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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder
Autoren: Paul C. Doherty
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erbleichte vor Angst. »Das machst du nicht!« zischte sie.
    »O doch, das mache ich«, antwortete Ranulf ruhig.
    Corbett stand da und schaute dem gespenstischen Schauspiel zu.
    Ranulf flüsterte der Alten noch etwas ins Ohr. »In der Schenke zum Wolfskopf in Southwark«, sagte Lady Fitzwarren. »Der frühere Henker, Wormwood.«
    Ranulf nickte und trat zurück. Corbett sah Cade an und schnippte mit den Fingern.
    »Sperrt sie in eine Kammer im White Tower«, befahl er. »Da soll sie bleiben, bis man weiß, was der König befiehlt.« Er nickte Lady Mary zu, die totenbleich dasaß; ihr Blick war starr, und ihr Mund stand halb offen. »Ranulf, du bringst Lady Neville nach Hause.«
    Corbett setzte sich, und Cade schob die nicht mehr widerstrebende Lady Fitzwarren zur Tür hinaus. Ranulf half Lady Mary behutsam auf die Beine, legte schützend den Arm um ihre Schultern und verließ das Kapitelhaus, ohne sich umzusehen. Corbett sah zu, wie die Tür sich hinter ihnen schloß, lehnte sich zurück und schlang sich beide Arme um die Brust. Er blickte starr ins Dunkel. »Es ist vorüber«, flüsterte er. Aber war es das wirklich? Wie im Krieg, blieben Opfer und Wunden zurück. Er würde seinen Bericht schreiben, ihn mit dem Geheimzeichen versiegeln und sich anderen Dingen zuwenden. Aber was war mit Cade und seiner jungen Dirne Judith? Mit Puddlicott und seinem Bruder? Mit Maltote? Den Mönchen von Westminster? Den Schwestern der Hl. Martha? Alle hatten zu leiden gehabt. Corbett seufzte und erhob sich müde. Was hatte Ranulf wohl der Lady Fitzwarren ins Ohr geflüstert?
    »Er verändert sich«, sagte er leise. Lady Mary Neville, dachte er, ließ diese Veränderungen nur deutlicher hervortreten; Ranulf war umsichtiger und rücksichtsloser in seiner Entschlossenheit. Corbett hatte den brennenden Ehrgeiz im Herzen seines Dieners gesehen. »Tja...« Er zog seinen Schwertgurt strammer und grinste. Wenn Ranulf mehr Macht haben will, dachte er, dann muß er auch die Verantwortung übernehmen, die damit einhergeht. Sein Grinsen wurde breiter, als er entschied, daß Ranulf dafür verantwortlich sein sollte, die furchterregende Lady de Lacey über die Vorgänge in ihrem Orden zu unterrichten.
    Der Sekretär starrte in die zunehmende Dunkelheit. So viel war hier geschehen, daß der Raum von den vibrierenden Leidenschaften, die hier offenbart worden waren, widerzuhallen schien. Corbett mußte daran denken, wie Lady Fitzwarren ihn sarkastisch als »schlauen Jungen« abgetan hatte, und er grinste säuerlich. »So schlau nun auch wieder nicht!« murmelte er. Er hatte sich immer etwas auf seine Logik zugute gehalten, und dennoch hatte gerade sie seine Fortschritte behindert; er hatte geglaubt, Warfield, Puddlicott, de Craon, der Mörder und die Opfer seien allesamt miteinander verflochten. Er hätte daran denken müssen, daß der Logik zufolge nicht unbedingt alle Teile immer dasselbe Ganze bilden und daß Zufall, Glück und Fügung sich den Gesetzen der Logik entziehen. Der einzige gemeinsame Faktor war Westminster mit seiner Abtei und dem verlassenen Palast. Corbett trommelte geistesabwesend auf der Tischplatte. »Der König muß zurückkommen«, flüsterte er, »und sein Haus und seine Kirche in Ordnung bringen.«
    Er verließ das Kapitelhaus, ging über das Abteigelände und mietete sich ein Boot, um flußabwärts zu fahren. Er dachte immer noch an Ranulf, als er seine Haustür aufstieß und den Aufruhr aus dem Söller hörte: Baby Eleanors Quieken, Geschrei und Fußgestampfe und vor allem den wunderbar wilden Gesang walisischer Stimmen. Corbett lehnte sich an die Wand und schlug die Hände vors Gesicht. Er stöhnte. »Jetzt ist mein Glück vollkommen!«
    Oben an der Treppe flog eine Tür auf, und Corbett zwang sich zu einem Lächeln, als Maeve, auf den Arm einer kraftvollen, langhaarigen Gestalt gestützt, herunterrief: »Hugh! Hugh! Du wirst ja so erfreut sein! Onkel Morgan ist eben gekommen!«
    Ranulf verließ Lady Mary Neville an der Ecke ihrer heimatlichen Straße in Farringdon. Sanft küßte er ihre duftenden Fingerspitzen und nickte erkennbar, als sie ihm zuflüsterte, wie dankbar sie für seinen Schutz sei. Dann sah er der schönen Witwe nach, als sie auf ihre Haustür zuging. Sie legte die Hand auf den Türgriff, blieb stehen und schaute noch einmal zur Straße zurück, wo Ranulf mit gespreizten Beinen dastand, die Daumen in den Schwertgurt gehakt. Sie schlug die Kapuze zurück, schüttelte ihr Haar, hob die Hand und warf ihm eine
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