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DER KLEINE TOD (German Edition)

DER KLEINE TOD (German Edition)

Titel: DER KLEINE TOD (German Edition)
Autoren: Norma Banzi
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schmollend zurück.
"Nun, wie kommen Sie an Grakar-Gift? Ich weiß, dass die Grakar ihr Gift nicht verkaufen. Sie sehen es als Sakrileg an, als schwerwiegenden Eingriff in ihre Persönlichkeitssphäre", fragte der Arzt, während er Kito ein Medikament zum Schutz von Lebern und Nieren spritzte. "Es ist der Kleine Tod, denke ich", meinte Kito.
"Der Kleine Tod?", fragte der Arzt.
Kito erklärte ihm, was es damit auf sich hatte.
"Interessant!", meinte der Arzt. "In meinem Beruf lernt man doch immer etwas dazu."
"Was habe ich jetzt genau, Doktor?"
"Sie sind süchtig nach ihrem Grakar-Liebhaber", entgegnete der Arzt. "Beziehungsweise nach seinem Gift. In den letzten drei Wochen wurden sie regelmäßig damit versorgt. Ihr Körper reagiert mit Schweißausbrüchen, Nervosität und Zittern auf die Abwesenheit des begehrten Giftes."
"Oh!", meinte Kito verblüfft. "Vor dem Bürgerkrieg hatte ich schon einmal eine Beziehung zu einem Grakar. Als mein Liebhaber starb, hatte ich keine ähnlichen Reaktionen."
"Waren sie nervös und schlecht gelaunt?"
Kito grübelte nach, nickte dann. "Ich hielt es für eine Reaktion auf den Bürgerkrieg."
"Sie können in ein Krankenhaus gehen und sich in einer Heilkapsel sofort entgiften lassen. Oder sie machen einen etwas längeren Entzug unter meiner Aufsicht. Ich würde jeden Morgen kommen, ihnen eine Substanz spritzen, die die Entzugserscheinungen lindert. Der Vorteil an dem längeren Entzug wäre, dass sie die Antikörper gegen das Grakar-Gift nicht verlieren würden. Diese Antikörper sind ihnen vielleicht noch einmal nützlich."
"Ich bin noch zehn Tage auf Zalqure", überlegte Kito.
"Bis dahin dürften sie sich von den Folgen des Kleinen Todes erholt haben."
"Im nächsten Jahr bin ich wieder mit meinem Liebhaber verabredet. Muss ich dann auf den Kleinen Tod verzichten?", fragte Kito mürrisch.
"Nun, die Sucht nach Grakar-Gift ist meines Wissens nicht erforscht. Anhand anderer Suchtstudien würde ich Ihnen aber nicht empfehlen, dass Sie sich regelmäßig den Kleinen Tod geben lassen."
Mürrisch bleckte Kito die Zähne. Nachdem der Hotelarzt ihm das Entzugsmittel gespritzt hatte, beruhigte sich sein Körper.
"Wann wäre es Ihnen recht, dass ich Sie morgen aufsuche?", fragte der Arzt zuvorkommend.
"Ich komme zu Ihnen", knurrte Kito.
"Wie Sie wünschen", meinte der Arzt und verließ seinen Patienten.

Laute Geräusche aus dem Schlafzimmer veranlassten der besorgten Tian, nach seinem Liebhaber zu sehen. Er fand ihn in rasender Wut, die wertvolle Einrichtung zertrümmernd. Erschrocken blieb er an der Tür stehen und beobachtete, wie Kito gerade einen fein gearbeiteten Stuhl aus antikem Holz auf dem dazu passenden Tisch zerschmetterte.
"Was ist denn nur in dich gefahren?", rief Tian erschrocken aus. Kito griff sich den zweiten Stuhl der Sitzgruppe und näherte sich damit bedrohlich seinem Geliebten. "Verschwinde!", fauchte er ihn an. Sein Gesicht war tränennass.
"Du weinst ja", stellte Tian fest.
"Das geht dich nichts an!"
Da Kito den Stuhl gegen ihn erhob, beeilte sich Tian, den Raum wieder zu verlassen. Der Stuhl prallte gegen die Tür, die hinter ihm ins Schloss fiel.

Alles Lüge!
Inmitten der Trümmer seines Hotel-Schlafzimmers ließ Kito sich erschöpft auf das Bett fallen. Hatte er jemals geliebt oder waren alle Gefühle, die er für die Grakar Ruy und Charra gehegt hatte, seiner Gier entsprungen, sich mit ihrem Gift zu versorgen? Er wusste es nicht. Wie nie zuvor zweifelte er daran, überhaupt lieben zu können. Der Tänzer fühlte sich leer und ausgelaugt. Er beugte sich zu seinem Nachttisch, zog eine Schublade auf und griff sich die darin verborgene Phiole Grakar-Gift, das Abschiedsgeschenk Charras. Es war ein sehr persönliches Präsent und zeugte von der tiefen Zuneigung, die der General für seinen Liebhaber empfand. Natürlich war Kito dankbar, sich bewusst, dass er geliebt wurde. Bei Gandyr! Charra hatte es sich nicht nehmen lassen, seinem Liebhaber das von ihm befehligte Kriegsschiff samt voller Mannschaftsstärke zur Verfügung zu stellen, damit dieser sich rechtzeitig an seinem Urlaubsort, dem Planeten Zalqure, einfinden konnte. Auch wenn man in Betracht zog, dass in der dauerhaft hochgerüsteten Kultur der Kinder Uls viele Patarine die unter ihrem Kommando stehenden Militärschiffe auch privat nutzten und für Reisen in die Hoheitsgebiete anderer ul`chanischer Völker verwendeten, eine Präsentation der Stärke und finanziellen Leistungsfähigkeit, hatte diese Entscheidung Charras
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