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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller
Autoren: Richard Laymon
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ragte noch in die Straße hinein. Wenn der Nebel nicht noch dichter wurde, konnten die anderen Fahrer ihn zum Glück nicht übersehen.
    Vorsichtig kletterte Donna den rutschigen Abhang hinunter. Die Stoßstange des Maverick hatte sich in den Schlamm gegraben. Dampf stieg zischend aus der Motorhaube. Sie kletterte über die Haube zur Tür auf der anderen Seite, half Sandy aus dem Auto und gemeinsam rutschten und stolperten sie den Graben hinunter.
    »Tja«, sagte Donna mit der fröhlichsten Stimme, zu der sie im Moment fähig war, »jetzt stehen wir hier. Lass mich dich mal ansehen.«
    Sandy knöpfte ihre karierte Bluse auf und zog sie hoch. Donna ging in die Hocke und zog ihr den Jeansbund herunter. Quer über ihren Bauch verlief ein roter Striemen. Die Haut über ihren Hüftknochen wirkte wund und aufgerieben, als wäre sie mit Sandpapier bearbeitet worden. »Tut das weh?«
    Sandy nickte. Donna zog die Jeans wieder hoch.
    »Ich muss mal.«
    »Such dir einen Baum aus. Moment.« Donna kletterte zum Auto hinauf und nahm ein Päckchen Taschentücher aus dem Handschuhfach. »Hier. Nimm die.«
    Mit den Taschentüchern in der Hand ging Sandy den Graben entlang, bis sie völlig im Nebel verschwunden war. »Hey! Hier ist ein Pfad!«, rief sie.
    »Geh nicht zu weit weg.«
    »Keine Angst.«
    Donna hörte die knackenden toten Zweige und Piniennadeln unter den Füßen ihrer Tochter. Die Geräusche wurden langsam schwächer.
    »Sandy! Bleib stehen!«
    Entweder war sie tatsächlich stehen geblieben, oder ihre Schritte wurden bereits von den Geräuschen des Waldes übertönt.
    »Sandy!«
    »Was?« Die Stimme des Mädchens klang genervt und ziemlich weit entfernt.
    »Findest du wieder zurück?«
    »Himmel, Mom!«
    »Okay, okay.« Donna lehnte sich zurück, bis das Gesäß ihrer Kordhose das Auto berührte. Sie fröstelte. Ihre Bluse war viel zu dünn. Sobald Sandy wieder da war, würde sie die Jacken vom Rücksitz holen. Bewegungslos starrte sie auf die graue Wand, hinter der Sandy verschwunden war.
    Mit einem Mal wischte der Wind einen Nebelfetzen beiseite. »Das war aber ein ziemlich langer Boxenstopp«, sagte Donna.
    Sandy antwortete nicht. Sie blieb einfach reglos stehen.
    »Schatz, was ist los?«
    Sie stand einfach nur wie erstarrt am Rand des Grabens und sagte kein Wort.
    »Sandy, was ist los?«
    Donna spürte, wie es ihr kalt den Rücken hinunterlief und wirbelte herum. Nichts. Sie wandte sich wieder Sandy zu.
    »Himmel, was ist denn los?«
    Sie stieß sich vom Auto ab und rannte auf die wie gelähmte, stumme Gestalt ihrer Tochter am Waldrand zu. Lief durch den grauen, undurchsichtigen Schleier. Als sie näher kam, verwandelte sich die Gestalt ihrer Tochter langsam in einen ihr auf den ersten Blick ähnlichen, etwa eineinhalb Meter hohen Pinienschössling.
    »Oh Gott«, murmelte Donna. »Sandy!«, kreischte sie dann.
    »Moni«, ertönte eine weit entfernte Stimme. »Ich glaube, ich hab mich verirrt«.«
    »Beweg dich nicht.«
    »Werd ich nicht.«
    »Beweg dich nicht. Bleib wo du bist! Ich komme!«
    »Beeil dich!«
    Ein schmaler Pfad schien in die Richtung der Stimme zu führen. Donna rannte los.
    »Sandy!«, rief sie.
    »Hier.«
    Ihre Stimme schien jetzt näher zu sein. Donna ging schnell durch den Nebel. Sie stieg über einen abgestorbenen Pinienstamm, der über dem Pfad lag.
    »Sandy?«
    »Mom!«
    Sandy schien sich jetzt direkt zu ihrer Rechten zu befinden.
    »Ich bin gleich bei dir.«
    »Schnell!«
    »Moment.« Sie verließ den Pfad und kämpfte mit feuchten Ästen, die ihr den Weg versperrten. »Wo bist du, Schatz?« »Hier.«
    »Wo?«
    »Hier!«
    »Wo?« Bevor das Mädchen antworten konnte, kämpfte sich Donna durch ein dichtes Gebüsch und sah ihre Tochter.
    »Mom!«
    Sie umklammerte das rosa Taschentuchpäckchen so fest, als würde es sie vor irgendetwas beschützen können.
    »Ich hab mich verirrt«, sagte sie.
    Donna nahm sie in die Arme. »Nicht so schlimm, Schatz. Keine Angst. Bist du fertig?«
    Sie nickte.
    »Dann gehen wir zum Auto zurück.«
    Wenn wir es noch finden, fügte Donna in Gedanken hinzu.
    Doch sie fanden den Pfad, der sie zum Straßengraben zurückführte, ohne weitere Schwierigkeiten. Als sie an dem Pinienschössling vorbeikamen, den sie für Sandy gehalten hatte, richtete Donna den Blick auf den Boden. Sie wusste, dass das kindisch war, und trotzdem hatte sie Angst, den Baum anzusehen. Was, wenn sie ihn wieder mit Sandy verwechselte - oder mit einem Fremden, mit ihm?
    »Bist du sauer?«, fragte
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