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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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was sie meinte, und schüttelte den Kopf. »Mein Vater …« Er holte tief Luft, dann blickte er zu der Wasserkanne auf ihrem Nachttisch. Sie deutete auffordernd darauf, und er goss sich etwas ein und nahm mehrere große Schlucke, als müsse er sich erst fassen, bevor er weitererzählen konnte.
    Schließlich war er so weit. »Als Eileen begriff, dass ich alles rausgefunden hatte, hat sie meinem Vater gesagt, dass sie mich umbringen sollten. Zum Wohle des Experiments, zum Wohle der ganzen Welt.«
    Offensichtlich hatte sie ihren Chef falsch eingeschätzt. Trotz dem, was aus ihm geworden war, hatte Phineas sein einziges Kind geliebt, das hatte Ronnie gleich bei ihrer ersten Begegnung gespürt.
    »Sie waren ein Paar, weißt du.«
    Ihre Augen weiteten sich. Das schockierte sie nun doch.
    Er nickte, als er ihre Reaktion sah. »Wirklich. Sie wollte ihn heiraten, hätte ihm jeden Wunsch erfüllt. Sie hat auch als Erste gemerkt, dass er langsam den Verstand verlor, und sie hätte alles getan, um ihn zu schützen – und wenn sie mich dafür hätte töten müssen.«
    »Er hätte niemals …«
    »Nein. Er wollte es nicht zulassen. Stattdessen hat er sie getötet. Hat hinter ihrem Haus auf sie gewartet und sie kaltblütig erschossen.« Jetzt liefen ihm ungehindert die Tränen. »Er war ein völlig anderer Mensch – ich bringe dieses Ungeheuer immer noch nicht mit meinem lieben, versponnenen Vater zusammen.«
    Auf Philips Schultern musste eine unvorstellbare Bürde lasten – und zwar für immer. Er fragte sich bestimmt, wie er das hatte übersehen können, nicht hatte merken können, was vor sich ging, aber keiner von ihnen hatte es bemerkt. Abgesehen von ein paar Rissen, die Ronnie in den letzten Wochen aufgefallen waren, hatte Phineas die Fassade des freundlichen, warmherzigen, zurückhaltenden Genies ziemlich erfolgreich aufrechterhalten.
    »Muss dich was fragen«, flüsterte sie.
    »Ja?«
    »Phineas … farbenblind?«
    Philip nickte langsam. Das erklärte alles. Mehr wollte sie jetzt gar nicht wissen.
    Das Genie war von seiner eigenen brillanten Erfindung in den Wahnsinn getrieben worden.
    Sie war müde, ihre Gedanken wirbelten ihr wild durch den Kopf, und einer ließ ihr denn doch keine Ruhe.
    Tate, O’Neal, all diese anderen Männer – sie waren durch das OEP -Gerät, das in ihre Köpfe implantiert worden war, geisteskrank geworden. Durch das gleiche Gerät, das auch in Ronnies Kopf steckte. In Jeremys Kopf. In Marks. In den Köpfen von fünftausend weiteren Menschen.
    Sie schluckte trocken und ließ diesen furchterregenden Gedanken zu.
    Was, wenn es noch mehr … Fehler gab? Weitere Probleme, die Dr. Tate bloß noch nicht entdeckt hatte?
    Und nachdem er und Dr. Cavanaugh nun tot waren, wer konnte sie dann überhaupt noch beheben?
    Zum ersten Mal, seit sie sich erinnern konnte, verspürte Ronnie echte, nackte Angst. Mit Irren und Waffen und Messern und Dunkelheit wurde sie fertig. Aber das Unbekannte – diese Unsicherheit – war für sie erschreckender als alles, was sie sich vorstellen konnte.
    Die Zimmertür ging auf, und Jeremy kam herein, in den Händen schon wieder einen riesigen Blumenstrauß. Noch mehr Rosen. Rote Rosen. Von ihm. Das war das fünfte Dutzend innerhalb von drei Tagen. Er hatte gesagt, er würde so lange welche mitbringen, bis es keinen Platz mehr für die Vasen gab.
    Ihre Mutter fand das unglaublich romantisch und fing jedes Mal an zu gurren, wenn sie die Blumen sah. Ronnie fand das, na ja, schon irgendwie romantisch, aber von dem ganzen Rosenduft wurde ihr langsam schlecht.
    »Hallo, Tate«, sagte er und nickte dem anderen Mann zu.
    Philip erhob sich und streckte ihm die Hand hin. Ronnie wusste, dass die beiden einander bereits über den Weg gelaufen waren, seit sie hier war. Jeremy hatte sich so gut wie eben möglich dafür entschuldigt, dass er Philips Vater getötet hatte. Und Philip hatte ihn so gut wie eben möglich um Verzeihung dafür gebeten, dass sein Vater sie beide hatte umbringen wollen.
    Die zwei Menschen, die eigentlich Erklärungen und Entschuldigungen liefern sollten – Phineas und Eileen –, waren fort, zusammen mit ihrem Wahn und ihren Geheimnissen und ihren Intrigen. Die Hinterbliebenen versuchten zu begreifen, es wiedergutzumachen und weiterzugehen.
    Ronnie hoffte bloß, dass sie das auch wirklich alle schafften und nicht noch mehr Menschen unter dem Experiment litten, auf das sie sich alle so bereitwillig eingelassen hatten.
    Philip blieb nicht lange. Er meinte, er
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