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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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Weib geboren wurde, solche Einrichtungen verboten, und das, Leser, war ein großer Jammer, denn was die Pariser dadurch an Tugend gewannen, büßten sie an Reinlichkeit ein.
    Gut erinnere ich mich meiner Begegnung mit Kardinal Mazarin am ersten März 1658. Wohl nahm jetzt er den Platz Richelieus ein, doch der Einnehmende glich dem Vorgänger nicht. Richelieu war ein olympischer Zeus gewesen, mit dem Blitz in Händen, durchdringendem Auge, knappem und unwiderruflichem Wort. Mazarin hingegen war liebenswürdig, konziliant, geschmeidig, eloquent, charmant, weshalb er den Damen des Hofes so sehr gefiel, daß sie ihn mit ihren weißen Händen am liebsten geraubt hätten, wäre ihnen die Königin nicht zuvorgekommen. Dies zeigte sie dem Hof, indem sie ihre schöne Hand auf die Schulter ihres Ministers legte, was besagen wollte, daß Mazarin gleichzeitig ihr weiser Mentor in der Reichsregierung war, aber auch daß er ihr gehörte, und wehe der Schamlosen, die versuchen sollte, ihn ihr zu nehmen.
    »Herzog«, sagte Mazarin mit einer Stimme, der sein italienischer Tonfall etwas Singendes gab, »sowohl die Regentin wie der junge König wissen um die bewunderswerten Dienste, die Euer Großvater, Euer Vater und Ihr selbst unseren Königen erwiesen habt; der Name Orbieu ist am Hof geradezu das Synonym für Treue geworden.«
    Nach diesem herrlichen Lob, das ich mit einer tiefen Verneigung entgegennahm, bei der mein Knie fast den Boden berührte, fuhr Mazarin rascher fort: »Herzog, es geht um folgendes. Die Spanier sind wieder einmal von den Niederlanden her in Frankreich eingefallen und haben Dunkerque besetzt. Ich finde diese Spielchen mit den verlorenen und wiedereroberten Festungen unerträglich, was uns jedoch nicht hindern soll, Dunkerque erneut zu nehmen. Turenne ist bereits mit einer starken Armee aufgebrochen, um die Belagerung aufzunehmen. Die Königin, der König, ich und Ihr«, setzte er lächelnd hinzu, »wir werden ihm folgen und in Calais Quartier beziehen. Euer Auftrag wird es sein, den Ärmelkanal zu überqueren, um die Engländeran unser Bündnis mit ihnen zu erinnern und sie zu drängen, daß sie mit ihren Schiffen eine Blockade vor Dunkerque errichten. Wenn das Manöver glückt«, setzte er hinzu, »überlas sen wir ihnen dann die eingenommene Stadt.«
    Ich muß sagen, ich war völlig sprachlos, als ich hörte, daß Mazarin den Engländern Dunkerque überlassen wollte, wenn sie uns helfen würden, es den Spaniern zu entreißen. Und dies eröffnete ich Fogacer, als wir bei einer guten Flasche meines Burgunders in meinem Kabinett saßen. Nur sein kleiner Babelon war zugegen, den anzusehen ich aber mied, zum einen um nicht Fogacers Eifersucht zu wecken, aber auch, weil ich abermals bedauerte, daß der Herrgott ihn nicht gleich zum Mädchen gemacht hatte. Es hätte ihn so wenig gekostet.
    »Wahrhaftig«, sagte Fogacer, »es ist ein verwunderliches Opfer, den Engländern Dunkerque zu überlassen, nachdem wir ihnen mit so großen Anstrengungen Calais entrissen haben. Doch gewinnen wir dabei viel. Künftig wird es nämlich den Engländern obliegen, über unsere atlantische Küste zu wachen und spanische Flottenverbände von ihr fernzuhalten. Im Grunde übernimmt es eine Verteidigung, die wir selbst nicht mehr zu leisten vermögen, weil unsere Flotte seit Richelieus Tod weder unterhalten noch vergrößert worden ist. Die Engländer nennen dies ein schönes Beispiel französischer Unbeständigkeit, und darin kann ich ihnen nur recht geben. Lieber Herzog, wann brecht Ihr auf?«
    »Zugleich mit dem König, der Königinmutter und dem Kardinal und mit demselben Ziel, Calais. Turenne und seine Armee sind bereits dort und haben Dunkerque umzingelt.«
    »Und hat Mazarin gesagt, warum er Euch mitnehmen will?«
    »Ja. Ich soll von Calais nach Dover übersetzen, um die Engländer aufzusuchen und unser Bündnis mit ihnen durch präzise Zusicherungen zu erneuern.«
    »Lieber Gott! Zweimal über den Ärmelkanal, inmitten der großen spanischen Schiffe, die dort wie die Haifische wimmeln. Sagt das um Himmels willen nicht Catherine!«
    »Für sie gehe ich nur nach Dunkerque, um spanische Gefangene zu befragen.«
    »Das ist das Gute an einem untreuen Ehemann: Er versteht sich aufs Lügen! Aber die Engländerinnen werden Euch wohl kaum verführen können. Sie sollen flachbrüstig sein, heißt es.«
    »Unsinn! Das ist eine Legende. Sie sind genausogut versehen wie die Französinnen.«
    »Demnach seid Ihr in den überseeischen Gefilden
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