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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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weiter Ferne hörte sie Sirenen.
    »Gleich sind sie da, Kleines. Gleich.«
    »Ne…«
    »Nein, Kleines, nicht sprechen.«
    »Nenn mich nicht Kleines«, grummelte sie, bevor sie das Bewusstsein verlor.
    Als sie wieder zu sich kam, lag sie auf einer Trage und ihre Wunde war fest verbunden. Ein Infusionsschlauch pumpte ihr bereits Blut in den Arm; offensichtlich hatten sie ihre Blutgruppe aus dem Armchip ausgelesen.
    Sykes war da – sie hatte ihn sich nicht eingebildet – und gab den Polizisten Befehle, die hergerast waren, als sie über Funk von einem getroffenen Detective erfahren hatten.
    Ronnie holte tief Luft, atmete Sauerstoff durch eine Maske ein und blinzelte ein paarmal, um seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Jeremy bemerkte es und beugte sich tief über sie. Er strich ihr das Haar aus dem Gesicht und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. »Sie bereiten jetzt alles vor, um dich ins Krankenhaus zu fahren.«
    Nicken konnte sie nicht wirklich, also blinzelte sie noch einmal.
    »Du wirst schon wieder.«
    Dank ihm. Wenn er nicht aufgekreuzt wäre – um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging, nachdem sie ihm in ihrer Selbstsicherheit untersagt hatte, sie zu begleiten –, wäre sie auf dem Fußboden verblutet. Und das alles wegen eines Menschen, dem sie vertraut hatte.
    Wenigstens dachte sie das. Ein Hauch von Zweifel nagte in ihrem Hinterkopf. Sie war aus der Ohnmacht erwacht, als ihr der Klang seiner Stimme wieder ins Bewusstsein drang, diese böswillige, schrille Drohung, die sie nur schwer mit Philip Tate in Verbindung bringen konnte.
    Jeremy nickte einem der Rettungssanitäter zu, der ihre Trage umdrehte und sie in den Krankenwagen schob. Aber sie packte ihn am Arm, um ihn aufzuhalten, und bemühte sich, den Kopf dorthin zu drehen, wo ihr Angreifer zusammengesackt war.
    »Was ist?«
    Sie versuchte zu sprechen, und schließlich formte sie das Wort in der Sauerstoffmaske mit den Lippen. »Tate?«
    Traurig schüttelte er den Kopf. »Es tut mir leid, Veronica.«
    Ihr sank das Herz in die Hose. Seine Worte bestätigten zwei Dinge.
    Es war tatsächlich Philip gewesen. Und er war tatsächlich tot.
    Doch sie musste es mit eigenen Augen sehen, um es zu glauben, und versuchte wieder, den Kopf zu wenden. Diesmal schaffte sie ein paar Zentimeter. Weit genug, um die Leiche auf dem Boden liegen zu sehen, der schwarze Mantel aufgerissen, genau wie das Hemd darunter, die magere, bleiche Brust blutüberströmt und zerfetzt. Sie hatten offensichtlich versucht, ihn zu retten, aber es war zu spät gewesen. Ihre Kugel hatte den Anfang gemacht, Jeremys hatte den Rest erledigt.
    Sie sank wieder nach hinten, dann erstarrte sie, weil ihr Gehirn registrierte, was ihre Augen aufgenommen hatten.
    Das kann nicht sein.
    Das war nicht möglich.
    Sie drehte sich wieder um und schob Jeremys Hand beiseite, als er sie zurückhalten wollte. Diesmal nahm sie den Blick nicht wieder von der Brust – der mageren, bleichen, eingesunkenen, faltigen Brust. Der Brust, die niemals dem attraktiven, jungen, gut gebauten Philip Tate hätte gehören können.
    Während sie spürte, dass der Schock sie wieder in besinnungslose Glückseligkeit zurückholen wollte, zwang sie sich mit angehaltenem Atem, den Blick hochwandern zu lassen, und da bemerkte sie die langen, seidig weißen Haarsträhnen. Und dann das Gesicht.
    Sie stöhnte, konnte es nicht glauben, konnte es kaum fassen.
    Das war nicht Philip Tate. Nicht er hatte ihr grausam die Kehle aufgeschlitzt.
    Es war sein Vater, Phineas. Der brillanteste Mann des Jahrhunderts hatte gerade versucht, sie umzubringen.
    Und war bei dem Versuch gestorben.

15
    Ronnie verbrachte zwei Nächte im Krankenhaus. In der ersten Nacht wurde sie immer wieder ohnmächtig, während sie sich von dem Schock und dem Blutverlust erholte. In der zweiten Nacht lag sie bei vollem Bewusstsein und mit vielen Schmerzen wach, aber sie beklagte sich nicht. An diesem Morgen jedoch hatte sie die Nase voll von dem furchtbar unbequemen Bett, den Krankenschwestern, die ständig nach ihr sahen, und den Stimmen im Flur. Sie wollte in ihrem eigenen Bett liegen, und genau das versuchte sie den Ärzten klarzumachen. Sie wollte nach Hause. Wenn sie sie nicht bald gehen ließen, würde sie ihnen mit gezogener Waffe befehlen, sie freizulassen.
    Sykes war keine große Hilfe. Genauso wenig wie Daniels, ihre Mutter, Baxter, Max oder Ambrose. Sie
alle
gingen ständig bei ihr ein und aus. Angeblich wollten sie ihr Gesellschaft leisten, aber in Wahrheit
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