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Der Junge mit den blauen Haaren

Der Junge mit den blauen Haaren

Titel: Der Junge mit den blauen Haaren
Autoren: Doris Loesel
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Art von Locken, in die man nur allzu gerne seine Finger graben und sie lediglich zu dem Zweck bewegen würde, um den Kopf näher zu sich heranzuziehen.
Uiuiui, Kim!
Augen, so tiefblau wie der Ozean bei Nacht.
Kobaltblau – eindeutig !
Ich ertrinke gerade.
Bevor ich absaufe, höre ich ihn stammeln.
„Deine … Augen …“
Ja? „… ähm, du hast …“
Oh Gott – was hab ich? Ich reibe mir, hoffentlich nicht allzu offensichtlich, mit den Fingerspitzen über die Augeninnenwinkel.
„… Augen …“
Ach ja? Ist mir gar nicht aufgefallen. Ich verdrehe dieselben, und setze unverzüglich meine Inspektion dieses gnadenlos heißen Exemplars von einem Jungen fort. Sicher ist sicher und ich weiß ja nicht, ob ich vielleicht nur tagträume und er sich im nächsten Augenblick in Luft auflöst.Ein zierlicher silberner Ring steckt in seiner linken, ich vermute mal modisch, rasierten Augenbraue.
Eine wunderschöne männliche, gerade Nase. Die Nasenflügel leicht gebläht, als schnuppere er gerade nach …
… was? Mir?
Oh Mist … habe ich vergessen, mein Deo zu benutzen heute Morgen?
Ich kann mich gerade noch davon abhalten, meine Nase in meinen Achselhöhlen zu vergraben.
Sei nicht dämlich, … du hast geduscht, doofe Nuss!
Mein Blick fällt auf seinen Mund … oh Herr … dieser Mund … diese Lippen … wie sie sich wohl anfühlen mögen?
Das winzige Anheben seines linken Mundwinkels holt mich augenblicklich wieder auf den Boden (welche Ironie) der Tatsachen zurück, bevor ich noch beginne, die altehrwürdigen, aber vollkommen unbequemen Holzdielen, auf denen ich noch immer bewegungsunfähig hocke, vollzusabbern.
Lacht er mich etwa aus? Oder … oder habe ich laut gesprochen? Oder … kann er womöglich meine Gedanken lesen? Eine Hand streckt sich mir entgegen. Eine Hand mit langen schlanken Fingern, deren Ende perfekt manikürte Fingernägel zieren.
„Möchtest du dich noch etwas ausruhen oder darf ich dir beim Aufstehen helfen?“
Höre ich da etwa einen belustigten Unterton?
„Danke, es geht schon“, antworte ich harscher, als ich eigentlich will.
Vielleicht will ich es aber doch .
… schließlich habe ich mich gerade eben zum Deppen gemacht!
Er ignoriert meine Worte und umfasst mit seinen wunderschönen Händen meine Handgelenke. Dann zerrt er mich mit mehr Schwung hoch, als ich erwartet habe. Ich taumele und lande mit meinem Gesicht an seiner Brust.
Jetzt bin ich es, deren Nasenflügel sich blähen.
Himmel, riecht er gut!
Ich inhaliere tief, tiefer, noch tiefer … und sacke ohnmächtig in seinem Armen zusammen.
„Hey, Kleines!“
Ich spüre, wie ich langsam wieder zu mir komme, was vermutlich an den Schlägen liegt, die quasi im Sekundentakt auf meine Wangen prasseln.
Meine Lider fliegen auf und ich starre mit großen Augen in den Ozean. Ich versuche verzweifelt noch mehr Luft in meine Lungen zu saugen, bevor ich ertrinke.
„Nein … nein, Kleines, du musst ausatmen!“
Ausatmen? Wie geht das?
Der Blick, den er mir jetzt zuwirft, zeigt keinerlei Belustigung mehr. Eher Besorgnis.
Meinetwegen? Hmm, darauf lässt sich doch aufbauen …
Endlich gelingt es mir mit einem Pfeiflaut, meine annähernd zehn Liter Lungenvolumen zu halbieren und damit auf ein gesünderes, wenn auch nicht normales, Maß zu reduzieren.
„So ist’s gut, Kleines!“
Ich schließe mich seinem Atemrhythmus an und atme gemeinsam mit ihm durch die Nase ein, durch den Mund wieder aus, wobei ich mich ganz auf seinen Mund konzentriere. Diesen Mund, mit den wunderschön geschwungenen Oberlippen und den etwas volleren Unterlippen, die ihm einen süßen Schmollmund verleihen.
„Hey, hey“, höre ich erneut die Stimme, die vermutlich Tote erwecken kann, „konzentriere dich auf mich!“
Was, in aller Welt, glaubst du, tue ich hier? „Atme mit mir zusammen, ja, ganz genau so. So ist’s richtig, Kleines!“
Seine Worte vibrieren in meinen Ohren.
Warum tun sie so etwas?
„Oh mein Gott!“, quieke ich, als ich feststelle, dass mein Unterkörper zwar noch immer auf dem harten Fußboden hockt, mein Oberkörper aber ganz eng an seinen gepresst wird.
Bevor ich mich wieder in seinem Duft verliere, spüre ich, wie er mit zwei Fingern mein Kinn anhebt und mir tief in die Augen sieht.
„Nicht ablenken lassen … atmen!“
Nicht ablenken lassen? Du hast gut reden! Wie stellst du dir das vor? Erneut zupft dieses winzige Lächeln an seinem linken Mundwinkel und ich stelle mir, dieses Mal erheblich lauter, die Frage, ob er meine Gedanken liest.
Diese
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