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Der kleine Freund: Roman (German Edition)

Der kleine Freund: Roman (German Edition)

Titel: Der kleine Freund: Roman (German Edition)
Autoren: Donna Tartt
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schreiend umgefallen, ehe jemand auf einen dieser Stolperdrähte treten und den ganzen Laden in die Luft jagen konnte.«
    »Farsh hat ein paar psychische Probleme«, sagte Eugene nach kurzem, verdattertem Schweigen. Die Sonne schien ihm geradewegs in die Augen, und ihm war sehr unbehaglich zumute. »Er war in der Klinik.«
    »Ja, und vorbestraft ist er auch.«
    Der Cop schaute Eugene unverwandt an. »Hören Sie«, sagte Eugene und schlug krampfhaft die Beine übereinander. »Ich weiß, was Sie denken. Ich hatte ein paar Probleme, das geb ich zu, aber das ist vorbei. Ich hab Gott um Vergebung gebeten, und dem Staat hab ich gegeben, was ich ihm schuldig war. Jetzt gehört mein Leben Jesus Christus.«
    »M-hm.« Der Cop schwieg ein Weilchen. »Dann sagen Sie mir mal, welche Rolle spielt Ihr Bruder Danny bei alledem?«
    »Er und Farsh sind zusammen weggefahren, gestern Morgen. Das ist alles, was ich weiß. Mehr nicht.«
    »Ihre Großmutter sagt, sie hätten Streit gehabt.«
    »Streit würde ich eigentlich nicht sagen«, antwortete Eugene nach einer nachdenklichen Pause. Es gab keinen Grund, die Sache für Danny schlimmer zu machen, als sie es ohnehin schon war. Wenn Danny nicht auf Farish geschossen hatte – na, dann würde er eine Erklärung haben. Und wenn er es doch getan hatte – was Eugene befürchtete –, dann konnte Eugene nichts sagen oder tun, um ihm zu helfen.
    »Ihre Großmutter sagt, es hätte beinahe eine Prügelei gegeben. Danny hätte irgendwas getan, was Farish wütend gemacht hätte.«
    »Hab ich nicht gesehen.« Typisch Gum, so was zu sagen. Farish
ließ Gum niemals in die Nähe der Polizei. Sie war so parteiisch in ihrer Beziehung zu ihren Enkeln, dass sie imstande war, sich über Danny oder Eugene zu beklagen und sie wegen dieser oder jener Kleinigkeit in die Pfanne zu hauen, während sie Farish in den Himmel hob.
    »Na schön.« Der Cop drückte seine Zigarette aus. »Ich wollte nur eins klarstellen, okay? Das hier ist ein Gespräch, Eugene, keine Vernehmung. Es hat ja keinen Sinn, Sie mit aufs Revier zu nehmen und Ihnen Ihre Rechte vorzulesen, wenn es nicht sein muss. Sind wir uns da einig?«
    »Ja, Sir«, Eugene schaute ihm in die Augen und gleich wieder weg. »Danke, Sir.«
    »Also. Ganz unter uns. Wo, glauben Sie, ist Danny?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Na, nach allem, was ich höre, standen Sie sich alle ziemlich nah«, sagte der Cop in dem gleichen vertraulichen Ton. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er irgendwohin verschwindet, ohne es Ihnen zu sagen. Gibt’s Freunde, von denen ich was wissen sollte? Verbindungen über die Staatsgrenzen? Allein und zu Fuß kann er ja nicht allzu weit gekommen sein, nicht ohne irgendwelche Hilfe.«
    »Wieso glauben Sie, dass er abgehauen ist? Woher wissen Sie, dass er nicht irgendwo liegt, tot oder verletzt wie Farish?«
    Der Cop verschränkte die Hände um sein Knie. »Das ist jetzt interessant, dass Sie das fragen. Denn gerade heute Morgen haben wir Alphonse de Bienville in Gewahrsam genommen, um ihm genau die gleiche Frage zu stellen.«
    Das war ein neuer Aspekt. Eugene dachte darüber nach. »Glauben Sie, Catfish hat es getan?«
    »Was getan?«
    »Auf meinen Bruder geschossen.«
    »Tja.« Der Cop starrte eine Weile ins Leere. »Catfish ist ein flotter Geschäftsmann. Bestimmt sah er die Chance, ein paar schnelle Mäuse zu machen, indem er sich Ihr Unternehmen vornahm, und wie es aussieht, hatte er das vor. Aber da liegt das Problem, Eugene. Wir können Danny nicht finden, und wir
können die Drogen nicht finden. Und wir haben keinerlei Indiz dafür, dass Catfish weiß, wo sie sind. Damit sind wir wieder zurück auf LOS. Und deshalb hab ich gehofft, Sie könnten mir ein Stückchen weiterhelfen.«
    »Tut mir Leid, Sir.« Eugene rieb sich den Mund. »Ich weiß wirklich nicht, was ich für Sie tun kann.«
    »Tja, vielleicht sollten Sie dann noch ein bisschen nachdenken. Immerhin geht es hier um Mord.«
    »Mord?« Eugene war wie vom Donner gerührt. »Farish ist to t ?« Einen Moment lang bekam er in der Hitze keine Luft mehr. Er war seit über einer Stunde nicht mehr oben auf der Intensivstation gewesen; er hatte Gum und Curtis allein wieder hinaufgehen lassen, nachdem sie in der Cafeteria Gemüsesuppe und Bananenpudding gegessen hatten, und war noch sitzen geblieben, um eine Tasse Kaffee zu trinken.
    Der Cop machte ein überraschtes Gesicht, aber ob die Überraschung echt oder gespielt war, konnte Eugene nicht erkennen.
    »Das wussten Sie nicht?«
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