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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf
Autoren: Adam Frank
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Radaubrüder das Volk aufwiegelten. Dadurch haben sie nur das Selbstvertrauen des Pöbels gestärkt. Verständnis für die Bedürfnisse des Handels und für berechtigte Wünsche der Kolonien habe ich bei unserem jetzigen Premierminister nicht bemerkt. Sie wissen, daß das auch Lord Chatham in aller Öffentlichkeit gesagt hat.«
    »Kein Wunder«, explodierte Mr. Grey, aber es blieb offen, was er damit meinte, denn die Bremsen der Kutsche quietschten, und die Insassen wurden nach vorn geschleudert.
    Als sie wieder Halt gefunden hatten, die Türen aufrissen und nach dem Kutscher riefen, hörten sie, daß ein verdammter Dorftrottel mit seiner Karre in letzter Sekunde vor dem Wagen die Straße passieren wollte, daß man in Guilford sei und noch wenige hundert Yards zum ›Weißen Adler‹ zu fahren habe, wo die Pferde gewechselt würden.
    David sprang mit einem Satz aus dem Wagen, die anderen kletterten etwas steifbeinig heraus und reckten sich.
    »Eine Stunde, werte Herren, der Wirt soll sich mit dem Essen beeilen«, kündete der Kutscher an und fuhr die Kutsche in den Hof zum Pferdewechsel.
    »Na, David, ob du hier Sauerkraut bekommen wirst, scheint mir zweifelhaft«, nahm Mr. Foot leutselig Kontakt auf. Davids Einwurf, daß er Sauerkraut nicht besonders möge, ließ seinen Onkel auflachen. »David, du bist ein Hannoveraner, unser König ist ein Hannoveraner und hält Sauerkraut für eine Delikatesse. Da kannst du doch nicht alles durcheinanderbringen. Für uns seid ihr Sauerkrautesser und die Franzosen Froschesser, so einfach ist das! Aber Spaß beiseite, ich habe in meinem Lager immer Fässer mit Sauerkraut. Einige Kapitäne schwören darauf zur Vorbeugung gegen den Skorbut. Die Dänen nehmen es vor allem.«
    Im Gastzimmer servierte man einen köstlichen Lammbraten mit vielen Beilagen. Die Herren tranken Bier, ein Gläschen Port, und David konnte zwischen Milch und Sorbet wählen.
    Sie hatten ihr Mahl kaum beendet, als Davids Onkel zu seinen Gefährten sagte: »Sie rauchen sicher noch ein Pfeifchen, meine Herren, und Sie wissen, wie ungern ich ruhig am Tisch sitze. Erlauben Sie bitte, daß ich mit meinem Neffen ein paar Schritte auf und ab gehe.«
    Sie waren kaum aus dem Haus, als David sich dem Onkel zuwandte: »Onkel William, bitte, was ist das alles mit den amerikanischen Kolonien? Ich bin nicht richtig daraus schlau geworden.«
    »Wer wird das schon, mein Junge. Deine Wißbegier in Ehren, aber um dir das alles zu erklären, brauchte ich viel Zeit. Zuerst muß ich dir sagen, daß ein älterer Vetter von mir in Massachusetts lebt und mir einiges geschrieben hat von der Arroganz und Anmaßung der Beamten, die ihnen London schickt, und von der Dummheit, mit der man vernünftige Vorschläge der gemäßigten Kolonisten ablehnt.«
    Mr. Barwell gab seinem Neffen dann in seiner etwas belehrenden Art, die man bei einem Schiffsausrüster kaum erwarten würde, Auskunft über seine Ansicht von der Entwicklung des amerikanischen Problems. Er erzählte ihm, wie die dreizehn Kolonien in ihrem Handel durch Gesetze ganz auf das Mutterland orientiert seien, daß England an allem verdiene, was Amerika im- und exportiere.
    Er erklärte ihm, daß sich Händler und Handwerker in ihren Entwicklungsmöglichkeiten durch die vielen Gesetze eingeengt sähen, die ihnen den Bau von Manufakturen und den selbständigen Handel mit anderen Staaten verboten. Für die Opposition gegen die englische Verwaltung, die auch die Landnahme westlich der Alleghenies verhindern wollte – erfolglos bei dem Landhunger der Kolonisten –, zeigte er Verständnis.
    Sehr viel weniger Verständnis ließ er für die Forderung der Kolonisten erkennen, daß eine Steuererhebung gesetzwidrig sei, solange sie nicht im Parlament vertreten seien. Seiner Meinung nach sei es völlig unmöglich, jeden Briten in jedem Teil der Welt eine direkte Repräsentanz im Unterhaus zuzugestehen.
    »Wenn das Unterhaus aufgelöst wird, braucht man viele Monate, die Nachricht in alle Teile der Welt zu bringen und noch einmal Monate, um die Ergebnisse der Neuwahlen oder die neuen Abgeordneten ins Mutterland zu senden. Das Land ist dann öfter ohne Parlament als mit.«
    Solche unsinnigen Forderungen müßten die Rechte der Bürger gefährden, statt sie zu fördern. Auch im Mutterland sei die Repräsentanz mehr ein Prinzip. Jeder wisse, daß in einigen Wahlkreisen wenige Stimmen zur Wahl eines Abgeordneten genügten, während in manchen Städten viele tausend Menschen auch nur einen
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