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Der Kojote wartet

Der Kojote wartet

Titel: Der Kojote wartet
Autoren: Tony Hillerman
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gestand er sich ein, daß er darüber nachdachte, weil er nicht an die Mitteilung denken wollte, die er Janet geschickt hatte. Wie Dendahl auch, aber den sollte der Teufel holen!
    Empfehle dringend einen Antrag auf Vertagung, hatte Chee beiden geschrieben. Ich glaube nicht, daß Pinto der Täter war. Redd war mit am Tatort. Er hat Oberst Ji erschossen. Ich glaube, daß er Tagert und Nez ermordet hat. Und ich glaube, daß wir das alles beweisen können.
    Wieder falsch geraten! Redd hatte Oberst Ji ermordet, weil er dachte, Ji habe zuviel gesehen. Er hatte befürchtet, Ji hätte die toten Banditen und die Briefmarken finden können.
    Danebengetippt. Wie dämlich er jetzt dastehen mußte. Und wie dämlich er sich fühlte.
    Chee aß langsam seinen Hamburger und dachte daran, wie Janet ihn im Aufzug umarmt hatte. War das vor oder nach Pintos Geständnis ihr gegenüber gewesen? Seine Erinnerung an diesen Augenblick sagte ihm, daß es danach gewesen sein mußte. Daß sie bereits gewußt hatte, daß Pinto schuldig war. Aber wozu dann diese Umarmung? Und es war eine wunderbare Umarmung gewesen, bei der sich Janet an ihn geschmiegt hatte. Die Umarmung war so ziemlich der einzige Lichtblick in dieser verfahrenen Situation.
    Dann kam Janet auf ihn zugehastet.
    »Ich hab' dich drinnen gesehen«, sagte sie und setzte sich neben ihn in die Nische. » Wieviel hast du mitbekommen, bevor du gegangen bist?«
    »Alles bis zu der Stelle, wo er gestanden hat, Delbert erschossen zu haben«, antwortete Chee. »Da bin ich lieber gegangen. Hab' ich was verpaßt?«
    »Nur noch Mr. Pintos Schlußwort über den Whiskey. Daß er alle zerstört, die mit ihm in Berührung kommen. Er hat das Gericht beschworen, sämtlichen Whiskey der Welt wegschütten zu lassen. Auf diese Gelegenheit hatte er gewartet. Das war auch der Grund für sein hartnäckiges Schweigen. Er hat sich daran erinnert, wie er einmal verurteilt und ins Gefängnis geschickt worden ist. Deshalb wollte er diese Gelegenheit nutzen, um die ganze Welt vor dem Whiskey zu warnen.«
    »War gut gemeint, schätze ich«, sagte Chee. »jedenfalls genau das, was man von einem verrückten alten Navajo-Schamanen erwartet. Das gesprochene Wort hat große Macht, weißt du.« Seine Stimme klang verbittert.
    Janet grinste nur. »Warum so sarkastisch? Es hat wirklich Macht. Hast du die Leute von der Presse gesehen? Der Alte wußte genau, wann er auspacken mußte!«
    Ihr Grinsen verschwand. »Ich hab' deine Nachricht bekommen. Du mußt mir alles erzählen. Über Odell Redd, meine ich.«
    »Okay«, stimmte Chee zu. »Möchtest du was essen?«
    »Danke, ich trinke nur einen Kaffee.« Sie machte der Bedienung ein Zeichen. »Wie bist du Redd auf die Schliche gekommen?«
    »Du meinst, wie ich herausbekommen habe, daß er Delbert Nez erschossen hat? Wie ich auch in dieser Beziehung versagt habe?«
    Ihr fiel sein Tonfall auf. Sie war jetzt ganz ernst.
    »Du hast keineswegs versagt. Du hast Ashie Pinto verhaftet. Du hast ihn trotz deiner Verletzungen festgenommen. Die Schuld liegt bei mir. Ich habe ihn für unschuldig gehalten.«
    »Yeah«, sagte Chee. »Schon gut.«
    »Ich hab' mich auch in anderer Beziehung getäuscht«, fuhr Janet fort.
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel in bezug auf dich«, sagte sie. »Du hast erreicht, daß ich eine Zeitlang geglaubt habe, du wolltest nur beweisen, daß du recht hast.«
    »Wie meinst du das?« fragte er.
    »Ach, vergiß es einfach!« sagte sie. Und zu Chees Überraschung umarmte Janet Pete ihn nochmals - diesmal sogar noch fester.

24  
    Leaphorn hatte den ganzen Morgen in seinem Dienstzimmer verbracht. Kurz nach zehn Uhr lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und genoß sekundenlang den Anblick, der sich ihm bot: Sein Eingangskorb war geleert, sein Ausgangskorb voll, aber ordentlich, der Schreibtisch leer. Oberall blankes Holz. Lediglich der Kugelschreiber auf der Schreibunterlage störte noch.
    Er griff nach dem Kugelschreiber, ließ ihn in die oberste Schublade fallen und betrachtete seinen Schreibtisch erneut. Noch besser.
    Dann befaßte er sich wieder mit dem Mordfall Nez. Er holte den Gallup Independent aus dem Papierkorb, in dem die Zeitung in seinem Anfall von Aufräumwut gelandet war. Er las den Bericht über Ashie Pintos Geständnis und seine Verdammung des Alkohols noch einmal.
    Leaphorn war Wort für Wort damit einverstanden. Der Tod in der Flasche, so hatte Pinto ihn genannt. Ganz recht! Elend, Sorgen und Tod.
    Wie die Zeitung meldete, hatte Richterin Downey
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