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Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso

Titel: Der Klang des Todes - Bartosch Edström, C: Klang des Todes - Furioso
Autoren: Carin Bartosch Edström
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zu streiten. Du hast recht, eins nach dem anderen. Denk lieber an das, was vor uns liegt. Selbst wenn meine Karriere vorüber sein sollte, so … «
    Ihre Stimme versagte plötzlich und sie schluckte. Dann nahm sie Carolines Hand in ihre beiden Hände. Ihre geschwollenen, bläulichen Finger ruhten auf Carolines kräftigem Handrücken. Mit Wärme in der Stimme fuhr sie fort: »Selbst wenn ich nie mehr spielen könnte, gibt es so viel, auf das wir uns freuen können. Du erwartest ein Kind! Bald sind wir eine Familie. Du wirst Mutter, Caro. Das ist das Größte, was man erleben kann. Das ist ein großes Geschenk. Ich bin in der Tat ein wenig eifersüchtig. Schließlich durfte ich nie eine Schwangerschaft erleben. Was spielt es schon für eine Rolle, wenn nicht alles so läuft, wie wir es uns vorgestellt haben? Tourneen um die Welt zu machen wird ganz klar überschätzt. Hotelzimmer und Konzertsäle sehen überall gleich aus, ob man sich jetzt in Berlin oder in Los Angeles befindet. Ich habe so viel Beethoven gespielt, dass es für mehrere Menschenleben reicht. Jetzt widmen wir uns einer Sache nach der anderen. Genau wie du das willst.«
    Einen Augenblick lang vergaß Louise ihre Hand und gab sich einer Kinderzimmerfantasie hin. Aber Caroline hörte schon nicht mehr zu. Die Worte verschwammen und wurden unverständlich, während ihre Ungeduld wuchs. Louises Erwartungen, ihr Enthusiasmus, ihr rauschhaftes Glück beengten sie.
    Irgendwo rief ein Arzt Louises Namen. Sie wurde sofort wieder sachlich, als sie daran erinnert wurde, warum sie wartete. Die intime Nähe zu Caroline war verschwunden.
    »Das wurde auch Zeit. Ich muss sofort geröntgt werden!«
    Ohne es selbst zu merken, schob sie Carolines Hand beiseite, an die sie sich Sekunden vorher noch fast geklammert hatte. Eine eisige Glocke legte sich über Caroline. Gedankenverloren nickte sie zum Abschied, als Louise nach ihrer Handtasche griff und dem Arzt folgte. Louise überholte ihn, aber dann ging ihr auf, dass sie gar nicht wusste, wo sie hinsollten. Mit einem verärgerten Blick drehte sie sich zu dem Arzt um.
    Caroline holte tief Luft. Plötzlich drehte sich alles, und ihr brach der kalte Schweiß aus. Sie umklammerte ihren Bauch mit beiden Händen und verkrampfte ihre Finger in ihrem Pullover. Sie konnte das Gefühl von Klaustrophobie, das sich ihrer bemächtigt hatte, nicht länger verdrängen. Der Puls pochte immer lauter in ihren Schläfen, bis sie in ihrem Kopf nur noch ein Rauschen hörte.
    Hastig stand sie auf, wuchtete ihr Cello auf den Rücken und eilte nach draußen. Der Krampf in ihrem Bauch ging in einen stechenden Schmerz über. Rasch begab sich Caroline in die große Eingangshalle und steuerte wie auf Autopilot den Kiosk an. Dort kaufte sie drei doppelte Daim zum Preis von zwei. Noch auf der Schwelle des Ladens öffnete sie das erste und aß dann ein Stück Krokantschokolade nach dem anderen. Der Krokant knirschte und blieb in ihren Zähnen hängen. In weniger als einer Minute hatte sie alles aufgegessen.
    Übelkeit überkam sie, und sie eilte auf die nächste Toilette. In ihrer Verwirrung hatte sie vergessen, dass sie ihr Instrument auf dem Rücken trug. Der Cellokasten knallte an den Spiegel, als sie sich über das Waschbecken beugte, um sich zu übergeben. Hinter ihr wurde eine Tür geöffnet und ebenso schnell wieder geschlossen. Caroline merkte das kaum. Sie war froh, dass man sie in Frieden ließ. Mit einem Schlag gegen die Mischbatterie ließ sie das Wasser ins Becken fluten. Damit kühlte sie ihr Gesicht, bis sich der Aufruhr gelegt hatte. Minutenlang stand sie dann da, keuchend an die geflieste Wand gestützt, und sammelte ihre Kräfte.
    Da piepste es in ihrer Tasche. Mit nassen Händen zog sie ihr Handy hervor. Eine SMS von Louise. Caroline starrte auf das Display. Wassertropfen verzerrten die Buchstaben.
    »Zwei kleine Brüche, verheilen in ein paar Monaten. Konzert in Hamburg evtl. okay. Wo bist du?«
    Sie las die SMS einige Male und steckte das Handy dann weg, ohne zu antworten. Warum dachte Louise jetzt überhaupt an das Konzert in Hamburg? Hatte sie nicht selbst davon gesprochen, nicht so weit vorauszuplanen? Jetzt, wo sie so viel hatten, worauf sie sich freuen konnten? Stattdessen war ihr erster Gedanke, wegzufahren und zum x-ten Mal Alban Bergs Violinkonzert zu spielen, ein Konzert, das sie eigentlich gar nicht hatte spielen wollen, wofür sie jetzt eine gute Ausrede besaß. Sie mochte den Dirigenten nicht, und als sie das letzte Mal
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