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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mußte sich darüberbeugen, um ihn vorzuschieben, und das hatte Bergmann getan, ehe sie zu ihrem Spaziergang aufgebrochen waren. Er erinnerte sich genau daran.
    Er sah sich um und rief sich gleichzeitig zur Ordnung. Dieses ewige blödsinnige Lauern auf eine unsichtbare Gefahr – bekam das nicht langsam neurotische Züge? Aber Stefan konnte sich gegen das Unbehagen nicht wehren. Le Castelet , das breite Haus mit all den geschlossenen Fensterläden, bekam plötzlich etwas Unheimliches. Gestern abend noch hatten er und Maria beschlossen, vom Schlosser in Ramatuelle Gitter und Schlösser nachprüfen und gegebenenfalls austauschen zu lassen. Und weil Maria den Anruf des Schlossers erwartete, der Bescheid geben wollte, wann er kam, war sie wahrscheinlich zum Telefon gerannt.
    Jetzt kam sie zurück. Ihr Gesicht war angespannt. »Das war nicht der Schlosser. Es war Thomas.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Gesagt? Er konnte kaum sprechen. Er braucht dich.«
    »Ein Anfall?«
    »Ja. Und anscheinend noch schlimmer als beim letzten Mal.«
    Bergmann nickte, schwieg, machte ein paar Schritte auf Maria zu und blieb wieder stehen. Sein Blick war auf den blühenden Lavendelbusch gefallen, der rechts vom Weg aus einigen hellen Steinen herauswuchs. Es war ein hübsches Bild, der braune durchlöcherte Stein, die zarten, staubgrünen, schmalen Blätter und dann die blauen bis ins Violett spielenden Lavendelblüten. Was daneben, besser gesagt, darunter und etwas nach rechts verschoben lag, war gleichfalls braun, goldbraun und glänzend.
    Ein Tierfell! Das Fell einer Tigerkatze! Läufe und Pfoten waren weiß, leuchtend weiß – mit einer Ausnahme: Den linken Hinterlauf verkrustete ein häßlicher Fleck, tiefbraunes geronnenes Blut.
    Stefan kniete sich auf die Steinplatten, streckte vorsichtig die Hand aus und wollte die Katze näher zu sich ziehen.
    Er ließ die Hand fallen.
    Was war das? Was war mit dem Tier passiert? Nicht nur die Beine, auch die Brust war blutüberströmt! Dort, wo der Hals sein mußte, war nichts als eine gezackte Wunde. Der Kopf fehlte.
    »Non!« hörte er Maria neben sich. »Non, non, non!«
    Ihre Absätze klapperten, entfernten sich. Sie rannte in Panik zum Haus.
    Stefan folgte ihr nicht. Er hatte noch etwas entdeckt: ein Stück weißen Kartons, eine Art Karte, nicht größer als vier mal acht Zentimeter. Die Karte hatte dieses Schwein von Tiermörder mit einem Bindfaden am rechten Hinterlauf der Katze befestigt.
    Stefan riß die Karte ab und stand auf, um besser lesen zu können, was darauf stand. Die Botschaft war in kleinen Blockbuchstaben verfaßt, so sauber und exakt, als stammte die Schrift aus einem Architekturbüro.
    Botschaft? Gut, es war eine Botschaft, das wurde Bergmann in der ersten Sekunde klar. Nur, daß sie lediglich aus zwei Namen und zwei Strichen bestand. Der erste Name war: Le Castelet . Der zweite: Burgach. Und über beide Namen lief ein dicker, brutaler roter Strich.
    Stefan starrte auf die beiden Striche, hörte sein Herz klopfen, und in seinem Hals war ein dunkler, ziehender Schmerz, der sich vom Kehlkopf über beide Kiefer bis hinauf in die Wangen ausbreitete.
    Le Castelet ?
    Burgach?
    Und zwei rote Striche!
    Gerade noch hatte Stefan sich vorgenommen, bei Kommissar Warnke in Burgach und dann bei dem BKA-Mann, dem Kriminalrat, anzurufen. Wie hieß er noch? Oster? Richtig!
    Nun fiel Stefan auch ein, was Warnke ihm nach den Schüssen auf Lindners Auto gesagt hatte: »Eine Visitenkarte, Herr Bergmann. Nichts weiter. Mafiosi nennen das ein aviso . Und aviso heißt Warnung …«
    Zwei Namen, zwei rote Striche, eine tote Katze.
    Die Visitenkarte …
    Er würde Warnke anrufen. Wenn es sich so verhielt, wie Stefan annahm, wie es Charlie und Fabien ihm bestätigt hatten, wie selbst Maria es glaubte, wenn Le Coq auch noch die Polizei bestochen hatte – gut, dann konnte vielleicht Wiesbaden Druck machen. Vielleicht? Was heißt vielleicht? Sicher sogar … Was blieb den Beamten schon anderes übrig?
    Stefans Gedanken rotierten, doch er stand da wie erstarrt, die Karte in der Hand, und zu seinen Füßen lag dieses arme, geschundene Häufchen Knochen, Fleisch und blutverschmiertes Fell. Bergmann wußte nicht weiter, wußte nicht einmal, ob es gut war, Maria den Fetzen Karton zu zeigen. Und ausgerechnet jetzt ging es Herrn Lindner wieder einmal dreckig? Wenn das stimmte! Warum ruft er dich? Ausgerechnet dich?
    Bergmann bemerkte nicht einmal, daß Maria wieder vor ihm stand.
    Sie nahm ihm die Karte einfach aus
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