Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Kater läßt das Mausen nicht

Der Kater läßt das Mausen nicht

Titel: Der Kater läßt das Mausen nicht
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
sie die Schublade herauszog, wobei sie sich die Schürze, die
sie immer noch trug, um die eine Hand wickelte und von unten unter die Schublade
faßte — denn sie hatte in der letzten Zeit damit angefangen,
Detektivgeschichten zu lesen — , fand sie Zustände vor, die sowohl sie als auch
ihr verstorbener Mieter als absolutes Chaos bezeichnet hätten.
    »Das hat er bestimmt nicht selbst
gemacht«, teilte sie Edmund mit.
    Selbst wenn der alte Herr nach einem
dieser albernen kleinen Federmesser gesucht hätte — wobei sie persönlich sich
nicht vorstellen konnte, daß es überhaupt ein langweiligeres Thema für einen
abendfüllenden Vortrag geben konnte — und selbst wenn er die Suche bis zur
letzten Minute aufgeschoben hätte, was durchaus möglich war, denn er hatte
zeitlebens Dinge gern auf die lange Bank geschoben, auch wenn man nicht
schlecht über Verstorbene reden durfte, aber Tatsachen blieben nun einmal Tatsachen,
hätte er den Inhalt der Schublade niemals so durcheinandergebracht, denn danach
hätte er die Mühe auf sich nehmen müssen, wieder aufzuräumen.
    Außerdem hätte Professor Ungley genau
gewußt, wo er seine Federmesser zu suchen hatte, und sich schon Wochen vorher
mit ihnen beschäftigt, um dann einen Vortrag auszuarbeiten, der schließlich
kaum Zuhörer finden würde. Bestimmt hätte er sie auch seiner Pensionswirtin
vorgeführt, wenn sich ihm nur eine Gelegenheit dazu geboten hätte, und sie
damit zu Tode gelangweilt. Aber ausgerechnet in der Woche hatte der von der
Kirche organisierte Flohmarkt stattgefunden, und Mrs. Lomax war nur selten zu
Hause gewesen. Eigentlich sollte sie auch jetzt im Gemeindesaal sein und dafür
sorgen, daß das Reinigungskomitee seine Arbeit wenigstens halbwegs ordentlich
durchführte, wobei zu vermuten war, daß dies nicht der Fall war. Statt dessen
ging sie nach oben und griff nach dem Telefon.
     
     

Kapitel 4
     
     
     
     
     
     
     
    » H allo,
spreche ich mit Mrs. Shandy? Der Professor unterrichtet sicher gerade oder
sieht Klausuren durch oder etwas Ähnliches, aber meinen Sie, er könnte
vielleicht trotzdem kurz bei mir vorbeikommen?«
    »Sie meinen, jetzt sofort?« fragte
Helen Shandy, eine kleine Blondine, die sehr wohl das Vorbild jener Helen hätte
sein können, die Edgar Allen Poe in seinem Gedicht An Helen als seine
Psyche pries und deren Schönheit ihn an die »nizeanischen Barken aus alten
Zeiten« erinnerte, obwohl man sich über den letzten Punkt vielleicht streiten
könnte.
    »So schnell wie möglich.« Mrs. Lomax
teilte zwar keinen Gemeinschaftsanschluß mehr, war jedoch aus reiner Macht der
Gewohnheit am Telefon immer noch recht einsilbig. »Wenn es nicht absolut
wichtig wäre, würde ich nicht darum bitten.«
    »Natürlich nicht.«
    Helen war sehr erstaunt, daß Mrs. Lomax
überhaupt anrief, ganz zu schweigen von ihrer ungewöhnlichen Bitte. Betsy Lomax
stellte sich immerhin seit Peter Shandys Hochzeit treulich einmal in der Woche
ein, um das kleine rote Backsteinhaus auf dem Crescent sauberzumachen,
geradeso, wie sie es getan hatte, als Peter noch Junggeselle gewesen war. Sie
war immer sehr redselig, wenn sie zur Arbeit erschien, und stets zu einem
kleinen Gespräch aufgelegt, wenn Helen oder Peter ihr zufällig im Drugstore
oder Supermarkt begegneten, wahrte aber sonst respektvoll Abstand zu den
Professoren des College. Wenn sie sagte, es sei dringend, konnte man sich
darauf verlassen, daß es auch stimmte.
    »Peter ist im Moment im College«,
erwiderte Helen, »aber ich werde versuchen, ihn so schnell wie möglich zu
erreichen. Sind Sie in der nächsten Zeit zu Hause?«
    »Ich werde hiersein.«
    Mrs. Lomax legte den Hörer wieder auf.
Jetzt fühlte sie sich ein wenig besser, was man von Helen nicht behaupten
konnte. Als sie Peter schließlich in seinem Zimmer erreichte, war sie ziemlich
aus dem Häuschen.
    »Ach, wie gut, daß ich dich endlich
finde! Hast du vielleicht gerade einen Studenten bei dir, oder mußt du jeden
Moment weg in deine Vorlesung?«
    »Nichts dergleichen, mein Täubchen. Ich
sitze hier und zerbreche mir den Kopf darüber, wie ich dir am besten den Hof
machen kann. Laß mich aufzählen, was mir in den Sinn kommt. Es hilft mir
bestimmt, meinen Geist von den schauderhaftesten Klausuren abzulenken, die ich
jemals das zweifelhafte Vergnügen hatte zu korrigieren. Hättest du übrigens
gedacht, daß mindestens drei Viertel meiner Studienanfänger in Agronomie keine
Ahnung haben, wie man Fungizid schreibt?«
    »Das kann ich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher