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Der italienische Geliebte (German Edition)

Der italienische Geliebte (German Edition)

Titel: Der italienische Geliebte (German Edition)
Autoren: Judith Lennox
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junge Frau auf Schlittschuhen drehte sich mit wehendem blonden Haar auf dem zugefrorenen Weiher. Milo blieb reglos stehen und sah ihr zu. Das war, dachte er unwillkürlich, während er sie fasziniert beobachtete, keine englische Szene, sie schien nicht einmal der heutigen Zeit anzugehören. Die junge Frau ging ganz in ihrem einsamen Tanz auf dem Eis auf. Sie schien ihm in ihren Bewegungen, den langen Gleitschritten und wirbelnden Drehungen, wie entrückt – ja, so konnte man es nennen.  
    Er dachte, sie hätte ihn nicht bemerkt, aber sie rief ihm zu: »Der Hund – ist das Ihrer?«  
    »Ja.« Milo ging zum Weiherrand. »Es ist eine Hündin und sie heißt Julia.«  
    »Ein hübscher Name.«  
    Die Füße geschlossen nebeneinander glitt sie über das Eis zu ihm hin. Ihr Gesicht hatte einen unglaublichen Liebreiz, die Haut wie Milch und Blut, leicht gerötet von der Kälte, die Augen unter den geraden Brauen von langen dunklen Wimpern umkränzt.  
    »Haben Sie auch einen Hund?«, fragte er.  
    »Leider nicht.« Sie lächelte. »Ich bin zu viel unterwegs, aber irgendwann möchte ich einen haben.« Am Ufer angelangt, beugte sie sich zu Julia hinunter und streichelte sie. »Sie Glücklicher. So ein schönes Tier.«  
    »Aber auch sehr lebhaft. Sie braucht eine Menge Auslauf. Ein Glück, dass ich gern wandere. Ich mache den Weg hier oft. Er führt durch den Wald.« Milo wies mit wedelnder Hand in Richtung Alte Mühle. »Ich lebe in Little Morton, ungefähr fünf Kilometer von hier.«  
    »Dann sollten Sie jetzt vielleicht besser umkehren. Nicht dass Sie sich in der Dunkelheit verlaufen.«  
    »Ganz sicher nicht. Ich kenne diese Gegend wie meine Westentasche.«  
    Im abendliche Zwielicht konnte er die Farbe ihrer Augen nicht erkennen. Grau vielleicht, oder hellbraun. »Als ich Sie sah, dachte ich im ersten Moment, ich wäre in eine frühere Zeit zurückversetzt worden, ins alte Russland vielleicht oder ins Wien der Jahrhundertwende. Ich hielt Sie beinahe für einen Geist.«  
    Sie lachte. »Nein, ich bin kein Geist. Ich bin langweilige moderne Wirklichkeit.«  
    Er betrachtete sie einen Moment, erneut tief beeindruckt von ihrer Schönheit. »Sie haben ausgesehen, als wären Sie in einer anderen Welt.«  
    »Schlittschuhlaufen ist etwas Herrliches.«  
    Sie schien gehen zu wollen, darum sagte er schnell: »Ich sitze wahrscheinlich zu viel an der Schreibmaschine. Ich bin Schriftsteller, wissen Sie. Milo Rycroft.«  
    Er bot ihr die Hand; sie berührte sie flüchtig. »Ach ja, ich habe von Ihnen gehört«, sagte sie. Und dann entfernte sie sich mit kleinen schwingenden Rückwärtsschritten von ihm. Es traf ihn unerwartet schmerzhaft; er hatte das Gefühl, sie zu verlieren.  
    »Wie heißen Sie?«, rief er.  
    »Tessa Nicolson.«  
    Sie lächelte ihm noch einmal zu.  
    »Auf Wiedersehen, Mr. Rycroft. Ich muss laufen und mich umziehen. Ich muss heute noch zurück nach London.«  
    Der Lieferant hatte den falschen Kuchen geschickt, Obst- statt Zitronenkuchen, und Milo hasste Obstkuchen, und der verflixte Staubsauger hatte den Geist aufgegeben. Und wo blieb eigentlich Milo? Er hätte den Staubsauger richten können, während sie den Lieferanten anrief, und er musste ja auch noch die Getränke zurechtstellen.  
    Rebecca Rycroft ging zum Telefon und rief den Lieferanten an. Das Gespräch war kurz. »Zitronenkuchen, ich habe ausdrücklich Zitronenkuchen bestellt« und »Mit anderen Worten, entweder Obstkuchen oder gar nichts?« Sie legte den Hörer auf, dass es knallte, und die für den Abend angeheuerte Aushilfe, die gerade die Gläser polierte, warf ihr einen nervösen Blick zu.  
    Sie liebte Feste und sie hasste sie. Sie liebte das Planen und davon am meisten das Zusammenstellen der Gästeliste. Die Rycrofts hatten viele Freunde, und wenn Rebecca und Milo einmal beschlossen hatten, ein Fest zu geben, konnte sie Stunden und Tage über ihrem Adressbuch sitzen. Die richtige Mischung war das A und O. Es gefiel ihr, mit den verschiedenen Leuten zu jonglieren, zu überlegen, ob dieser oder jener geeignet war, den Abend zu einem Erfolg zu machen, über das Durchschnittliche hinauszuheben. Aus ihren Zusammenstellungen hatte sich schon manche Freundschaft, manche Romanze ergeben. Man brauchte natürlich immer auch ein paar zurückhaltendere Leute – nur extravertierte Gesellschaftslöwen einzuladen, wäre katastrophal. Und man brauchte neue Gesichter, interessante Persönlichkeiten, nicht nur die albernen jungen
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