte. Das hat mir Tagert auf dem Weg zu Pinto selbst erzählt. Er hat gesagt: >Engagiert man den alten Knaben, um sich etwas erzählen zu lassen, versucht er immer, die eine oder andere Kleinigkeit zurückzuhalten, aber bei Whiskey kann er nicht nein sagen. Wenn er also störrisch wird, setze ich ihn unter Alkohol - und sobald er betrunken ist, erzählt er mir ...< «
    Redd grunzte plötzlich. Er strengte sich an, um noch tiefer in den Felsspalt hineinzugreifen. »Ah«, sagte er, »jetzt hab' ich dich! «
    In diesem Augenblick stieß die Klapperschlange zu.
    Redd fuhr mit einem Aufschrei zurück, hielt die Satteltasche jedoch instinktiv weiter fest. Die große graue Schlange, die ihre Giftzähne in die Nackenmuskeln dicht unter seinem linken Ohr geschlagen hatte, hing zappelnd seitlich von seinem Hals herab. Redds lauter Schreckensschrei wurde zu einem entsetzten Gurgeln. Er ließ die Satteltasche fallen, packte die Rautenklapperschlange an ihrem flachen, dreiecksförmigen Kopf, riß sie los und schleuderte sie zwischen die Felsblöcke davon.
    Chee vergeudete etwa zwei Sekunden, in denen er das alles beobachtete. Zuerst war er zu verblüfft, um zu flüchten; dann glaubte er, Redd werde auch die Waffe fallen lassen. Als er es nicht tat, rannte Chee los.
    In schwierigem Gelände rasch voranzukommen, ist eine natürliche Gabe junger Männer, die in einer Kultur aufwachsen, in der läuferische Fähigkeiten geachtet werden und zugleich nützlich sind. Schon nach einer Minute wußte Chee, daß Redd ihn nicht mehr aufspüren konnte, und blieb stehen, um sich umzusehen und zu horchen. Der Schneefall hatte zugenommen, und die Flocken waren nicht mehr klein und trocken. Sie hafteten lange Sekunden an den schwarzen Felsen, bevor die im Gestein gespeicherte Wärme sie schmelzen ließ.
    Redd verfolgte ihn nicht. Damit hatte Chee auch nicht gerechnet. Obwohl Redd nicht allzu viel von Schlangen zu verstehen schien, hatte er bestimmt erkannt, daß es eine Klapperschlange gewesen war. Und vermutlich wußte er auch, wie verdammt gefährlich ein Schlangenbiß in den Hals war. Dort war das Gift nur eine Handbreit vom Gehirn entfernt. Nein, Redd würde sich beeilen, schleunigst Hilfe zu bekommen.
    Chee kletterte weiter und suchte einen Platz, von dem aus er die Felsformation überblicken konnte. Er fand einen und entdeckte Redd trotz des starken Schneetreibens fast augenblicklich. Er hatte die Felsen hinter sich gelassen und trabte den grasbewachsenen Hang in Richtung Arroyo davon. Wahrscheinlich zu seinem Bronco II, dachte Chee. Die Satteltasche schleppte er mit sich.
    Chee machte sich an den Abstieg, fand den Weg und folgte ihm zu seinem verschneiten Pickup.
    Das Fahrerfenster war eingeschlagen.
    Er setzte sich ans Steuer und versuchte, den Motor anzulassen. Ohne Erfolg. Chee entriegelte die Motorhaube, stieg aus und fand genau, was er befürchtet hatte.
    Redd hatte die Zündkabel herausgerissen.
    Chee blieb neben seinem Wagen stehen und stellte sich die nähere Umgebung wie auf einer Landkarte vor. Das nächste Telefon befand sich im Handelsposten von Red Rock. Die Entfernung dorthin? Mindestens fünfzehn Meilen, vermutlich eher mehr. Wenn er im Schneesturm die ganze Nacht durchmarschierte, konnte er den Handelsposten morgen früh etwa zur Öffnungszeit erreichen.

23  
    Kurz nach 10.30 Uhr drückte Chee im Federal Building in Albuquerque auf einen Knopf, um mit dem Aufzug nach oben zu fahren. Er sah aus wie ein Mann, der eine schlaflose Nacht damit verbracht hat, durch einen Schneesturm zu marschieren - und genauso war es auch gewesen. Wegen des Schneesturms war der ohnehin spärliche nächtliche Verkehr auf der Navajo Route 33 ganz zum Erliegen gekommen. Übrigens ein Schneesturm, der das ausgetrocknete Four Corners County mit weniger als fünf Zentimetern Schnee bedeckt hatte, die jedoch genügten, um die Leute zum Daheimbleiben zu veranlassen.
    Erst bei Tagesanbruch hatte Chee endlich den Handelsposten von Red Rock und damit ein Telefon erreicht. Von dort aus hatte er seine Dienststelle in Shiprock angerufen und alles gemeldet, was sich ereignet hatte. Danach hatte er bei Mesa Airlines angerufen und sich einen Platz in der Neun-UhrMaschine reservieren lassen. Zuletzt hatte er einen Frühaufsteher, einen
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