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Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher
Autoren: Chris Carter
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Kühlzellen, in denen die Toten gelagert wurden, befanden sich auf der Raumseite, die am weitesten vom Explosionsherd entfernt gewesen war. Keine der Zellen schien beschädigt worden zu sein.
    Â»Wie viele Leichen waren denn zur Zeit der Explosion draußen, Doc?«, fragte er zögerlich.
    Dr. Hove wusste, dass Hunter bereits begriffen hatte. Sie hob die rechte Hand und streckte den Zeigefinger aus.
    Hunter atmete aus. »Es war also gerade eine Autopsie im Gange?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage, und er spürte, wie ihm kalt wurde. »Dr. Winstons Autopsie?«
    Â»Ach du Scheiße!« Garcia schlug sich die Hand vors Gesicht. »Nein.«
    Dr. Hove wandte den Blick ab, aber nicht schnell genug, um die Tränen zu verbergen, die in ihren Augen glänz­ten.
    Hunters Blick verweilte noch kurz auf ihr, bevor er sich wieder dem verwüsteten Raum zuwandte. Die Kehle wurde ihm trocken, und sein Herz krampfte sich vor Trauer zusammen. Hunter kannte Dr. Jonathan Winston seit mehr als fünfzehn Jahren. Solange er denken konnte, hatte Wins­ton das Rechtsmedizinische Institut von Los Angeles geleitet. Er war ein Arbeitstier und ein Meister seines Fachs, und er legte Wert darauf, sämtliche Leichen, bei denen die Todesumstände als ungewöhnlich gelten konnten, persönlich zu obduzieren. Aber vor allem war Dr. Winston für Hunter so etwas wie Familie. Ein echter Freund. Jemand, auf den er sich unzählige Male verlassen hatte. Jemand, den er achtete und bewunderte wie kaum einen Zweiten. Jemand, dessen Tod ein großes Loch in seinem Leben hinterlassen würde.
    Â»Es waren zwei Leute anwesend.« Einen Moment lang versagte Dr. Hove die Stimme. »Dr. Winston und Sean Hannay, ein einundzwanzigjähriger Sektionsassistent.«
    Hunter schloss die Augen. Er konnte nichts sagen.
    Â»Ich habe Sie angerufen, sobald ich Bescheid wusste«, sagte Dr. Hove.
    In Garcias Miene spiegelte sich fassungsloses Entsetzen. Er hatte im Laufe seiner Karriere schon viele Leichen ge­sehen, darunter einige, die von einem sadistischen Killer grausam zugerichtet worden waren. Aber noch nie hatte er eins der Opfer persönlich gekannt. Und obwohl er Dr. Wins­­ton erst drei Jahre zuvor kennengelernt hatte, waren sie in der kurzen Zeit gute Freunde geworden.
    Â»Was ist mit dem Assistenten?«, fragte Hunter schließlich. Zum ersten Mal überhaupt hörte Garcia die Stimme seines Partners zittern.
    Dr. Hove schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid. Sean Hannay war im dritten Jahr Pathologie an der UCLA . Er wollte Forensiker werden. Ich selbst habe vor sechs Monaten seinen Praktikumsantrag bewilligt.« Ihre Augen glänzten. »Er hätte eigentlich gar nicht hier sein sollen. Er ist nur eingesprungen.« Hove verstummte. Ihre nächsten Worte wählte sie sehr sorgfältig. »Ich hatte ihn darum gebeten. Eigentlich hätte ich Jonathan assistieren sollen.«
    Hunter sah, dass die Hände der Ärztin zitterten.
    Â»Es waren ungewöhnliche Todesumstände«, fuhr sie fort. »Bei solchen Fällen wollte Jonathan immer mich als Assistentin dabeihaben. Und ich hätte es auch gemacht, aber die Besprechung hat länger gedauert als erwartet, deswegen habe ich Sean gefragt, ob er für mich übernehmen kann.« Verzweiflung trat in ihre Augen. »Ich hätte heute hier sterben sollen, nicht er.«

5
    Hunter wusste genau, was in Dr. Hove vorging. Unmittelbar nach der Explosion hatte ihr Selbsterhaltungstrieb die Kontrolle übernommen, und sie hatte vor allem Erleichterung empfunden: Sie war davongekommen. Doch jetzt meldete sich ihr Verstand zurück, und mit ihm kam das schlechte Gewissen, das sie auf die schlimmste nur denkbare Weise bestrafte. Wenn meine Besprechung nicht länger gedauert hätte, wäre Sean Hannay jetzt noch am Leben.
    Â»Nichts davon ist Ihre Schuld, Doc«, versuchte Hunter, sie zu trösten, obwohl er wusste, dass Worte nicht viel ausrichten würden. Bevor sie das Geschehene verarbeiten konnten, mussten sie erst einmal herausfinden, was überhaupt passiert war.
    Hunter machte einen Schritt auf die Tür des Sektionssaals zu und versuchte, das, was er sah, zu begreifen. Im Augenblick ergab noch nichts einen Sinn. Dann blieb sein Blick plötzlich an etwas hängen, und er kniff kurz die Augen zusammen, bevor er sich zu Dr. Hove umdrehte.
    Â»Werden die Obduktionen manchmal auf Video aufgezeichnet?«,
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