Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher
Autoren: Chris Carter
Vom Netzwerk:
sage es ungern, Doc, aber das hier ist ein Leichenschauhaus, kein Shoppingcenter. Außerdem war die Detonation nicht mal stark genug, um einen einzigen mittelgroßen Raum zu verwüsten.«
    Â»Ganz davon abgesehen«, ergänzte Garcia ohne eine Spur von Sarkasmus in der Stimme, »sind die meisten, die sich hier im Gebäude aufhalten, bereits tot.«
    Â»Aber warum würde sonst jemand eine Bombe in einer Leiche verstecken? Das ist doch völlig sinnlos.«
    Hunter erwiderte den ratlosen Blick der Rechtsmedizinerin. »Die Frage kann ich Ihnen im Moment noch nicht beantworten.« Er hielt kurz inne. »Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren. Ich nehme an, außer uns hat niemand diese Aufzeichnung gesehen?«
    Dr. Hove nickte.
    Â»Das sollte fürs Erste auch so bleiben«, entschied Hunter. »Wenn sich herumspricht, dass ein Killer eine Bombe im Körper seines Opfers versteckt hat, wird sich die Presse sofort daraufstürzen, und wir werden mehr Zeit damit verbringen, Interviews zu geben und dumme Fragen zu beantworten, als nach dem Täter zu suchen. Wir können es uns nicht leisten, Zeit zu verlieren, denn selbst wenn wir alle emotionalen Faktoren beiseitelassen, haben wir es immer noch mit jemandem zu tun, der wahnsinnig genug ist, eine junge Frau zu töten, einen Sprengsatz in ihrem Körper zu deponieren und sie dann zuzunähen – eine Tat, in deren Folge es noch zwei weitere unschuldige Todesopfer gegeben hat.«
    Erneut glänzten Tränen in Dr. Hoves Augen. Doch sie hatte im Laufe der Jahre schon bei vielen Fällen mit Hunter zusammengearbeitet, und es gab niemanden bei der Polizei, dem sie mehr vertraute. Sie nickte langsam, und zum ersten Mal an diesem Tag sah Hunter einen Ausdruck der Wut in ihrem Gesicht.
    Â»Versprechen Sie mir einfach, dass Sie dieses Schwein kriegen.«
    Bevor sie das Rechtsmedizinische Institut verließen, statteten Hunter und Garcia noch dem kriminaltechnischen Labor einen kurzen Besuch ab und nahmen alles mit, was bisher zu dem Fall vorlag. Die meisten Labortests würden einige Tage dauern. Da Hunter die Leiche am Fundort nicht gesehen hatte, waren die Berichte, Notizen und Fotos vorerst das Einzige, womit er arbeiten konnte.
    Er wusste bereits, dass die Leiche acht Stunden zuvor im hinteren Raum eines leerstehenden Fleischereibetriebs in East L. A. gefunden worden war. Ein anonymer Anrufer hatte die Polizei alarmiert. Hunter würde sich später noch eine Kopie der Aufzeichnung besorgen.
    Auf der Fahrt zurück nach East L. A. blätterte er langsam durch die Akte der Kriminaltechnik. Den Fotos vom Fundort zufolge war das Opfer unbekleidet abgelegt worden und hatte rücklings auf einem verschmutzten stählernen Arbeitstisch gelegen. Ihre Beine waren geschlossen und lang ausgestreckt, aber nicht gefesselt. Einer ihrer Arme hing seitlich vom Tisch herunter, die andere Hand lag auf ihrer Brust. Ihre Augen waren geöffnet, und Hunter hatte den Ausdruck in ihnen schon oft gesehen: nackte Angst.
    Unter den Fotos befand sich auch eine Nahaufnahme ihres Mundes. Ihre Lippen waren mit dickem schwarzem Faden zugenäht worden. Die einzelnen Stiche saßen wie Dornen in ihrem Fleisch. An den Stellen, an denen die Nadel die Haut durchstoßen hatte, war Blut ausgetreten und ihr über Kinn und Hals gelaufen. Das ließ den Schluss zu, dass sie zum fraglichen Zeitpunkt noch am Leben gewesen war. Eine weitere Nahaufnahme zeigte den Schambereich, mit dem der Täter auf dieselbe Weise verfahren war. Vagina und Schenkelinnenseiten waren ebenfalls voller Blut. Das Gewebe um die Einstichstellen herum war angeschwollen – ein weiteres Indiz dafür, dass sie noch mehrere Stunden gelebt hatte, nachdem sie mit Nadel und Faden so brutal zugerichtet worden war. Zum Zeitpunkt des Todes hatte sich in den Wunden bereits eine leichte Sepsis gebildet. ­Allerdings konnte das kaum die Todesursache gewesen sein.
    Als Nächstes nahm sich Hunter die Aufnahmen des Leichenfundorts vor. Die alte Fleischerei war verdreckt und voller Müll. Der Boden war übersät mit Crackpfeifen, alten Spritzen, benutzten Kondomen und Rattenkot. An den Wänden prangten unzählige Graffiti. Die Kriminaltechnik hatte so viele verschiedene Fingerabdrücke sichergestellt, dass man glauben konnte, in dem Raum hätte eine Party stattgefunden. Die bittere Wahrheit sah so aus: Das Einzige, was Licht in den Fall hätte bringen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher