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Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Der Junge, der mit den Piranhas schwamm

Titel: Der Junge, der mit den Piranhas schwamm
Autoren: Ravensburger
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Herzen so rein wie der Mond. Werden wir ihn finden, Wahrsager-Rosi?“
    „Denkt an ihn und blickt hinauf zum Mond“, sagt Wahrsager-Rosi. „Er strahlt immer dann am hellsten, wenn er mit Sehnsucht im Herzen betrachtet wird. Schaut hinauf zum Mond und ruft mit euren Herzen nach eurem verlorenen Jungen.“
    Annie und Ernie heben den Blick und sehen, dass der Mond heller strahlt. Und nur ein paar Hundert Meter entfernt tritt ihr Junge, ihr Stan, einen Augenblick lang aus dem Scheinwerferlicht. Auch er blickt zum Mond und sehnt sich nach seiner verlorenen Familie, und der Mond strahlt noch ein bisschen heller. Und für den Bruchteil einer Sekunde sehen sie einander vereint in der glänzenden Scheibe des Mondes. Und sie rufen sich beim Namen.
    „Kommt zu mir“, flüstert Stan. „Bitte kommt zu mir!“
    Und Annie und Ernie fragen Wahrsager-Rosi: „Wo werden wir ihn finden?“
    Aber Wahrsager-Rosi ist fort. Sie ist in die Schatten und die Dunkelheit hinter dem Licht verschwunden. Und so nehmen sie einander bei der Hand und stolpern weiter, eilen zum Jahrmarkt. Sie gehen zwischen den Wohnwagen am Rand des Platzes hindurch, an den Schaustellern und Artisten vorbei und an dem Zelt, das aussieht wie die Welt, an der Ringkampfarena und am Grill Zum wilden Eber , und sie nähern sich der Menge im Herzen des Jahrmarkts. Sie werden von den Stimmen, dem Gelächter und der Erregung magisch angezogen.
    Sie treffen auf den äußeren Rand der Menschenmenge. Sie versuchen über sie hinwegzuschauen. Sie stellen sich auf die Zehenspitzen.
    „Was ist da los?“, fragt Annie.
    „Keine Ahnung“, sagt Ernie. „Ich kann nichts erkennen, Liebling.“
    Dann sehen sie es beide. Da steht ein Junge in einem blauen Umhang vor einem großen, erleuchteten Fischbecken. Er steht mitten im Scheinwerferlicht.
    „Das ist ein Junge“, sagt Annie.
    „Das kann nicht sein!“, keucht Ernie.
    „Nein!“
    „Er ist es!“
    „Er ist es!“
    „Stan!“, rufen sie. „ STAN !“
    Aber ihre Stimmen verlieren sich in dem Tumult der anderen Stimmen, die nun durch die Nacht hallen.
    „Stan! Stan! Stan! Stan!“
    „Was hat er vor?“, ruft Ernie.
    Die beiden versuchen sich durch die Menge nach vorne zu zwängen. „Das ist unser Junge“, sagen sie immer wieder. „Bitte lassen Sie uns zu unserem Jungen durch.“
    Aber sie kommen nur langsam vorwärts. Die Menschen stehen dicht an dicht.
    „ STAN ! Was hast du vor?“

Fünfundvierzig
    „Der Moment der Wahrheit ist gekommen!“, verkündet Pancho Pirelli.
    Die Menge wird still.
    „Ihr seht vor euch“, sagt Pancho, „einen Jungen, der an den Ufern des Orinoko aufgewachsen ist.“
    „ Was sehen wir?“, sagt Ernie.
    „Am Orinoko?“ , sagt Annie.
    „Wird dieser außergewöhnliche Junge mit den Piranhas tanzen?“
    „Wird er – was?“ , sagt Ernie.
    „Oder wird er vor Ihren Augen aufgefressen werden?“
    „ WAS ?“ , brüllt Annie.
    „ WAS ?“ , brüllt Ernie.
    „ STAN !“ , brüllen sie gemeinsam. „ STAN ! WIR SIND’S !“
    Aber die Menge ist wieder lauter geworden. Die Leute murmeln und rufen und pfeifen. Sie schieben sich näher an das Becken heran. Annie und Ernie schaffen es immer noch nicht durchzukommen.
    „Das ist unser Junge!“, schreien sie. „Lassen Sie uns zu unserem Jungen!“
    Und ringsum sagen sie: „Das ist doch bloß ein Junge. Ein hagerer, dürrer, kleiner Kerl. Wie ist es möglich, dass er so etwas kann?“
    „Er kann es ja nicht!“, jammern Annie und Ernie. „Er ist bloß ein ganz normaler kleiner, lieber Junge!“
    In seinem Herzen ist Stan weder hager noch dürr. Er ist mutig und stark und bereit, etwas ganz Wunderbares zu tun. Er nimmt den Umhang ab. Er steigt die Leiter hoch. Die Fische schwimmen nach oben. Stan bleibt oben am Rand des Beckens stehen. Er setzt die Taucherbrille auf. Er hebt die Hand und winkt, und die Menge verstummt. Bis auf zwei angsterfüllte Stimmen.
    „ STAN ! STAN ! WAS UM ALLES IN DER WELT HAST DU VOR ?“
    Stan bleibt stehen und lauscht. Er nimmt die Taucherbrille ab und schaut in die Menge. Und er sieht Onkel und Tante. Sie winken ihm verzweifelt zu und versuchen sich einen Weg zu ihm zu bahnen. Sie rufen seinen Namen, wieder und wieder. Sein Herz quillt über vor Freude.
    „Tante Annie!“, ruft er. „Onkel Ernie!“
    „Geh da nicht rein, mein Junge!“, schreit Annie.
    „Komm da runter, Stan!“, schreit Ernie.
    Stan lacht. Er setzt die Taucherbrille wieder auf. „Keine Angst!“, ruft er. „Ich mache das für
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