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Der kalte Kuss des Todes

Der kalte Kuss des Todes

Titel: Der kalte Kuss des Todes
Autoren: Tatjana Stepanowa
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zurück. Einer nicht ganz richtig im Kopf, der zweite ein Schwuler, der dritte ein eiskalter, zynischer Schuft. . .« Kolossow leerte sein Glas in einem Zug. Katja wunderte sich – war es auch für ihn schmerzlich, darüber zu sprechen? Dabei war Kolossow alles andere als sentimental. »Ich glaube, für Dmitri begann diese Geschichte in dem Moment, als klar wurde, dass sein Vater an Krebs stirbt. Die Ärzte gaben Wladimir Kirillowitsch höchstens noch ein halbes Jahr. Und er würde nach seinem Tod ein großes Vermögen hinterlassen.«
    »Aber Dmitri hätte doch in jedem Fall seinen Anteil bekommen – den gleichen wie seine Brüder? War ihm das denn zu wenig?«, fragte Sergej.
    Kolossow lächelte spöttisch. »Dmitri ist einer von der Sorte, die keinen Anteil wollen, sondern alles, und das sofort. Er kommt aus einer Familie, die niemals Not gelitten hat. Als der Vater auf die geliebte Kommunistische Partei spuckte und sich Stattdessen aufs Business warf, ging es der Familie materiell sogar noch besser. Kassjanow und ich haben Erkundigungen über das Vermögen der Familie eingezogen, das den Brüdern Basarow zugefallen ist: außer den Anteilen an › Ö1 und Gas ‹ noch mehrere privatisierte Wohnungen – und was für welche. Eine Sechszimmerwohnung an der Granowski-Straße, die dem Großvater gehört hat, die Vierzimmerwohnung ihres Vaters und eine weitere Vierzimmerwohnung – die der Zwillingsbrüder. Außerdem zwei Datschen, ein Grundstück an der Rubljower Chaussee und das Camp in Otradnoje. Dazu eine Gemäldesammlung – Rodschenko, Kandinsky, Röhrich, Somow, Bakst, Dobushinski – , eine Porzellansammlung aus den Zwanzigerjahren und eine Münzsammlung. Insgesamt Sachwerte, Immobilien und Geldeinlagen in Höhe von fünf Millionen Dollar. Und das alles sollten die Brüder nach dem Tod von Vater und Großvater unter sich aufteilen.«
    »Aber das kann Dmitri doch nicht zu wenig gewesen sein!«, platzte jetzt auch Katja heraus.
    »In ihrer Ölfirma waren sie seit langem gewohnt, mit Summen umzugehen, die für uns fantastisch klingen. Unter Wladimir Basarows Geschäftsfreunden gibt es noch viel reichere Leute, für die fünf Millionen nur ein Klacks sind. Dmitri war mit dem ganz großen Geld vertraut, obwohl er nach den Maßstäben seiner Kreise zunächst noch beinahe ein armer Schlucker war – bloß ein gutes Gehalt, einen klingenden Namen und die Aussicht auf sein Erbe. Dmitri wollte keinen Anteil von anderthalb Millionen, er wollte die fünf Millionen, und zwar sofort. Für unsereins sind schon anderthalb Millionen Dollar unvorstellbar viel Geld, aber in seinen Kreisen ist es ein großer Unterschied, ob einer anderthalb oder fünf Millionen hat. . .
    Dmitri liebt das Geld nicht nur leidenschaftlich, er weiß auch, damit umzugehen. Ich verwette meinen Kopf, dass er bis heute der Überzeugung ist, das Kapital der Familie besser als seine Brüder verwalten und das meiste herausholen zu können. Und damit hat er wohl Recht. Dmitri gehört zu den Menschen, denen nichts unmöglich erscheint. Sie setzen sich ein Ziel und rollen darauf los wie ein Panzer, der alles zerquetscht, was ihm im Weg ist. Doch zwischen Dmitri und dem gesamten Erbe standen zwei Menschen – seine beiden Brüder. Und damit war ihr Schicksal besiegelt. Wie jeder berechnende, vorsichtige Schurke begann Dmitri schon früh, noch zu Lebzeiten seines Vaters, sein Ziel anzusteuern. Denn es ist ja viel ungefährlicher, die Konkurrenten zu beseitigen, solange das Ziel noch nicht offensichtlich ist und der Vater noch lebt. . .
    In der Beziehung zu seinen Brüdern, den Konkurrenten, gab es allerdings gewisse Besonderheiten, die Dmitris Handlungen beeinflussten. Den einen Konkurrenten – den jüngeren Bruder Iwan – hasste sowohl er als auch Stepan. All ihre Feindseligkeit gegenüber der Stiefmutter übertrugen die Zwillinge auf Iwan. Den zweiten Konkurrenten jedoch, seinen Zwillingsbruder, sein zweites Ich, liebte Dmitri auf seine Weise und hatte Mitleid mit ihm. Die beiden waren zu sehr miteinander verbunden. Den Jüngeren aber verurteilte Dmitri sofort.
    Iwan wollte mit uns nicht über Familienangelegenheiten sprechen; inzwischen aber hat die Angst ihm ein wenig die Zunge gelöst. Aus seinen Aussagen ergibt sich folgendes Bild: Gleich nachdem bekannt wurde, dass der Vater an Krebs erkrankt war, hatte Iwan einen Autounfall – aus heiterem Himmel versagten plötzlich die Bremsen. Iwan gibt zu, dass er damals zu Tode erschrocken war und gleich den
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