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Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Titel: Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)
Autoren: Ian Brown
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Stängeln. Die großen Klischees, weil Kinder auf diese Klischees gut reagieren – zumindest normale Kinder, Walker aber nicht. Jeder gelbe Eimer ist so grob zu handhaben wie der nächste, jeder erinnert daran, wie dunkel, trübe und platt rudimentär unser Verständnis von kindlicher Entwicklung eigentlich ist, wie wenig wir wissen. Aber stapelbar: Das immerhin spricht für die Eimer, sie sind stapelbar. Ich weiß alles darüber, weiß, wie entscheidend es ist, dass Dinge stapelbar sind, in einem Haus voller Zeugs und Enttäuschungen.
    Jedes Mal, wenn ich mir diese gelben Aktivitätseimer anschaue (und ich habe sie deshalb in die Sauna gestopft, damit ich sie nicht sehen muss), erblicke ich in all ihren Details die Geschichte von Walkers Leben. Es sind nur einige wenige der sorgfältig etikettierten Apparate, die die Erziehungsämter und sonderpädagogischen Einrichtungen und Hilfsgruppen uns geliehen haben – geliehen haben! In der Erwartung, dass wir sie abwaschen und wieder zurückgeben, wenn das Problem eines Tages gelöst ist. Als ob wir, wenn der Tag käme, in der Lage wären, sie unter der Flut der Spielzeuge, mit denen wir lebten, wiederfinden zu können, als ob wir noch wüssten, von welcher der Dutzenden von Einrichtungen sie stammten und wo sich diese Einrichtung jetzt befand, sie abwaschen und in den Wagen stopfen – vielleicht könnte Walker mitkommen – und sie wieder zurückbringen könnten! Was für ein hübscher Traum. Ich wünschte, das würde so funktionieren, mein Gott, mehr als jeder andere wünschte ich, das würde so funktionieren.
    Stattdessen hausen diese gelben Eimer in der unbenutzten Sauna und verursachen bei mir bis heute Schuldgefühle, noch eine Aufgabe, die ich aus Zeitgründen nicht gelöst habe. Da gab es doch ein klar entwickeltes Programm, das Walker alle möglichen Fertigkeiten beibringen sollte. Sehschärfe! Grobmotorik! Richtige Verbindung von Hand und Geräusch! Die Fähigkeit, seinen Finger in ein verdammtes Loch zu stecken! Warum konnte ich mich nicht an diesen Lehrplan halten? Ganz bestimmt taten das andere Eltern – deshalb war das Programm ja so entworfen worden. Zumindest war ich einmal davon überzeugt gewesen.
    Da machte es nichts, dass dieses Programm meinem Jungen nie irgendetwas beigebracht hatte.
    Der rätselhafteste der geliehenen und eingesackten Gegenstände ist die rot-weiße, dreieckige Schachtel. Auf diese Kiste ist ebenfalls ein Etikett geklebt worden:
    SPIELZEUG FÜR BESONDERE KINDER
    PLASTIK PRISMA
    Nr. 5 im Katalog
    Die drei langen Seiten der dreieckigen Kiste sind rot, die Eckkanten sind weiß. Vier der fünf Seiten sind so entworfen, dass sie »Das Kind« auf verschiedene Weise stimulieren.
    Auf einer Seite ist ein Spiegel – der Spiegel ist so zerkratzt, dass er wie ein Stück Straßenpflaster wirkt, aber es ist dennoch ein Spiegel.
    An einer anderen Seite befindet sich auf beiden Seiten eines Lämpchens jeweils ein Knopf. Das Lämpchen befindet sich in der Mitte eines abgesenkten Kreises.
    An der dritten Seite ist ebenfalls eine Einbuchtung, in der sich ein Smiley-Gesicht aus lauter winzigen roten Lämpchen befindet. Unter dem Gesicht ist eine hölzerne Walze, die sich nicht dreht, sondern klickt, wenn man darauf drückt.
    Schließlich befindet sich am Boden der Kiste eine Schnur, mit der man einst die Lämpchen von dem Gesicht aufleuchten lassen konnte. Meiner Erfahrung nach haben diese Lämpchen nie funktioniert, aber in der Theorie sollen sie es. Die Theorie ist die, dass wenn »Das Kind« an der Schnur zieht, die Gesichtslämpchen angehen, woraufhin »Das Kind« stimuliert wird, seine oder ihre Hand zu der Kurbel unter dem Gesicht auszustrecken, und dann macht diese Kurbel ihr kleines Geräusch. Die Absicht und die Theorie dieser Kiste werden von einer Formel ausgedrückt:
    Schnur + Lämpchen = Gesichtserkennung mit Stimme/ Geräusch-Verknüpfung
    Der Zweck dieses Spielzeugs war also, Walker beizubringen, dass er Gesichter mit Stimmen verbinden sollte, die Vorstellung in seinem Verstand zu etablieren, dass ein Gesicht und eine Stimme in Beziehung zueinander standen. Zumindest ist das meine Vermutung. Ich versuchte, den Hersteller anzurufen, um zu erfahren, was genau dieser Apparat meinem Jungen beibringen sollte, der manchmal lächelt, wenn ich mich mit meinem Gesicht an seins schmiege und seinen Namen rufe, aber der Name des Herstellers steht nicht auf dem Spielzeug. Vielleicht hätte das auch nur allzu sehr abgelenkt.
    Ich erinnere mich
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