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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller
Autoren: Richard Laymon
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schniefen, traute sich aber nicht, ein Geräusch
    zu machen. Der warme Rotz lief seine Oberlippe herunter, bis er ihn ablecken konnte. Er schmeckte salzig.
    »Na also«, sagte sein Vater. »Wir sind fast…«
    Von oben ertönte ein Geräusch, das wie das Schnüffeln eines Hundes klang.
    Der Mann wich zurück, und seine Finger bohrten sich schmerzhaft in den Arm seines Sohnes. Der Junge machte einen Satz, als sich die Speichertür langsam öffnete.
    Im Schein der Taschenlampe war nichts dahinter zu erkennen.
    Dann durchbrach ein heiseres Lachen die Stille. Für den Jungen klang es wie das Gekicher eines sehr alten Mannes.
    Aber was durch die Tür sprang, war kein alter Mann. Die Taschenlampe fiel zu Boden, und ihr Strahl beleuchtete eine haarlose Schnauze.
    Dan Jenson hörte den Schrei und wusste, dass er nicht länger auf Sweeny warten konnte. Er nahm die Browning-Schrotflinte aus ihrer Halterung, riss die Wagentür auf und stürmte auf die Straße. Er rannte an der von einer Straßenlaterne beleuchteten Bude vorbei, in der die Eintrittskarten verkauft wurden. HORRORHAUS stand auf einem Holzschild in roten, tropfenden Buchstaben, die an Blut erinnern sollten.
    Er drückte gegen das Drehkreuz, das jedoch nicht nachgab. Also sprang er darüber.
    Weitere Schreie ertönten. Die Schmerzensschreie eines Kindes.
    Jenson rannte die Treppe zur Veranda hinauf, wobei er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Die Tür war verschlossen. Er ließ eine Patrone in die Kammer der Schrotflinte gleiten, zielte auf das Schloss und drückte ab. Die Waffe riss ein Loch in die Tür. Er trat sie ein und stürmte ins Foyer.
    Von oben hörte er reißende Geräusche und atemloses, tierisches Grunzen.
    Das Mondlicht reichte aus, um den Fuß der Treppe erkennen zu können. Er stieß sich am Geländer ab und rannte hinauf. Bald stand er in völliger Finsternis und musste sich am Geländer festhalten und vorsichtig weitertasten. Oben angekommen blieb er stehen und lauschte. Von links ertönten grunzende, knurrende Geräusche.
    In der Dunkelheit war ein einzelner heller Fleck auf dem Boden zu erkennen. Er stammte von einer Taschenlampe.
    Jenson brauchte diese Lampe. Aber sie lag zu weit weg, zu nahe an der unheimlichen Quelle dieses schnellen, lauten Keuchens.
    Mit der Schrotflinte im Anschlag rannte er auf die Taschenlampe zu. Seine Schritte hallten im Korridor wider, und sein eigenes scharfes Keuchen übertönte die anderen Atemgeräusche. Dann trat er auf etwas Rundes, ähnlich einem Baseballschläger, nur weicher. Möglicherweise ein Arm. Dann stolperte er über einen harten Gegenstand, spürte, wie seine Zähne aufeinanderschlugen, als er in die Finsternis stürzte. Die Schrotflinte quetschte beim Aufprall seine Finger.
    Er streckte den rechten Arm aus, konnte die Taschenlampe erreichen und richtete sie in Richtung des Grunzens.
    Die Kreatur löste ihre Zähne aus dem Nacken des Jungen und wandte sich zu ihm um. Ihre Gesichtshaut war weiß und aufgequollen wie der Bauch eines toten Fisches. Die Kreatur schien zu grinsen, als sie den Jungen von sich schleuderte.
    Jenson ließ die Taschenlampe fallen und versuchte, die Schrotflinte in Anschlag zu bringen.
    Er hörte ein leises, trockenes Lachen. Dann holte ihn die Bestie.

Kapitel eins
    1

    Donna Hayes legte den Hörer auf, wischte ihre zitternden, schweißnassen Hände an den Laken ab und setzte sich auf.
    Sie hatte geahnt, dass es früher oder später passieren würde. Sie hatte darauf gewartet, sich davor gefürchtet und sich sogar Pläne dafür zurechtgelegt. Und jetzt war es so weit. »Es tut mir leid, dass ich Sie zu dieser späten Stunde stören muss«, hatte er gesagt. »Aber ich weiß, dass Sie das so schnell wie möglich wissen wollen. Ihr Mann wurde gestern Morgen freigelassen. Das habe ich auch eben erst erfahren…«
    Lange starrte sie in die Dunkelheit des Schlafzimmers. Sie brachte es nicht über sich, die Beine aus dem Bett zu schwingen. Erst als der Morgen graute, konnte sie nicht mehr länger warten.
    An diesem Sonntagmorgen war die Luft wie kaltes Wasser, das über ihre Haut lief. Zitternd schlüpfte sie in ihren Morgenmantel. Sie ging durch den Korridor und lauschte. Die gleichmäßigen Atemgeräusche verrieten ihr, dass ihre zwölf Jahre alte Tochter noch schlief.
    Sie ging zu ihrem Bett. Eine schmale Schulter unter gelbem Flanell ragte aus der Decke. Donna legte ihre Hand darauf und schüttelte sie sanft. Das Mädchen rollte sich auf den Rücken und öffnete die Augen. »Guten
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