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Der Kaufmann von Lippstadt

Der Kaufmann von Lippstadt

Titel: Der Kaufmann von Lippstadt
Autoren: Rita Maria Fust
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Freund«, fordert Ferdinand Overkamp seinen Lübecker Besuch auf.
    »Katharina ist wohlauf. Sie hat die Niederkunft gut überstanden. Der kleine Jacob ist ganz wohlgenährt. Letzte Woche traf ich sie mit meinem Bruder Torge bei einem Spaziergang an der Trave. Sie waren sehr vergnügt. Ihre Schwester hat ja auch viel Hilfe durch die Familie und die Amme. Katharina hat sich gut eingelebt«, berichtet der Lübecker über seine Schwägerin und seinen Bruder.
    »Das ist gut zu wissen. Schade, dass Lübeck so weit weg ist, ich würde sie gerne besuchen«, sagt Ferdinand Overkamp mit Wehmut.
    »Das würde Katharina bestimmt freuen. Heimweh kennt ja jeder, ungeachtet, wie gut er sich eingelebt hat«, weiß Hinrich Jost Matthiesen aus eigener Erfahrung. Geschäftlich reist er viel in fremde Städte und sogar in andere Länder. Am liebsten ist er aber zu Hause in seiner Hansestadt. Hinrich Jost Matthiesen hängt ein wenig seinen Gedanken nach.
    »Von der Lippe an die Trave«, nimmt der Lippstädter das Gespräch nach kurzer Zeit wieder auf. »Lübeck nutzte doch die Trave zur Stadtsicherung? Ihr wart doch eine Festung?«, vergewissert sich Overkamp.
    »Ja, ganz richtig«, bestätigt Matthiesen. »Es scheint mir ähnlich zu sein wie in Lippstadt. Aber zuerst hatten wir im 12. Jahrhundert eine Burg. Davon steht heute nur noch das Tor – unser Holsten Tor. Das kennen Sie ja.«
    »Ich habe es leider noch nie gesehen«, meint Ferdinand Overkamp.
    »Besuchen Sie uns doch tatsächlich einmal. Seien Sie mein Gast. Oder der Ihrer Schwester Katharina«, lädt der Lübecker den Westfalen ein. »Die Trave und die Wakenitz sicherten Lübeck. 13 Sie haben ja nur die Lippe«, überlegt Matthiesen.
    »Die Lippe führt aber normalerweise genug Wasser für die Gräben der Stadt. Wir haben den zick-zack-förmigen ›Avant-fossé‹, also den Vorgraben, dann den Hauptgraben und die eigentliche Lippe. Sternförmig könnte man sagen. Nur in dieser Trockenzeit steht das Wasser überall niedrig. In der Nähe des Lipper Tores ist übrigens ein Steinwehr. Gar nicht so alt. Etwa 50 Jahre. Früher war es aus Holz. – Lassen Sie uns schnell weitergehen. Da vorne sehen Sie ein Lippstädter Steinwerk. Links, das Eckhaus 14 zur Spielplatzstraße. Anno Domini 1633«, liest Ferdinand Overkamp die über der Tür in Stein gehauene Jahreszahl ab und merkt, wie er immer unruhiger wird, je näher sie dem Pulverschuppen kommen. Die Explosion scheint keine Spuren hinterlassen zu haben. Alles unverändert.
    »Bei den vielen Bränden, die Sie hier hatten, ist ein Steinhaus sicher eine gute Entscheidung«, meint Hinrich Jost Matthiesen.
    »Und eine teure«, ergänzt Overkamp.
    Matthiesen nickt. »Welche Kirche ist das, mein Freund?«, fragt er und zeigt auf die andere Straßenseite.
    »Das ist unsere Jacobi-Kirche«, setzt Ferdinand Overkamp an, über das Gotteshaus zu berichten. Doch da fällt Matthiesen ihm ins Wort: »Ich habe es ja gesagt! Hansestädte haben meistens eine Jacobi-Kirche. Können wir sie von innen betrachten?«
    »Gerne. Die Kühle dort wird uns guttun. Haben Sie den Wehrturm dieser Kirche gesehen?«, fragt Overkamp und hofft, dass Matthiesen seine Unruhe nicht bemerkt. Im Inneren der Kirche atmen sie die kühle Luft. »Wir befinden uns hier ganz nah an den Festungswällen – Bastion III ist dort vorne – und dem Süder Tor. Diese Kirche diente den Menschen als Zufluchtsort. Sie ist ja auch aus Stein«, erzählt er seinem Besucher.
    »Und sie lag am Jakobsweg, wie ich gehört habe«, erinnert sich Hinrich Jost Matthiesen dunkel.
    »Ja, habe ich auch gehört, aber mehr weiß ich nicht«, antwortet Ferdinand Overkamp und fügt geheimnisvoll hinzu: »Man munkelt auch, dass es hier unterirdische Verbindungsgänge geben soll.«
    »Sagen Sie bloß!« Der Lübecker zieht überrascht die Augenbrauen hoch.
    »Lassen Sie uns weitergehen. Es ist schon nach halb vier, vielleicht schon Viertel vor«, drängt Ferdinand Overkamp, da er sich im südlichen Teil der Stadt nicht wohlfühlt. »Wenn wir die Spielplatzstraße entlanggehen, kommen wir zum Calvinschen Weg. Dort wird viel gebaut, seit die Festung geschleift wird. Abgeschlossen ist das Schleifen natürlich noch nicht. So etwas dauert Jahre.« Kurze Zeit später fährt er fort: »Dort drüben ist die Nicolai-Kirche. Sie ist die älteste, die wir in Lippstadt haben.«
    »Dann haben wir ja alle im Hansegebiet verehrten Heiligen: Maria, Jacob und Nicolaus. Der Heilige Nicolaus ist ja auch der Schutzpatron
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