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Der Hypnosearzt

Der Hypnosearzt

Titel: Der Hypnosearzt
Autoren: Heinz G. Konsalik
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deutscher Konsulatsangestellter Bescheid geben können!«
    »Gut. Dann gehen wir zu einer Redaktion. Oder zum Radio …«
    »Mein Gott, Stefan! Du kannst doch nicht so naiv sein! Du wirst doch nicht glauben, daß das gutgeht. Wenn du Pech hast, wissen die anderen schon in zwanzig Minuten Bescheid. Denk doch mal nach!«
    Das versuchte er ja. Wo befand er sich eigentlich? Was war das für ein Land, in dem man Verbrechen einfach hinnehmen sollte, ohnmächtig, ohne jede Chance auf Widerstand? Das war doch verrückt, vollkommen verrückt …
    Stefan setzte sich neben Maria und blickte über den Weg, hinauf zu den Hügeln und den Zypressenspalieren, die den Mistral von den Weingärten abhielten.
    »Komm«, sagte Maria und legte Stefan die Hand auf den Arm. »Sag mir lieber, wie ist das mit Fabien?«
    Er schwieg lange, ehe er begann: »Im Grunde ähnelt sich alles. Fabien ist mit seinem Problem gar nicht so weit von Lindner entfernt.«
    »Was sagst du da? Wieso?«
    »Ich habe Fabien in Hypnose versetzt. Wie das immer ist bei Stotterern, die sich in Trance befinden, sofort konnte er flüssig und normal reden …«
    »Tatsächlich?«
    »Ich sagte doch, das ist immer so. Ich habe viele behandelt.«
    »Du sagst eine Menge, Stefan. Und das meiste muß jedem einfach unbegreiflich vorkommen.«
    »Nein, so ist das nicht. Stottern ist nichts als ein durch irgend etwas ausgelöster heftiger Kontrollimpuls, der in den unterbewußten und automatischen Vorgang des Sprechens hineinpfuscht. Man kann es also nur dadurch heilen, daß man das Unterbewußtsein neu programmiert und den störenden Kontrollfaktor beseitigt. Alles was du sonst machst, Sprechtechnik, Atemtraining und so weiter, kann ein bißchen helfen – heilen kann es nicht.«
    »Und Fabien sprach?«
    »Natürlich sprach er. Fließend, ohne jede Hemmung … Ich machte eine Regression mit ihm, eine Zeitrückführung in seine Kindheit, um zu kontrollieren, ob trotz allem auch dort ein Problem liegen könnte. Ich brachte ihn zum Beispiel auf den Sportplatz.«
    »Du brachtest ihn – wohin?«
    »In der Hypnose wird die Erinnerung wieder Wirklichkeit, das hab ich dir schon einmal erklärt.«
    »Ja, aber so was anhören und hinnehmen, ist ein bißchen schwierig, findest du nicht?«
    »Es ist aber so«, sagte Stefan kurz. »Wir waren auf dem Sportplatz, und da waren seine Freunde. Ich ließ diesen ermordeten Lehrer auftreten, Ortiz heißt er, Max Ortiz. Fabien war sehr tief in Trance. Ich habe ihn auf seiner Zeitlinie, die wir in die Vergangenheit gelegt haben, auf den einzigen Punkt ›Schule‹ fixiert. Und das so intensiv, daß dabei auch der Mord an Ortiz aus Fabiens Bewußtsein gelöscht war.«
    »Und das geht?«
    »Er sprach völlig normal, ganz natürlich, wie ein Junge mit seinem Lehrer spricht, einem Lehrer, den er mag. Fabien mochte Ortiz, das merkte man sofort. Hätte der Junge damals schon irgendwelche Störungen gehabt, es wäre sofort auffällig geworden. Ein Junge, der stottert, ist niemals unbefangen. Ich ließ Fabien dann ein Lied singen, irgend so ein Jungenslied. Auch das funktionierte, er sang vollkommen entspannt und glücklich. Das Lied war eine Art Vereinslied, das sie in Saint-Michel anscheinend häufig gesungen haben: Wir sind die Kumpels von Saint-Michel, und wenn wir kommen, dann gewinnen wir … Etwas in dieser Art.«
    Stefan sprach nicht zu Maria, er sah noch immer auf das Land, als versuche er, seine Schönheit, seinen Frieden in sich aufzusaugen. Maria blickte ihn von der Seite an.
    »Es war das Lied einer Jugendbande, eines Teams, das gewinnen will. Ich versuchte, den Inhalt, wieder in Fabien zu verankern, dieses Selbstbewußtsein, auch das Bewußtsein, daß er keine Angst zu haben braucht, weil er stark ist; ein Gefühl, das auch sein Vater hatte. Ich befahl Fabien, sich diesem Gefühl auszuliefern. Ich sagte ihm, daß es sich von nun an ständig einstellen würde, wenn er an seinen Vater denkt. Daß er, Fabien, gewissermaßen eine Botschaft übernommen habe, so wie ein Läufer einen Staffelstab übernimmt, verstehst du?«
    »Ja. Das verstehe ich. Und?«
    »Das Spiel ging auf. Als ich Fabien aus der Trance zurückholte, konnte er sprechen. Er sprach auch mit den anderen. Die waren ja dabei. Die Kleine ist wirklich unglaublich tapfer, aber nun war Régine doch so durcheinander, daß sie weinte … Jetzt ist sie glücklich. Ich brauche noch eine oder zwei Sitzungen, etwas Atemtechnik vielleicht, aber im Grunde hat Fabien schon alles hinter sich. Sein
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