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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Italien.«
    Für mein Gefühl war die Angelegenheit damit erledigt, für Cromwell aber offenbar noch nicht.
    »My Lord d’Orbiou«, sagte er, »würdet Ihr zugestehen, daß einer meiner Sekretäre Euch nach Frankreich folgt und besagte Personen nach Pignerol begleitet?«
    Ich fand dieses Mißtrauen nahezu kränkend, aber da Cromwell sich in dieser Angelegenheit so unnachgiebig zeigte, hielt ich es für klüger, nicht im letzten Moment das Ganze zu gefährden.
    »Das sollte keine Schwierigkeit bereiten«, sagte ich.
    »Sehr gut denn«, sagte der Lord-Protektor. »Die Sache ist beschlossen und entschieden. Unsere Schiffe machen ab morgen die Blockade vor Dunkerque, und wenn eine spanische Flotte auftaucht, wird sie versenkt.«
***
     
    »Monsieur, auf ein Wort, bitte. Hat Cromwell sein Versprechen gehalten?«
    »Untadelig. Am nächsten Morgen beorderte er achtzehn Schiffe zur Seeblockade vor Dunkerque, und wenig später schloß Turenne die Stadt von der Landseite her ein. Zwar schickten die Spanier aus den Niederlanden eine Entsatzarmee, die jedoch geschlagen wurde. Dunkerque kapitulierte und wurde, gemäß unseren Vereinbarungen, den Engländern übergeben. Zum Glück verkaufte Karl II. von England, weil er dringend Geld benötigte, uns wenig später die Stadt samt Bewohnern für fünf Millionen Livres.«
    »Wer spricht jetzt aus Ihrem Mund, der Herzog von Orbieu oder der Autor?«
    »Der Autor.«
    »Nur gut. Denn ich fände es nicht schön, wenn der Herzog hiermit seine prophetische Ader beweisen wollte. Aber, was wurde aus Cromwell?«
    »Er machte einen so kraftvollen Eindruck, daß ich ihn für unsterblich gehalten hätte. Doch wenige Wochen nach meinem Besuch war er tot.«
    »Und wer beherbergte Sie in Calais?«
    »Zwei verwaiste Schwestern, Charlotte und Henriette.«
    »Und ging das gut?«
    »Liebe Freundin, Sie wollen mich als eitlen Gecken vorführen. Darum halte ich besser den Mund.«
    »Ihr gehaltener Mund kommt einer langen Rede gleich.«
    »Liebe Freundin, wie ich schon sagte, verlegen die Quartiermeister, um Konflikte zu vermeiden, Offiziere niemals in Häuser, wo es einen Gatten oder Liebhaber gibt.«
    »Und die ausgehungerten Tigerinnen fallen wie toll über den Neuankömmling her.«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Monsieur, sträuben Sie sich doch nicht. Ich halte ja meinen Mund. Sagen Sie mir lieber, wie Sie die Übergabe von Dunkerque an England sehen.«
    »Unser schönes Dunkerque, und diesen Puritanern ausgeliefert! Man möchte heulen vor Wut.«
    »Sie mögen die Engländer wohl nicht?«
    »Doch! Sie haben große Vorzüge, aber sie haben einen noch größeren Fehler: Sie sehen die Frauen auf den Straßen nicht an. Schöne Augen, schöner Mund, wiegende Hüften, reizende Brüste, nichts sehen sie.«
    »Aber Kinder machen sie genauso wie wir.«
    »Weil sie ihrer Bibel gehorchen: ›Seid fruchtbar und mehret euch.‹«
    »Monsieur, davon glaube ich kein Wort. Ihre Askese ist doch nur Schein. Sie lieben ihre Schönen nicht weniger als Sie, nur sozusagen mit verhülltem Antlitz.«
    »Madame, diese hübsche Bemerkung verdient, daß ich Ihnen das letzte Wort lasse.«

SECHZEHNTES KAPITEL
     
    Während Turenne Dunkerque nahm und die Spanier von den Plätzen, die sie an den französischen Küsten besetzt hatten, verjagte, erkrankte Ludwig am sechsten Juli 1658 in Mardick. Eiligst brachte man ihn nach Calais, so ernst war sein Zustand. Er litt unter einer schweren Migräne, die von hohem Fieber begleitet war, und, was die Ärzte am meisten beunruhigte, sein ganzer Körper wies purpurne Flecken und Schwellungen auf.
    Das Chinin der Jesuiten senkte das Fieber ein wenig, ohne daß aber die Migräne und die Flecken verschwanden. Selbstverständlich wurde purgiert und zur Ader gelassen, ohne den mindesten Erfolg. Man versuchte es sogar mit Zugpflastern, mit dem einzigen Ergebnis, daß Blasen zu den Schwellungen hinzukamen, die ohnehin schon den Körper des Kranken überzogen. Nun waren die königlichen Leibärzte mit ihrem Latein am Ende, das sie ja gut verstanden, aber auch mit der Medizin, von der sie wenig verstanden.
    Das Leiden verschlimmerte sich von Tag zu Tag, sein Leib schien verloren, und man begann sich seiner Seele anzunehmen. Die Priester brachten das heilige Viatikum, und Ludwig kommunizierte vollkommen ruhig.
    Die Hofschranzen richteten sich auf ein fatales Ende ein, doch nicht etwa weil sie irgendwelchen Groll gegen Ludwig gehegt hätten, vielmehr weil der Tod eines Königs ein so besonderes und
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