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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Rebecca Gablé
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rechtfertigen«, fuhr der Junge fort, als hätte er ihn nicht gehört. »Es gibt keine Rechtfertigung. Aber …« Er brach ratlos ab.
    »Aber?«
    »Na ja. Ich denke, ich will, dass Ihr nicht tiefer getroffen seid als nötig. Und dass Ihr mich auch nicht in schlechterer Erinnerung behaltet als zwingend notwendig, wenn ich fort bin.«
    »Du meinst also, du gehst fort, ja? Wohin, wenn die Frage erlaubt ist?«
    »Harry … hat gesagt, er nimmt mich mit nach Bordeaux.«
    Jonah wandte den Kopf und sah ihn an. Cecil weigerte sich lange, den Blick zu erwidern, doch Jonah hatte keine Eile. Schließlich kam der Junge nicht umhin, wenigstens einmal kurz in seine Richtung zu schauen, ehe er den Kopf hastig wieder senkte. »Ich hoffe, Ihr lasst mich gehen, Sir. Ihr … Ihr werdet gewiss verstehen, dass ich nicht bleiben kann.«
    »Nein. Erklär’s mir.«
    Cecils gesunde Hand zuckte, und die Perlen stießen mit einem leisen hölzernen Klacken aneinander, ehe sie in neuer Formation wieder zur Ruhe kamen. »Ich habe Euch bestohlen und betrogen. Ich … tauge einfach nichts. Crispins ganze Mühe war umsonst, denn der Apfel fällt eben doch nicht weit genug vom Stamm, das habe ich jetzt begriffen. Ich … bin noch nicht ganz sicher, wie ich damit weiterleben soll, aber wenn überhaupt, dann kann ich es nur weit weg von hier.«
    Jonah nickte langsam, sagte jedoch: »Das kannst du dir aus dem Kopf schlagen.«
    Cecil sah ihn endlich richtig an, und sein Blick war ein erbarmungswürdiges Flehen. »Sir, ich bitte Euch …«
    »Spar dir die Mühe. Du denkst also, du taugst nichts, weil deine Eltern schlecht sind, ja? Du täuschst dich. Gott hat uns in seiner grenzenlosen Weisheit und Güte oder auch zu seiner persönlichen Belustigung einen freien Willen gegeben. Du hast nicht so gehandelt, weil es in deiner Natur liegt, sondern weil du keine bessere Lösung finden konntest. Du warst allein und standest vor einem Gegner, dem du nicht gewachsen warst, das ist alles. Es war eine ausweglose Lage. Ich habe die Gefahr nicht kommen sehen und dich in London gelassen und damit ausgeliefert. Ich schätze, wir haben beide einen Fehler gemacht.«
    Cecil hatte sich selten etwas so sehnlich gewünscht wie diese Absolution, aber jetzt konnte er ihr nicht trauen. »Ihr habt gut reden, Sir. Wenn Ihr der Sohn einer Hure und eines Halunken wäret …«
    »Meine Mutter war kein Muster an Keuschheit und mein Vater ein trunksüchtiger Spieler«, fiel Jonah ihm ins Wort, und sein Lehrling war so verblüfft ob dieser Eröffnung, dass er in aller Ruhe fortfahren konnte: »Natürlich muss jeder von uns mit dem Erbe leben, das er in sich trägt, aber ganz so schlecht, wie du annimmst, bist du gar nicht weggekommen. Du hast beispielsweise den Geschäftssinn deiner Mutter geerbt, nicht den deines Vaters, und das wäre ein guter Grund, um in die Kapelle zu gehen, auf die Knie zu fallen und Gott inbrünstig zu danken.«
    »Gott und ich haben einander nichts mehr zu sagen«, teilte Cecil ihm entschieden mit.
    Jonah nickte überzeugt, auch das konnte er gut verstehen, doch er entgegnete: »Das wird sich ändern. Du bist noch so jung und hast noch so viel vor dir. Gott ist ein Krämer, Cecil, und irgendwann wird er dir ein Angebot machen, das du nicht ausschlagen kannst.«
    Voller Zweifel sah der Junge auf den Rosenkranz in seiner Hand hinab und bat leise: »Lasst mich gehen, Sir.«
    Jonah stand auf, packte Cecil am Arm und zog ihn unerbittlich mit sich in die Höhe. Dann wies er auf die Philippa , die einStück zur Rechten lag und sacht in den Wellen der Themse dümpelte. »Sie segelt morgen nach Brügge und holt neue Weber und Färber für Sevenelms. Jeden Tag kann die Isabella einlaufen, den Bauch voll spanischer Vliese. Wollexport, Tuchproduktion und -handel, alles liegt danieder nach dem schwarzen Tod. Es gibt so furchtbar viel zu tun. Lucas wird nicht ins Geschäft eintreten, das weißt du so gut wie ich. Und Philip? Ja, vermutlich. Wenn er nicht vorher am Galgen endet. Aber er ist erst neun. Ich brauche deine Hilfe, Cecil.«
    Der junge Mann schaute ihn unsicher an, aber langsam stahl sich ein hoffnungsvolles, unternehmungslustiges Leuchten in seine Augen.
    »In ein paar Monaten kommt Crispins Kind zur Welt«, fuhr Jonah fort. »Ich denke, es wäre nur richtig, wenn du sein Pate würdest, nicht wahr? Seinem Kind etwas von dem zurückgibst, was er dir gegeben hat. Du siehst also, du kannst jetzt unmöglich von hier fort.«
    Cecil schlug verlegen die Augen nieder,
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