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DER KLEINE TOD (German Edition)

DER KLEINE TOD (German Edition)

Titel: DER KLEINE TOD (German Edition)
Autoren: Norma Banzi
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zugunsten eines ganz und gar unbedeutenden Tänzers, der nicht einmal seinem Stamm angehörte, etwas Anmaßendes an sich. Aber wahrscheinlich konnte er sich als General und Stellvertreter Darrs derartige Extravaganzen leisten. Leider hatte er selbst auf Grakar bleiben müssen, weil er seine Pflichten wegen Kito schon viel zu lange vernachlässigt hatte.
Der Tänzer drehte und wendete das Gift in seiner Hand. Er war versucht auszuprobieren, ob es genügte, um ihn ein für alle Mal von seiner Einsamkeit zu befreien. Aber wahrscheinlich hatte Charra es sehr gut dosiert. Es mochte jemanden töten können, der nicht daran gewöhnt war, aber nicht Kito.
Wie eigenartig, dass man sich am Feuer der Liebe so wenig dauerhaft wärmen konnte, wenn es einem zwar entgegenloderte, man es aber selbst nicht empfand. Die Phiole verschwand wieder in der Schublade. Gähnend legte sich Kito auf dem Bett zurück und zog, da ihm kalt war, die Decke über sich zurecht . Vielleicht hatte der Arzt ihm mit der Spritze auch ein Schlafmittel zugeführt, denn er konnte seine Augen nicht mehr offen halten.

Wie ein Blitz fuhr der Schrecken in seine Glieder. Sein Oberkörper zuckte hoch und seine Arme schlugen wild um sich. Schlaftrunken riss Kito die Augen auf. In der Morgendämmerung erspähte er die Umrisse einiger auf dem Boden liegender Holztrümmer. Es schien, als habe sie jemand notdürftig zusammengeräumt. Ein gleichmäßig atmender Körper lag neben ihm. Der gute Tian schlief fest an seiner Seite. Seufzend schmiegte sich Kito an ihn und wartete, wie schon so viel Male zuvor darauf, dass sein Herzschlag sich beruhigte und die Panik aus seinem Körper wich. Dabei ließ er den Blick durch das verwüstete Zimmer schweifen. Soweit die Dämmerung freigab, was er am Tag zuvor angestellt hatte, fühlte er jetzt nur noch Verwunderung über seinen Wutanfall. War es die gut durchschlafene Nacht, die ihn akzeptieren ließ, was der Arzt ihm eröffnet hatte? Kito freute sich, dass Tian sich über seinen Rausschmiss hinweggesetzt und die Nacht bei ihm verbracht hatte. Wenn man schon auf solch miese Art erwachen musste, war es schön, sich an jemanden schmiegen zu können, der durch seine Anwesenheit Trost spendete, auch wenn er schlief wie ein Stein. Wenn Tian erst einmal eingeschlafen war, konnte ihn so schnell nichts wecken. Amüsiert machte sich Kito seine Gedanken über diese beneidenswerte Fähigkeit. Dabei stellte er Vergleiche zwischen dem Geliebten und dem Liebhaber Charra an. Als Krieger hatte der Grakar einen leichten Schlaf. Aber selbst er schlief ruhiger als Kito. Dieser beneidete die beiden um ihre Schlafgepflogenheiten. Der Tänzer bemerkte verwundert, wie heftig er den Grakar zu vermissen begann. Er erinnerte sich an so vieles, an ihre Ausflüge, die ihm eigentlich zu viel gewesen waren, die er aber jetzt nicht mehr missen wollte, an Charras Humor, sein Lachen und seine Fürsorge. Wie farbenprächtig doch seine Schuppen gewesen waren! Als Kito an den Körper seines Liebhabers dachte und an das herrliche Farbspiel der Schuppen während der Liebe, spürte er ein angenehmes Ziehen in den Lenden. Er war zu matt, um es sich entwickeln zu lassen, doch er freute sich, dass er es verspürte.
Glücklich drückte er Tian einen Kuss auf den regungslosen Hinterkopf. Er vermisste den Grakar! Und zwar nicht nur um seines trügerischen Giftes willen. Davon überzeugt, dass er doch von der Liebe berührt worden war, schlief Kito ein.
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