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Der Kampf der Insekten

Der Kampf der Insekten

Titel: Der Kampf der Insekten
Autoren: Frank Herbert
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tiefhängenden Wolken bedeckt.
    Die Konturen einer Flußinsel ragten geisterhaft aus den ziehenden Nebeln voraus. Die Strömung zog die Kapsel nach rechts, vorbei an hängengebliebenen Treibgutansammlungen, die in der Strömung vibrierten. Nun bemerkte Joao, daß die Kapsel eindeutig Schlagseite hatte, und er wußte, daß er hinausgehen und den Schwimmer auspumpen sollte. Er wußte auch, daß er die Kraft hatte, es zu tun, aber er brachte nicht die Energie auf, seinen Sitz zu verlassen.
    Als die Insel vorbeizog, meldete sich Rhins Stimme: »Wann hat der Regen aufgehört?«
    Chen Lu antwortete vom hinteren Teil der Kabine:
    »Kurz vor Morgengrauen.« Ein trockenes Husten unterbrach ihn, dann sagte er mühsam: »Von unseren Freunden habe ich kein Zeichen gesehen.«
    »Wir hängen auf der rechten Seite«, sagte Rhin.
    »Ich wollte mich gerade darum kümmern«, sagte Chen Lu. »Joao, ich glaube, es genügt, das Ansaugrohr in den Schwimmer zu stecken und den Handhebel zu bedienen. Ist es so?«
    Joao schluckte, erstaunt, welche Dankbarkeit er empfand, daß Chen Lu ihm diese Arbeit abnehmen wollte.
    »Ja«, sagte er. »Mehr ist nicht dabei. Die Inspektionsplatte auf dem Schwimmer hat einen einfachen Schnappverschluß.« Er lehnte sich zurück und schloß die Augen. Er hörte Chen Lu hinausklettern. Ein Schwall frischer, feuchter Luft kam in die Kabine.
    Rhin betrachtete Joao und bemerkte, wie müde und eingefallen er aussah. Seine geschlossenen Augen waren wie die Höhlen eines Totenkopfs, von dunklen Schatten umgeben.
    Mein letzter Liebhaber, dachte sie. Der Tod.
    Der Gedanke verwirrte sie, und sie wunderte sich, daß sie an diesem Morgen keine Gefühlswärme für den Mann aufbringen konnte, der sie während der Nacht in animalische Leidenschaft versetzt hatte. Eine postkoitale Depression hatte sie ergriffen, und nun schien Joao nicht mehr als der Partner einer flüchtigen Begegnung zu sein, einer von vielen Männern, mit denen der Zufall sie zusammengeführt hatte, um einige Momente explosiver Lust zu teilen.
    Es war keine Liebe in diesem Gedanken.
    Noch Haß.
    Ihre Gefühle waren jetzt fast geschlechtslos und gleichgültig. Die Paarung in der Nacht war eine beiderseitige Erfahrung gewesen, aber der Morgen hatte sie zu etwas Geschmacklosem gemacht.
    Sie wandte die Augen von ihm weg und blickte flußabwärts.
    Der Nebel begann sich aufzulösen und auseinanderzutreiben. Durch seine Schleier sah sie eine schwarze Basaltwand in ungefähr zwei Kilometer Entfernung. Es war schwierig, die Entfernung zu schätzen, aber die Felsen erhoben sich wie ein Geisterschiff über den Dschungel.
    Sie hörte die Pumpe Luft ansaugen und bemerkte, daß die Kapsel ihre Schlagseite verloren hatte.
    Kurz darauf kehrte Chen Lu zurück. Er brachte einen neuen feuchtkühlen Luftschwall mit sich, der aufhörte, als er die Tür verriegelte.
    »Draußen ist es beinahe kalt«, sagte er. »Was zeigt der Höhenmesser, Joao?«
    Joao rappelte sich auf, spähte zu den Instrumenten. »Sechshundertacht Meter«, sagte er.
    »Wie weit werden wir gekommen sein?«
    Joao zuckte die Achseln und blieb still.
    »Zweihundert Kilometer?« fragte Chen Lu.
    Joao sah die vom Wasser fast überfluteten Uferböschungen vorbeiziehen. »Vielleicht.«
    Eine müßige Überlegung, dachte Chen Lu. Die frische Luft und die Bewegung hatten ihn aufgemuntert und hungrig gemacht. Er grub in der Proviantkiste, verteilte Rationen und aß mit gesundem Appetit.
    Ein plötzlicher Regenguß peitschte gegen die Windschutzscheibe. Eine heftige Bö traf die Kapsel von der Seite und stieß sie aus der Bahn. Sie begann erneut zu kreiseln, und die Strömung brauchte lange Minuten, bis sie die Schwimmer wieder ausgerichtet hatte. Der Wind ließ rasch nach, aber der Regen fiel mit der Gewalt eines tropischen Wolkenbruchs und machte die Ufer zu schemenhaften grauen Silhouetten. Der Fluß schien hier annähernd einen Kilometer breit zu sein, eine schmutzigbraune, aufgewühlte See, übersät mit treibenden Inseln aus Riedgras, losgerissenen Büschen und Ästen, entwurzelten Bäumen.
    Plötzlich schwankte die Kapsel. Etwas schlug dumpf gegen Metall und kratzte unter den Schwimmern. Joao saß mit angehaltenem Atem und wartete auf das Wegsacken des rechten Schwimmers. Die Angst preßte sein Herz zusammen.
    »Eine Untiefe?« fragte Chen Lus ruhige Stimme.
    Zu ihrer Linken hob sich ein Baumstamm mit anhängendem Wurzelstock aus dem braunen Wasser, triefend und knorrig wie ein unheimliches Seeungeheuer,
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