Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Knochenbrecher

Der Knochenbrecher

Titel: Der Knochenbrecher
Autoren: Chris Carter
Vom Netzwerk:
schmutzige, stinkende Abwässer gewatet, als plötzlich etwas von der Decke auf seinen Rücken fiel und an seinem Hemd zu zerren begann. Reflexartig griff er danach und schleuderte es so weit von sich fort, wie er nur konnte. Als es hinter ihm ins Wasser platschte, quiekte es auf, und da erst sah Robert, was es war.
    Eine Ratte, so groß wie seine Butterbrotdose.
    Langsam und mit angehaltenem Atem drehte er sich nach rechts. An der Wand wimmelte es nur so von Ratten jeder Art und Größe.
    Er begann zu zittern.
    Ganz vorsichtig drehte er sich zur linken Wand. Noch mehr Ratten. Und er hätte schwören können, dass sie ihn alle anstarrten.
    Ohne nachzudenken, rannte er los, so schnell er konnte. Bei jedem Schritt spritzte das Wasser hoch auf. Nach hundertfünfzig Metern gelangte er an eine Eisenleiter, die zu einer weiteren Schachtabdeckung führte. Auch diese ließ sich nicht bewegen. Er kletterte zurück in den Tunnel und rannte weiter. Noch zweihundert Meter, wieder ein Kanal­einstieg, und hier hatte Robert endlich Glück. Der Deckel lag nur halb über der Öffnung, und es gelang ihm, seinen mageren Körper durch den Spalt zu zwängen.
    Die Batman-Butterbrotdose von seiner Mutter hatte er immer noch. Genauso wie Angst vor Ratten.
    Hunter schob die Erinnerung beiseite und richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt. Das einzige weitere Möbelstück im Raum war der Fleischertisch, auf dem die nackte Leiche gelegen hatte. Er stand etwa zwei Me­ter von der geöffneten Tür zum Kühlraum entfernt. Hun­ter musterte den Tisch lange aus der Entfernung. Irgend­etwas kam ihm seltsam vor. Der Tisch war viel zu hoch. Als er den Blick weiter nach unten richtete, sah er, dass unter jedem der vier Beine mehrere aufeinandergestapelte Ziegelsteine lagen, mit deren Hilfe der Tisch um gut dreißig Zentimeter erhöht worden war.
    Genau wie auf den Fotos der Spurensicherung war der Fußboden übersät mit Lumpen, benutzten Kondomen und weggeworfenen Spritzen. Hunter ging in den Raum hinein. Er machte kleine, vorsichtige Schritte und hielt den Blick gesenkt, um zu sehen, wohin er trat. Die Temperatur schien um mindestens drei Grad höher zu sein als draußen, und er spürte, wie ihm der Schweiß ins Kreuz rann. Als er sich dem Edelstahltisch näherte, wurde das Summen der Fliegen lauter.
    Doch trotz der Fliegen, des Übelkeit erregenden Gestanks und der brütenden Hitze ließ Hunter sich Zeit. Er wusste, dass die Kriminaltechniker alles Menschenmögliche getan hatten, aber Tatorte gaben mehr her als bloß materielle Beweise. Und Hunter hatte die ganz besondere Gabe, sie lesen zu können.
    Langsam umrundete er den Tisch, insgesamt fünfmal. Die zentrale Frage, die ihm im Kopf herumging, war, ob die Frau in dem Raum gestorben war oder ob der Täter ihre Leiche lediglich dort abgelegt hatte.
    Hunter beschloss, sich den Raum aus der Sicht des Opfers anzusehen.
    Er setzte sich auf den Tisch und legte sich genau so hin, wie man die unbekannte Tote aufgefunden hatte. Dann knipste er die Taschenlampe aus. Er lag ganz still da und ließ die Geräusche, den Geruch, die Hitze und die Dunkelheit auf sich wirken. Das Hemd klebte ihm schweißnass am Körper. Vom Foto erinnerte er sich noch an den Ausdruck in ihren Augen, an die Miene des Entsetzens, zu der ihre Züge erstarrt waren.
    Er schaltete die Taschenlampe wieder ein, blieb aber liegen und betrachtete die Graffiti an der Decke.
    Es fiel ihm fast sofort auf. Er kniff die Augen zusammen und setzte sich hin, den Blick auf eine Stelle an der Decke direkt über dem Tisch gerichtet. Drei Sekunden später begriff er, und seine Augen weiteten sich.
    Â»Grundgütiger!«
    8
    Katia Kudrov stieg aus der Duschwanne und schlang sich ein weißes Handtuch um die schulterlangen schwarzen Haare. Duftkerzen erleuchteten ihr luxuriöses Bad im Penthouse eines exklusiven Apartmentgebäudes in West Hollywood. Die Kerzen halfen ihr beim Entspannen. Und an diesem Abend hatte sie Entspannung bitter nötig.
    Katia hatte soeben ihre erste Amerika-Tournee als Konzertmeisterin des Los Angeles Philharmonic Orchestra beendet. Fünfundsechzig Konzerte in ebenso vielen Städten in siebzig Tagen. Die Tournee war ein phänomenaler Erfolg gewesen, aber nach dem mörderischen Programm war sie am Ende ihrer Kräfte. Sie freute sich auf eine wohlverdiente Auszeit.
    Katia hatte bereits im
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher