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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller
Autoren: Richard Laymon
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einer Ampel, wendeten, suchten nach Schildern, die sie auf den 101 zurückführen würden, und wendeten erneut.
    Sie fuhren die Van Ness Avenue entlang, bogen an der Lombard ab und nahmen die kurvige Straße zur Golden Gate Bridge.
    »Erinnerst du dich, wie enttäuscht du warst, als du sie zum ersten Mal gesehen hast?«, fragte Donna.
    »Ich bin immer noch enttäuscht. Wenn sie nicht golden ist, sollte sie auch nicht so heißen. Findest du nicht auch?«
    »Ganz deiner Meinung. Sie ist trotzdem schön.«
    »Aber sie ist orange. Nicht golden. Sie sollten sie Orange Gate nennen.«
    Donna warf einen Blick auf das offene Meer und erkannte die ersten Ausläufer einer Nebelbank. Im Sonnenlicht wirkte sie strahlend weiß. »Sieh dir den Nebel an«, sagte sie. »Ist der nicht schön?«
    »Geht so.«
    Sie ließen die Golden Gate Bridge hinter sich und fuhren durch einen Tunnel, dessen Öffnung wie ein Regenbogen bemalt war.
    »Hey! Können wir nicht über Stinson Beach fahren?«, fragte Sandy, als sie sich der Ausfahrt Sausalito näherten und sie das Schild entziffert hatte.
    Donna zuckte mit den Schultern. »Wieso nicht? Das wird zwar länger dauern, ist dafür aber die hübschere Strecke.« Sie blinkte, folgte der Ausfahrt und verließ die 101.
    Der Highway, der an der Küste entlangführte, war sehr eng. Viel zu eng und kurvig für Donnas Geschmack, besonders wenn man den gähnenden Abgrund bedachte, der neben der linken Spur lauerte. Sie fuhr so weit rechts wie möglich.
    Der Nebel hatte inzwischen fast die Küste erreicht. Er war so weiß und dicht wie Watte und schien langsam näher zu kommen, war aber immer noch ein gutes Stück entfernt, als sie das kleine Städtchen Stinson Beach erreichten.
    »Bleiben wir über Nacht hier?«, fragte Sandy
    »Fahren wir noch ein Stück, okay?«
    »Müssen wir?«
    »Warst du schon mal in Bodega Bay?«
    »Nein.«
    »Dort haben sie den Film Die Vögel gedreht.«
    »Ooooh, der war gruselig.«
    »Sollen wir nach Bodega fahren?«
    »Wie weit ist das?«, fragte das Mädchen.
    »Eine Stunde vielleicht.« Donna hatte bereits Rückenschmerzen. Trotzdem konnten sie es sich nicht erlauben, anzuhalten. Sie mussten so viele Meilen wie möglich hinter sich bringen. Also würde sie auch die Schmerzen noch eine Weile lang aushalten müssen.
    »Fahren wir noch ein Stückchen«, sagte sie, als sie Bodega Bay erreicht hatten.
    »Muss das sein? Ich bin müde.«
    »Du bist müde? Ich bin todmüde.«
    Sobald sie Bodega Bay verlassen hatten, tauchten sie in den Nebel ein. Weiße Finger streckten sich nach der Straße aus, tappten blindlings voran. Offensichtlich schien ihnen das, was sie erspürten, zu gefallen, denn bald wurde die ganze Straße von der gewaltigen Nebelbank verschluckt.
    »Mom, ich kann nichts mehr sehen!«
    Donna konnte durch die dichte, weiße Masse kaum die Motorhaube erkennen, geschweige denn die Straße dahinter. Sie bremste, hoffte, dass niemand direkt hinter ihnen fuhr, hielt an der rechten Straßenseite. Knirschend rollten die Reifen über den Schotter. Dann rutschte der Wagen ab.

    2

    Sekundenbruchteile vor dem Aufprall, der Donna gegen das Lenkrad schleuderte, versuchte sie, einen Arm vor die Brust ihrer Tochter zu legen. Sandy krümmte sich zusammen, stieß den Arm weg und prallte mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett. Sie fing an zu weinen. Schnell schaltete Donna den Motor ab.
    »Lass mich mal sehen.«
    Das Armaturenbrett hatte einen roten Streifen auf der Stirn des Mädchens hinterlassen.
    »Tut dir noch was anderes weh?«
    »Hier.«
    »Wo dich der Sicherheitsgurt festgehalten hat?«
    Sie nickte schniefend.
    »Zum Glück warst du angeschnallt.« Vor ihrem inneren Auge erschien das Bild von Sandys Kopf, der durch die Windschutzscheibe krachte. Glassplitter zerfetzten ihren Körper, bevor er auf Nimmerwiedersehen im Nebel verschwand.
    »Aber es tut weh.«
    »Ich mach dich los. Warte.«
    Das Mädchen stemmte sich gegen das Armaturenbrett, und Donna öffnete den Gurt.
    »Okay. Wir steigen jetzt aus. Ich zuerst. Rühr dich nicht, bevor ich es dir sage.«
    »Okay.«
    Donna stieg aus und rutschte prompt auf dem feuchten Gras des Abhangs aus. Sie hielt sich an der Wagentür fest, bis sie das Gleichgewicht wiedergefunden hatte.
    »Alles in Ordnung?«, fragte Sandy.
    »So weit, so gut.« Auf zitternden Beinen sah sie sich um. Offensichtlich hatte sie übersehen, dass die Straße eine Biegung nach links gemacht hatte, und war geradewegs in den Straßengraben gefahren. Das Heck des Wagens
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