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Der Kapuzenmörder

Der Kapuzenmörder

Titel: Der Kapuzenmörder
Autoren: Paul C. Doherty
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Ranulf. Du weißt, daß ein Eid, den man mir schwört, heilig ist?«
    »Ich werde ihn halten.«
    Puddlicott klopfte mit der Stiefelspitze auf den Boden. »Möchtest du ins Angesicht Christi sehen?« fragte er plötzlich.
    »Was?«
    »Ob du ins Angesicht Christi sehen möchtest?«
    »Natürlich. Was meinst du damit?«
    »Du kennst den Orden der Templer?«
    »Natürlich!«
    »Tja...« Puddlicott holte Luft. »Ich kenne auch nicht die ganze Geschichte, aber manchmal, wenn de Craon beschwipst war, hat er sich verplappert. Sein Herr, Philipp von Frankreich, braucht verzweifelt Geld; die Straßen in ganz Nordfrankreich sind von Soldaten verstopft, weil er Truppen für den Krieg gegen Flandern aushebt.« Puddlicott hob die Hand. »Mir ist klar, daß du das weißt. Aber nun hat Philipp von einer kostbaren Reliquie gehört, dem Leichentuch Christi, das sich im Besitz der Templer befindet.«
    »Und das will er haben, um es ins Ausland zu verkaufen?« Puddlicott verzog das Gesicht. »Ah, aber da steckt noch mehr dahinter. Du mußt wissen, ich hatte drei Aufgaben. Der Einbruch in die Krypta war die eine; die beiden anderen bestanden darin, Erkenntnisse über die Templer in England und über den Aufbewahrungsort ihrer berühmten Reliquie zu sammeln.«
    »Wozu?«
    »Ah.« Puddlicott stand auf und flüsterte Ranulf etwas ins Ohr. Dann trat er zurück und betrachtete genüßlich Ranulfs erstauntes Gesicht.
    »Sagst du die Wahrheit?« fragte Ranulf.
    Puddlicott nickte. »Der Einbruch in die Krypta ist nichts im Vergleich zu Philipps Plänen für die Zukunft. Nur vier andere wissen, was du jetzt weißt.« Puddlicott zählte sie an den Fingern ab. »Philipp von Frankreich, Master Nogaret, de Craon und ich.« Puddlicott zuckte die Achseln. »Und ich bin bald tot. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: Dieser Mistkerl de Craon hat keinen Finger gerührt, um mich zu retten.«
    Ranulf rutschte vom Tisch herunter und hämmerte an die Zellentür.
    »Du wirst dein Wort halten?« fragte Puddlicott flehentlich. Ranulf sah sich um. »Natürlich — vorausgesetzt, daß du mir die Wahrheit gesagt hast.«
    In der Pförtnerstube wühlte Ranulf tief in seiner Börse und drückte dem Kerkermeister ein paar Silbermünzen in die Hand.
    »Du wirst tun, worum ich dich gebeten habe?« fragte er.
    »Ich habe alles verstanden, Master«, antwortete der Mann. »Am Morgen seines Todes wird Puddlicott sich einen Rausch antrinken und sehr hoch auf die Henkersleiter steigen.« Ranulf versicherte ihm, daß er sich davon überzeugen werde, ob sein Geld gut angelegt sei, und mit einem Seufzer der Erleichterung verließ er das Gefängnis. Das eisenbeschlagene Tor schloß sich dröhnend hinter ihm. Eine Zeitlang blieb er noch stehen, sog die kühle Nachtluft ein und schaute zu den Sternen hinauf.
    »Ranulf-atte-Newgate«, sagte er zu sich. »Der Erforscher der Geheimnisse.« Er dachte an das, was Puddlicott ihm zugeflüstert hatte. Oh, er würde es Corbett schon noch erzählen, aber sein eigener flinker Verstand würde Zeit und Ort bestimmen. Puddlicotts schreckliches Geheimnis und seine Offenbarung sollten der Schlüssel zu Ranulfs Glück sein.

ANMERKUNG DES AUTORS

    D ie Ereignisse, von denen in diesem Roman die Rede ist, haben sich tatsächlich zugetragen. Richard Puddlicott war ein gebildeter Schreiber, ein Meister der Verkleidungskunst und ein bekannter Gauner von internationalem Ruf. Er war Kaufmann in den Niederlanden gewesen und hatte infolge wirtschaftspolitischer Maßnahmen Edwards I. finanzielle Einbußen erlitten. Er kehrte nach England zurück, wo er zusammen mit Adam von Warfield und dem Palastverwalter William den großen Raub in der Abtei plante. Die Situation in Westminster war so, wie sie in diesem Roman geschildert wird; in den verlassenen Palastgebäuden gab es keine echte Aufsicht, und die Benediktinermönche, die ihre Mönchspflichten nur nachlässig befolgten, waren für einen Mann wie Richard Puddlicott eine leichte Beute. Im verlassenen Palast wurdennächtliche Orgien gefeiert, bei denen Puddlicott, Adam von Warfield und William von Senche die Hauptrollen spielten. Prostituierte und Kurtisanen wurden zu diesen Orgien eingeladen, und von diesen nächtlichen Ausschweifungen gingen Puddlicott und Warfield zu ihren Räubereien über.
    Auf dem alten verlassenen Friedhof wurde Hanf ausgesät, und Puddlicott grub, gedeckt von Warfield, seinen Tunnel in die Krypta. Große Mengen von Silbergeschirr und frischgeprägte Münzen wurden beiseite geschafft.
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