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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Problem ist gelöst.«
    Maria nickte. Nach einer Weile fragte sie: »Wie, um Himmels willen, kommst du auf die Idee, daß Fabien und Lindner sich in ihren Problemen ähneln?«
    Stefan stand auf. »Komm, gehen wir. Gehen wir nach Hause. Ich muß sofort telefonieren. Ich werde in Deutschland anrufen. Ich kenne da einen Mann im Bundeskriminalamt – das ist unsere zentrale Stelle für Verbrechensbekämpfung. Die interessieren sich ohnehin für Thomas Lindner, und vielleicht können sie ihre französischen Kollegen alarmieren …«
    Sie hatten wieder die Höhe der Straße erreicht. Hier wurde der Wind kühler. Drüben, in all seine Hügel eingebettet, lag Ramatuelle. Der Blick ging weit hinüber zu den in grauem Dunst verlaufenden Linien des Massif des Maures. Ein gesegnetes Land – und ein vergiftetes …
    »Fabien und Lindner?« Maria hatte nun ihr Thema, sie schob es Stefan beharrlich aufs neue zu. »Die ähnlichen Probleme? Erklär mir das!«
    »Der Druck, Maria. Der Druck, der von all den Dingen stammt, die beide verdrängen müssen. Thomas … Du hast mir doch all den Wahnsinn erzählt, der in seiner Jugend passiert ist. Gott sei Dank hat er zu dir geredet. Dieser verrückte Bankdirektor von Vater, dem kein Schulzeugnis gut genug war, von dem nie auch ein Wort des Lobes kam … Leistung, Leistung, das war's? Und nicht nur Leistung. Da gab es auch diese irren Geschichten mit den Mutproben?«
    »Der Alte ließ Thomas beim Skilaufen eine Steigung hinunterrasen, die kein Profiläufer gewagt hätte«, bestätigte Maria. »Und als das dann schiefging, Thomas sich das Bein und die Schulter brach, machte sein Vater ihn noch auf dem Transport ins Krankenhaus dafür verantwortlich. Er sei nichts als ein Versager. Er sei selbst schuld. Da gibt's viele solcher Geschichten.«
    Bergmann ging weiter. Bei der Eiche dort konnte er bereits die Abzweigung zum Haus erkennen: »Die Mutter paßt genau ins Bild: eine Frau, die Thomas nie in den Arm nahm oder tröstete. Für sie war der Junge nichts als ein Vorzeigeobjekt, das zu funktionieren hatte. Außerdem – diese angebliche Impotenz.«
    Marias Augen waren schmal, über der Nase entstand eine Falte. »Wieso angeblich?«
    »Weil ich nicht glaube, daß es eine Verletzungsfolge ist. Einer wie Thomas Lindner kann nur siegen. Darauf ist er programmiert. Irgendeine, die kleinste Schwäche Frauen gegenüber würde ihn auffressen, schlicht umbringen. Er will geliebt, bestaunt, bewundert werden, unwiderstehlich sein – das ja, und dafür tut er alles. Aber er wird sich nicht der geringsten Kritik ausliefern. Nie, denn Kritik, auch Selbstkritik, ist tödlich. Und da ist noch etwas, Maria.«
    »Ja?«
    »Die Migräne-Anfälle. Hemikranie hat meist etwas mit Sexualität zu tun. – Kopflastig oder bauchlastig, das kennst du doch? Migräne ist die Krankheit der Kopflastigen. Kopflastigkeit geht auf Kosten des Bauches, und der Bauch wehrt sich, wie er kann, wenn der Kopf ihn vergewaltigen will. Das muß zu Katastrophen führen. Sexualität sucht, nein, braucht Öffnung, das gilt auch körperlich. Einem Migräne-Kranken, der sich ein Leben lang abklemmt, schießt das Blut zu Kopf, die Arterien sind aufs äußerste gespannt, das Druckgefühl steigert sich ins Unerträgliche … Und jetzt kommt der ›Bauch‹ dazwischen … Es kommt zu Erbrechen, zu Durchfällen und natürlich Depressionen. Auch Fabien litt unter einem seelischen Druck. Da hast du die Parallele. Lindners schwache Stelle, die Engstelle ist der Kopf – bei Fabien wiederum ist es der Hals. All das, was da passiert ist, all das Schreckliche, das die beiden erlebt haben, ist nicht bewältigt, drängt hoch. Bei Fabien ist es wie bei einer Flasche. Der Hals wird zur Engstelle, die Kontrolle übermächtig. Die Halsmuskeln und die dort lokalisierten Organe verstümmeln und zerstückeln die Sprache, bis sie nicht mehr zu verstehen ist.«
    Maria sah Stefan von der Seite an. Sie schwieg. Sie gingen weiter. Stefan sah auf die Uhr.
    Es war Mittag, kurz vor zwölf. Sie waren nur noch wenige Meter von dem breiten grauen, aus Olivenholz gefertigten Gartentor von Le Castelet entfernt. Von dort aus führten sechs mit schweren Steinplatten belegte Stufen zu dem Platz vor der Haustür.
    Maria legte den Kopf schräg. »Das Telefon läutet.«
    Sie ging schneller, drückte das Gartentor auf, lief auf das Haus zu und verschwand. Stefan war stehengeblieben, eigentlich ohne klaren Anlaß – oder doch?
    Das Gartentor! Der Riegel war innen angebracht, man
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