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Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)

Titel: Der Kimber 1. Buch: Ehre (German Edition)
Autoren: Moritz von Lech
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sollte, als sie sich am anderen Tag zu den R ö mern aufmachten.
     
    Wie die Sitte es erforderte, ritt die gesamte Leibw a che Bojords voraus zum Kastell des römischen Oberb e fehlshabers, um die Ankunft des Königs zu melden.
    Auch Marius hatte inzwischen die Macht der Sy m bole schätzen gelernt, hatte Ring und Prunkmantel angelegt und nicht nur seine Offiziere hinter sich versammelt, sondern zusätzlich die Standartentr ä ger der acht Legi o nen zu sich gerufen, die die Gruppe in weitem Bogen umstanden. Alle saßen zu Pferd, und ihre blankpolie r ten Helme und Rüstu n gen reflektierten das Licht der Morgensonne.
    Die Leibwächter Bojords, an die hundert der ve r die n testen Krieger der Kimbern, nahmen so Au f stellung, dass sie der Gruppe der Römer im Hal b kreis gegen ü berstanden. In den so gebi l deten Platz ritt nun Bojord, Agnar neben sich. Wie sie so den R ö mern entg e gentraten, war es unübersehbar, dass hier Vater und Sohn nebenei n ander ritten. Beide hatten die gleiche hagere Statur und das gleiche schmale Gesicht. Sogar ihre Haa r tracht war gleich, beide trugen das Haar lang und offen, die Strähnen am Scheitel zu zwei dü n nen Zöpfen g e flochten. Das Haar des Königs legte sich grau auf den grauen Umhang aus weicher Wolle, und auch das Fell se i nes Rosses war von dunklem, silbrig schimmer n dem Grau. Obwohl Bojord kühl und unb e teiligt dreinblickte, bebte er innerlich vor Anspannung. Jedes Wort, jeder Hal b satz, ja jedes Pause, die e i nen Redefluss nun unterbrach, konnte von en t scheidender Bede u tung sein. Agnar hatte an seiner Gewohnheit festgehalten, nur Schimmel zu reiten, und sein Haar fiel hell, von der Sonne fast weiß gebleicht, auf den weißen Mantel, den ihm sein Priesterstand vorschrieb. Im G e gensatz zu se i nem Vater konnte er jedoch weder dem Gespräch folgen, noch überhaupt Einzelheiten des Gesch e hens wahrnehmen. Die Farben der Umg e bung ve r schwammen vor seinen Augen zu einem düsteren Grau, die Konturen verwischten, und die Formen der Pferde und ihrer Reiter vergröberten sich zu kristallinen Blöcken. Wie Bli t ze trafen die Reflexe der Adler seine schmerzenden Augen. Jener Adler, deren Auftauchen er seit Jahren erwartete. Die er erwartete seit einem dunstigen Morgen in einer weit entfernten Heide i r gendwo in Gallien, als die Vision ihm die Vernichtung von Odins Raben gezeigt ha t te. Er wusste, dass sie ihn jetzt eingeholt hatten. Nie war in all den vergangenen Jahren irgende t was geschehen, das auf eine Erfüllung der Prophezeiung hingewiesen hätte. Doch nun sta n den sein Vater und er selbst vor einem Ring riesiger silberner A d ler, die sich hoch über ihnen gegen den Himmel abzeichneten, schwankend auf den hohen Standa r ten der acht Legionen. 
    Ag nar fühlte, dass sie nur darauf brannten, ihre Fänge in die Raben Odins zu schlagen. Schon wol l te er se i nem Vater eine Warnung zuflüstern, wollte ihn vera n lassen, sich zur Ber a tung zurückzuziehen, da fühlte er ein völlig unerwartetes Gefühl der E r leichterung in sich aufsteigen, fühlte, wie er die ganze Last der letzten Ja h re abschütteln und se i nem Schicksal entkommen kon n te. Wenn er bereits als Knabe die Vision ihres Unte r gangs gehabt hatte, wenn sich diese Vision hier durch die Adler der Römer erfüllte, dann war er vielleicht gar nicht schu l dig geworden durch das, was so viel später geschehen war. Wenn ihr Untergang schon vor so vi e len Jahren für sie beschlossen worden war, lange bevor Wid das Unheil beschworen hatte, lange b e vor Agnar Wid gemordet, um die Schande von sich abzuwaschen und doch nur neues Unheil heraufb e schworen hatte, dann wäre das in ihm wohnende Gift nur ein kleine Stück auf ihrem Weg in die Ve r nichtung und nicht der Grund dafür. Er wäre nicht schuld, die Nornen ha t ten so bestimmt. Auch wenn hier das Ende der Kimbern nahte. Für ihn war es doch der Weg aus diesem Leben in dem er nichts mehr zu erwarten hatte. Hier wurde ihm die Au s sicht auf einen Tod als Krieger und ein Leben an Odins Tafel wiedergeschenkt. Jahrelang hatte sein scheinbar unausweichliches Schicksal wie ein Fels auf ihm gelastet. Der Gedanke an einen Tod in Scha n de und ein Grab im Moor, dazu das Wissen, dass er für immer aus dem Gedächtnis seines Stammes getilgt w ä re, so, als hätte er nie gelebt, hatte ihn seit fast zehn Ja h ren bis in seine Albträ u me verfolgt. Die Farben kehrten in seine Wah r nehmung zurück, dann nahmen die Dinge um ihn wieder Gestalt an und
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