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Der Klang des Verderbens

Der Klang des Verderbens

Titel: Der Klang des Verderbens
Autoren: Leslie Parrish
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2022 genau das mit ihr anstellen.
    Es war von Anfang an schiefgelaufen. Sie waren davon ausgegangen, dass sie nach einem einzigen Killer suchten.
    Sie hatten sich geirrt.
    Ronnie und Sykes hatten wegen Morden ermittelt, deren Opfer an einem streng geheimen Regierungsprojekt namens Optical Evidence Program beteiligt gewesen waren. Ronnie gehörte zu den Eingeweihten, weil sie ebenfalls an diesem Experiment teilnahm. Das Programm hatte sehr nach Science-Fiction geklungen, als es ihr vor über einem Jahr das erste Mal vorgestellt worden war. Ein winziges Gerät, das der Einstein dieser Tage, Dr. Phineas Tate, erfunden hatte, wurde freiwilligen Testpersonen operativ ins Gehirn eingesetzt. Die Kamera des Geräts war direkt mit dem Sehnerv verbunden, verfügte über einen eingebauten Computer und nahm in jeder einzelnen Sekunde am Tag naturgetreue Bilder auf, wobei die Augen der Testperson als Kameralinsen fungierten. Mit dieser Erfindung wollte Tate eigentlich Alzheimerpatienten das Leben erleichtern. Aber die Regierung hatte neue Möglichkeiten zur Spionage gewittert und sich in das Projekt eingeschaltet, wobei sie Tate anbot, seine gesamte Forschungsarbeit in einer hochmodernen Einrichtung, die eigens dazu in Bethesda errichtet wurde, zu finanzieren.
    Manch einer behauptete, wenn das OEP -Experiment vor dem Herbst 2017 durchgeführt worden wäre, wäre alles anders gekommen. Die Terroristen – die durch Bomben in Regierungsgebäuden, Wahrzeichen, Museen und im U-Bahn-Tunnelnetz einen Großteil von Washington zerstört hatten – wären damit vielleicht rechtzeitig aufgehalten worden.
    Hm. Möglich. Aber vermutlich wäre eine Gruppe Fanatiker, die hingebungsvoll und geduldig genug waren, um jahrzehntelang ein Leben mit Familie, Haus und Job in den Vereinigten Staaten zu führen, wohl auch der Aufmerksamkeit von ein paar Leuten mit Kameras im Gehirn entgangen.
    Ronnie, die seit 2014, gleich nach ihrem Abschluss an der Georgetown University, im Washington D.C. Police Department arbeitete, war als eine von fünfhundert ausgewählten Gesetzeshütern zur OEP -Ermittlerin ausgebildet worden. Man hatte ihnen beigebracht, wie man die Bilder, die aus den Gehirnen der fünftausend Probanden gesammelt wurden, auswertete und sich zunutze machte, um möglicherweise zur Aufklärung von Verbrechen beizutragen.
    Tja, inzwischen waren es keine fünftausend mehr. Abgesehen von jenen, die die zwei Killer – von denen einer immer noch völlig unbekannt war – auf entsetzlich grausame Weise umgebracht hatten, waren einige andere in den letzten Monaten eines etwas ausgefallenen natürlichen Todes gestorben.
    Die Morde im Juli waren Ronnies erste – und bisher letzte – Gelegenheit gewesen, ihr Training anzuwenden und auszuprobieren, ob die OEP -Kamera leisten konnte, wofür sie gedacht war. Die Opfer waren durch die Bank weg Testpersonen, angefangen bei Leanne Carr, die im Keller des sich im Wiederaufbau befindlichen Weißen Hauses grausam abgeschlachtet und in Stücke geschnitten wurde. Zum Glück überlebte Ronnies Partner, im Gegensatz zu Ms Carr, das mit dem Zerstückeln. Wahrscheinlich weil sein Angreifer lediglich Marks Hand abhackte und ihm ein paar Kugeln verpasste, anstatt gleich noch eine Enthauptung durchzuführen.
    Zugegebenermaßen konnte sie den Überfall auf ihren Partner – und dadurch auch den Mord an Leanne Carr – aufklären, indem sie sich seinen Download anschaute; doch für die übrigen Opfer galt das nicht. Auch die gute, althergebrachte Polizeiarbeit brachte sie zwar weit, aber nicht weit genug. Denn sie wussten damals noch nicht, dass
zwei
Mörder am Werk waren, mit zwei sehr verschiedenen Motiven.
    Es war eine verdammt harte Feuerprobe für Ronnie gewesen. Sie war diejenige, die die visuellen Erinnerungen aus den implantierten Kameras in den Gehirnen der Opfer abrufen und auswerten musste. Eine hoch entwickelte 3-D-Apparatur konstruierte aus den Daten eine virtuelle Umgebung und ermöglichte es ihr, in diese schrecklichen Momente buchstäblich einzutauchen und sie am eigenen Leibe zu erfahren. Sie war an die Stelle der Mordopfer getreten und hatte alles so erlebt, wie sie es erlebt hatten, bis auf den Ton und den Schmerz. Diese Bilder lebten in ihren blutigsten Träumen weiter. Auch in Zukunft, wie sie fürchtete.
    »Übrigens, ich wollte Sie noch was fragen.«
    Ronnie hatte Baxter erfolgreich ignoriert, doch jetzt beugte sich die jüngere Frau über ihren Tisch und rüttelte Ronnie aus ihren düsteren
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