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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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stellten sie sicher, dass Ronnie nicht aufstand, sich anzog und aus dem Krankenhaus abhaute.
    Als sie am späten Nachmittag, nachdem sie gerade einmal zehn Minuten lang allein gewesen war, den Blick hob, sah sie jemanden durch die Tür kommen, auf den sie seit zwei Tagen wartete. Langsam betrat er das Zimmer, den Kopf gesenkt, die Hände in den Hosentaschen, voller Bedauern, Schuldgefühle, Trauer oder Reue. Vermutlich alles zusammen.
    Aber eigentlich war sie diejenige, die all das empfinden sollte. Schließlich hatte sie mitgeholfen, seinen genialen, verschrobenen, weltberühmten Vater zu töten.
    »Philip«, flüsterte sie heiser aus ihrer kürzlich aufgeschlitzten Kehle.
    Er hob den Kopf und schaute sie mit hellen Augen an, das Gesicht blass und erschöpft. Sein Arm hing in einer Schlinge, und er nahm ihn vorsichtig heraus. Auch er hatte immer noch mit seinen Verletzungen zu kämpfen, einschließlich mehrerer gebrochener Rippen. Wie sie nach dem Aufwachen im Krankenhaus erfahren hatte, hatte sein Vater ihn angegriffen. Nicht um ihn zu töten – zumindest sagte Philip das –, sondern um ihn einzusperren, damit er Phineas nicht davon abhalten konnte, mit Ronnie zu machen, was er für nötig hielt.
    »Wie geht es dir?«, fragte er, griff behutsam mit seinem unverletzten Arm nach ihrer Hand und setzte sich auf einen Stuhl neben ihrem Bett.
    »Alles okay.«
    »Großer Gott, Ronnie, es tut mir so leid«, sagte er mit zitternder Stimme. »Ich kann dir nicht sagen, wie sehr es mir …«
    »War nicht deine Schuld.«
    »Ich wusste es. Ich
wusste
, was er getan hat, und habe dich trotzdem nach Bethesda geholt. Mir war nicht klar, dass er abends noch mal wiederkommt, verstehst du? Ich dachte, dass er nach Hause gefahren wäre, dass wir allein wären und gemeinsam überlegen könnten, was ich tun soll.«
    »Du … mir zeigen …«
    »Ja. Ich wollte dir zeigen, was ich gefunden hatte, diese ganzen schrecklichen Dinge. Was mein Vater – und Eileen – vor allen anderen geheim hielten. Die Geisteskrankheit, die Morde, die Vertuschung. Es war Wahnsinn, reiner
Wahnsinn

    Diesen Teil der Geschichte hatte sie auch gehört. Über Dr. Cavanaugh. Nicht alles, aber genug, um zu wissen, dass die Frau nicht nur von dem Problem mit der Farbenblindheit gewusst hatte, sondern auch von den Morden.
    Denn laut Jeremy war sie an ihnen beteiligt gewesen.
    »Stimmt es?«, fragte sie. »Die beiden … zusammen …«
    »Ja«, antwortete er unglücklich und fuhr sich durchs Haar. »Mein Vater hat mir alles erzählt, kurz bevor er mit einem Golfschläger auf mich losgegangen ist und mich in einen der Arbeitsräume gestoßen hat. Ich war total perplex – mein Vater hat noch nie die Hand gegen mich erhoben. Auf keinen Fall wollte ich zurückschlagen. Er war wie besessen. Er hat so fest zugehauen, dass ich das Bewusstsein verloren habe. Als ich aufgewacht bin, war ich eingeschlossen.«
    Der Phineas Tate, den Ronnie vor einem Jahr kennengelernt hatte, wäre nie zu solch einer Raserei gegen sein eigenes Kind fähig gewesen. Doch der Mann, dem sie am Freitagabend begegnet war? Tja, das passte schon eher.
    Philip fuhr fort. »Wie mein Vater mir erzählt hat, haben er und Eileen ziemlich früh festgestellt, dass es ein ernstes Problem gibt – und auch, worin es besteht.«
    »Farbenblindheit?«
    »Genau. Sie konnten nicht akzeptieren, dass das Experiment scheitern würde, deswegen wollten sie nicht an die Öffentlichkeit gehen. Aber sie wollten auch nicht, dass die Probanden wahnsinnig werden und so dann doch Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Also haben sie gehandelt.«
    Und zwar grausam. Unmenschlich. Sie hatten zwei Männer ausgespäht und abgeschlachtet, deren dämmernder Wahnsinn von ihrem kleinen Implantat verursacht worden war.
    »Sie haben sich gegenseitig gedeckt und dann die Videodateien bearbeitet, um sicherzugehen, dass nichts in den Downloads der Mordopfer sie belasten könnte.«
    Zugegebenermaßen hatte Ronnie während der Ermittlung im Sommer nie bei jedem einzelnen Bild auf jede einzelne dieser Codenummern am unteren Rand geachtet. Es hätten problemlos einige fehlen können, ohne dass sie es gemerkt hätte. Schließlich waren ihr die Dateien von den Fachleuten übergeben worden. Und Dr. Cavanaugh hatte ein- oder zweimal behauptet, dass sie einige Daten nicht von den beschädigten Chips hatte retten können. Wie praktisch.
    Doch eine Frage hatte Ronnie bisher nicht stellen können. »Wirklich … ein Autoraub?«
    Er begriff sofort,
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