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Der Hund von Welt

Der Hund von Welt

Titel: Der Hund von Welt
Autoren: Katharina von der Leyen
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eine extra Aufforderung. Der Schlüssel hier ist, den Menschen dazu zu bringen, dass er den Ball unbedingt haben will.
    Der Hund hopst spielerisch mit dem Ball im Maul auf den Menschen zu – aber anstatt den Ball zu seinen Füßen abzulegen, „wirft“ er den Ball seitlich und beschleunigt dann, um ihn wieder aufzuheben. Dies wiederholt er ein paar Mal und zeigt von Mal zu Mal mehr Enthusiasmus. Dann bleibt der Hund plötzlich ganz nah neben dem Menschen stehen und starrt ihn begeistert an.
    Menschen finden derlei Verhalten absolut unwiderstehlich und müssen nun nach dem Ball greifen. Der Hund wirft sich zur Seite, hopst davon und bleibt dann verführerisch nahe beim Menschen stehen – ungefähr nach dem zweiten Mal wird der Mensch verlangen, dass man ihm den Ball überlässt. Der Hund sollte Widerwillen vortäuschen und den Ball fallen lassen – der Mensch wird ihn triumphierend aufheben. Ab diesem Moment ist der Mensch wieder voll unter Kontrolle.
    Ab und zu sollte der Hund sich auch weigern, den Ball überhaupt abzugeben. Der Mensch wird protestieren, aber der Hund sollte konsequent bleiben. Beim nächsten Mal wird der Mensch nur noch erpichter darauf sein, an den Ball zu kommen.
Loyalität
    Menschen kommen manchmal auf sehr merkwürdige Ideen: Sie möchten dauernd bewiesen bekommen, ob und wie sehr sie geliebt werden. Ein beliebter Loyalitäts-Test des Menschen ist es, den Hund zwischen sich und eine andere Person zu setzen, die der Hund sehr schätzt. Dann soll der Hund mit lockenden Gesten beziehungsweise gurrenden Rufen und Betteln dazu gebracht werden, auf einen der beiden zuzulaufen: Menschen denken, auf diese Weise würde der Hund eine bestimmte Vorliebe für einen der beiden demonstrieren. Eine derartige Zurschaustellung ist absolut beleidigend. Wenn der Mensch einen Zirkus veranstalten möchte, soll er sich einen Clown oder einen Schimpansen zulegen. Die Liebe und Loyalität eines Hundes sollte nicht als Amüsement für andere missbraucht werden. Wenn der Mensch also versucht, den Hund zu einem solchen Trick zu zwingen, muss hund ihn brutal auflaufen lassen, einfach aus der Mitte in eine andere Richtung weggehen und sich nicht weit entfernt mit verachtendem Gesichtsausdruck schlafen legen. In ihrem eigenen Interesse ist zu hoffen, dass Menschen im zwischenmenschlichen Bereich auf derlei Tests verzichten.

Hundeschulen
    Ein Wort zu Hundeschulen: Manche Menschen lassen sich grundsätzlich von keinem Erziehungskonzept überzeugen; sie haben Mühe, ihren Hund als Führungspersönlichkeit anzuerkennen, und wollen auch nicht glauben, dass er es besser weiß als sie. In diesen Fällen lohnt es meistens, sich professionelle Hilfe zu suchen: Jeder weiß schließlich, dass – entgegen ihrer Bezeichnung – Hundeschulen dafür da sind, den Menschen zu erziehen. Wenn man ehrlich ist, können Hunde dort nichts lernen, was ihnen wirklich nützen würde: Weder, wie man erfolgreich Eichhörnchen jagt, noch, wie man sich am effektivsten in faulig-stinkenden Dingen wälzt oder welche Dinge essbar sind und welche nicht. Alles andere können Hunde in Wirklichkeit ja schon.
    Hunde wissen genau, wie man sich hinsetzt – der Mensch ist nur nicht in der Lage, ihnen klarzumachen, wann und wie. Genau dafür wurden Hundeschulen erfunden. Dementsprechend gehören diesen Fakultäten gewöhnlich Experten in Psychologie an; manche kennen sich sogar mit Hunden aus. In der Mitte steht gewöhnlich eine Art Dompteur, der nach Art von Motivationstrainern gute Laune versprüht, die Hunde lobt und den Menschen Befehle an den Kopf wirft, ihnen erklärt, dass ihre Körpersprache lausig ist, sie insgesamt viel zu langsam agieren und die Gründe aufzählt, warum der Hund sie gar nicht verstehen kann. Menschen lieben so etwas, denn seit dem Alten Preußen gehört Gehorsam beim Menschen zu den beliebtesten Tugenden. Viele Hunde zögern, sich derlei organisierten Gruppenveranstaltungen anzuschließen, weil sie fürchten, sie könnten sich bei dem Prozedere langweilen.

    Wenn der Hund allerdings erst einmal in den Unterricht hineinschnuppert, stellt er bald fest, dass in der Hundeschule Erziehung plötzlich kein Machtkampf mehr ist, bei dem die eine Partei versucht, ihre Weltanschauung auf die andere Partei zu übertragen. Stattdessen ist sie ein lustiges Spiel mit Gewinnern, Verlierern und unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden. Das Ziel des Hundes besteht darin, die Regeln, die der Mensch aufgestellt hat, dem Anschein nach zu akzeptieren,
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