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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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Erinnerungen. Das Lächeln auf ihrem Gesicht durfte wohl heißen, dass sie das bedrückende Thema von eben fallen gelassen hatte.
    »Ja?«, antwortete Ronnie zurückhaltend und hoffte, die junge Frau würde mit einer intelligenten Frage aufwarten, die ihr die Gelegenheit gab, ihr tatsächlich etwas beizubringen.
    »Was würden Sie gerne beim Wichteln bekommen?«
    Meine Güte. Da waren ihr Fragen über das Dahinscheiden von Jack Wilders ja fast noch lieber.
    Ronnie unterdrückte ein Stöhnen. »Klebeband«, brummte sie. Damit ließe sich Baxters Mäulchen zumindest vorübergehend verschließen.
    »Unfassbar, dass ich Lieutenant Ambrose gezogen habe. Was um Himmels willen soll ich ihm nur schenken?«
    »Mir egal«, erwiderte Ronnie, während sie ihren Bürostuhl nach hinten schob, aufstand und zum Pausenraum ging. Es war nach vier Uhr, ihre letzte Tasse Kaffee lag mindestens eine halbe Stunde zurück. Da hieß es keine Zeit vertrödeln, und mit Sicherheit schlummerte irgendwo in ihrem Körper noch eine Zelle, die ihre nötige Dosis Koffein verlangte.
    Baxter, die den Wink nicht verstand, folgte ihr. »Bringt zur Weihnachtsfeier jeder einfach irgendwas mit oder muss man sich in eine Liste eintragen?«, fragte sie, sobald sie den kleinen Raum betreten hatten, der mit einem museumsreifen HDTV -Flachbildschirm in einer Ecke, einem Tisch, einer schmierigen Mikrowelle und einem Kühlschrank voller schimmliger Nahrungsmittel ausgestattet war. Und der heiligen Kaffeemaschine.
    Ronnie schnappte sich die Kanne, verfluchte den Blödmann, der ein paar Fingerbreit eingedickte schmutzig braune Brühe übrig gelassen hatte, und suchte nach der Kaffeedose, um eine frische Kanne aufzusetzen. In der Zwischenzeit leierte der Fernseher im Hintergrund. Ein 24-Stunden-Nachrichtensender war eingestellt, dessen florierendes Geschäft darin bestand, einfach dreiundzwanzigmal am Tag eine Stunde lang eine aktualisierte Version der neuesten Nachrichten zu wiederholen. Gerade berichtete ein übertrieben freundlicher Reporter über ein neues Handelsabkommen mit dem Bündnis des Nahen Ostens.
    »Das neue Abkommen erregt auf dem Finanzmarkt freudiges Aufsehen. Die Händler erwarten, dass der Ölpreis durch den neuen Rohöl-Erdgas-Austausch zwischen den Vereinigten Staaten und dem Iran unter vierhundert Dollar pro Barrel sinken könnte.«
    »Wow – weniger als zwei Dollar für einen Liter Benzin? Das ist doch direkt ein Grund zu feiern«, sagte Baxter.
    Ronnie gab lediglich ein Grunzen von sich. Lustig – oder auch nicht –, was passierte, wenn sich ein Volk dem radikalen Pazifismus verschrieb. Die USA hievten einfach die riesige Zielscheibe von ihrem Rücken, indem sie beschlossen, nie wieder in Krisengebieten einzugreifen oder sich in die Politik oder die Handlungsweise einer anderen Regierung einzumischen, egal wie grausam sie gegen die Bevölkerung vorging. Nach dem 20. Oktober hatte sich die nordamerikanische Bürgerschaft – trauernd und verletzt statt wütend und rachgierig – ein Beispiel an der Schweiz genommen. Ob Völkermord oder kriegerischer Übergriff, Amerika war gern bereit, den Freund und Helfer zu spielen und sich das Gejammer beider Seiten anzuhören, doch im Prinzip rührte es keinen Finger. Das Land, das sich zum internationalen Schutzherrn des 20. Jahrhunderts ernannt hatte, stimmte im 21. Jahrhundert kaum noch einer internationalen Sanktion zu. In Bezug auf seine militärische Schlagkraft schien es nach dem Motto zu handeln:
Wir bleiben zu Hause, herzlichen Dank, und solange ihr uns in Ruhe lasst, lassen wir euch auch in Ruhe.
    Manche riefen nach Veränderung, wenn sie sahen, dass es in so vielen Teilen der Welt brannte, und forderten, dass die Vereinigten Staaten sich einen Schlauch schnappten und wenigstens versuchten, die Feuer zu löschen – vor allem angesichts der Grausamkeiten, die in Israel, der Türkei, Kuwait, dem Kongo und der gewaltsam gebildeten Neuen Koreanischen Allianz vor sich gingen.
    Andere – wie zum Beispiel die PFA , die Patrioten für ein Friedliches Amerika – waren zufrieden mit dem Status quo. An deren Spitze stand ein lautstarker Prediger, Reverend Darren Tippett, der Demonstrationen organisierte und die Runde durch alle Talkshows machte, wenn auch nur der Hauch einer politischen Kontroverse aufblitzte, sodass diese Gruppierung inzwischen einiges an politischer Schlagkraft gewonnen hatte. Sie waren entschiedene Isolationisten und verfochten eine
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