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Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Der katholische Bulle: Roman (German Edition)

Titel: Der katholische Bulle: Roman (German Edition)
Autoren: Adrian McKinty
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Suppe aus kabbliger grüner See und weißer Gischt. Ich rauchte, knöpfte die Kapuze meines Dufflecoats zu und starrte über die Heckreling hinaus in das brodelnde Kielwasser.
    Ich schaute zu, wie Schottland langsam hinter mir verschwand. Vor mir zeichnete sich Irland ab. Der einzig akzeptable Ort in diesen kargen Gestaden war der graue Streifen See zwischen beiden Ufern.
    In Larne regnete es. In Larne regnete es immer.
    Ich erwischte den Zug, stieg am Barn Halt aus, sprach ein kurzes Ave für Lucy, schnappte mir ein Sechserpack Harp aus dem Schnapsladen und holte mir beim Fish-and-Chips-Shop was zu essen. Ich ging die Victoria Road entlang und aß die Fritten im Regen. Auf der Coronation Road fuhren nur ein paar Wagen, und eine Hand voll Kinder kickten einen Ball herum. Ein Mann ging mit einem Megaphon in der Hand dieStraße entlang und verkündete die baldige Rückkehr des Herrn.
    »Bist du bereit für die Rückkehr Jesu, mein Sohn?«, fragte er mich.
    »In etwa zwanzig Minuten schon«, erwiderte ich.
    Haus Nummer 113.
    Ich öffnete das Tor, ging den Gartenpfad entlang, schob den Schlüssel ins Schloss, ging nach oben, zündete den neuen Petroleumofen an und legte meine nassen Sachen ab.
    Ich machte mir ein Pint Wodka Gimlet und hörte mir die brandneue Scheibe von Police an, Ghost in the Machine . Der klassische Fall: Drei gute Songs und acht Luftnummern, um die Platte zu füllen.
    Ich rief Laura in Straid an, sie fragte, wie es mir ginge, ich antwortete, prima. Ich trank das Sechserpack aus, dann den Wodka, und gegen 20 Uhr war ich hackedicht. Unter Absingen von Rebellenliedern ging ich ins Bett.
    Am nächsten Morgen klopfte es früh an meiner Tür. Große Kerle. Zivil. Special Branch/MI5/Geheimpolizei der Armee. Irgend so was. Einer mit einem roten Schnurrbart, der andere mit einem schwarzen.
    »Sind Sie Sean Duffy?«, fragte Rotbart.
    »Könnte sein«, erwiderte ich argwöhnisch.
    Rotbart zückte eine 9-mm mit Schalldämpfer und drückte sie mir ins Gesicht. Ich machte einen Schritt zurück. Sein Kumpel folgte ihm in den Flur und schloss die Tür hinter sich.
    »Das Wichtigste zuerst. Wo ist das Band?«
    »Welches Band?«
    Rotbart richtete die Waffe auf meine rechte Kniescheibe.
    »Wir schießen dir in beide Knie, beide Knöchel und beide Ellbogen. Dann machen wir uns mit dem Schneidbrenner an die Arbeit. Warum willst du uns die ganze Mühe nicht ersparen?«
    »In meinem Rucksack. Das Band ist noch in meinem Rucksack in der Küche.«
    Rotbarts Kumpel ging und holte es.
    »Okay. Und nun möchten wir ganz gern, dass du mitkommst«, sagte Rotbart.
    »Ich zieh mich nur an«, sagte ich.
    Sie sahen mir dabei zu und führten mich hinaus, aber nicht zu einem Land Rover, sondern zu einem Ford Capri ohne Kennzeichen – ein schlechtes Zeichen. Und eng. Ein Fahrer. Die beiden Burschen und ich.
    Wir fuhren durch Carrick, Greenisland, Newtownabbey, Belfast. Nach Italien sah ich die Stadt mit neuen Augen. Eine zerfallene Welt. Ein verlorener Ort. Fabrikruinen. Ausgebrannte Pubs. Geschlossene Geselligkeitsvereine. Läden mit bombensicheren Fenstergittern. Kontrollpunkte. Gatter für Durchsuchungen. Gepanzerte Polizeireviere. Kaputte Autos. Auf Ziegelsteinen aufgebockte Karren. Streunende Hunde. Graffiti. Wandbilder von Männern mit Masken. Zugemauerte Häuser. Ausgebrannte Häuser. Häuser ohne Augen. Kaputte Fenster, kaputte Spiegel. Kinder, die in Müllbergen und Bombenkratern spielten und sich von hier wegträumten, anderswohin. Der Geruch von Torf und Diesel, fünfzigtausend Nabelschnüre aus schwarzem Qualm, die die graue Stadt mit dem grauen Himmel verbanden.
    Wir fuhren auf den Knockagh Mountain. Weit und breit niemand. Meilenweit nicht.
    »Aussteigen«, sagte Rotbart.
    »Was ist denn?«, fragte ich ängstlich.
    Sie schubsten mich aus dem Wagen.
    »Was ist denn?«, fragte ich erneut, Panik schnürte mir die Kehle zu.
    Sie drückten mich zu Boden und zückten ihre Waffen.
    »Aus irgendeinem Grund, aus irgendeinem unerfindlichen Grund mögen sie dich, Duffy«, sagte Rotbart.
    »Wer mag mich?«
    »Sie mögen dich, deshalb lassen Sie dich am Leben«, sagte Rotbart. Er drückte ab, der Zylinder drehte sich, der Hammer schlug zu. Eine Scheinhinrichtung. Sie hätten mir von der Begnadigung erst hinterher erzählen sollen. Sie hatten es vermasselt. Ich musste beinahe lachen.
    »Der Fall Lucy Moore ist abgeschlossen. Haben Sie das verstanden, Inspector Duffy?«, fragte Schwarzbart mit unverkennbar englischem Akzent.
    »Aye, hab
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